Streit um Uni-Sparkurs eskaliert

Saarbrücken · Stärkere Zusammenarbeit und Stellenabbau: Das Land will an den Saar-Hochschulen massiv sparen. Doch was die Pläne genau bringen, ist bis heute unklar. An der Uni regt sich immer mehr Widerstand.

 Unipräsident Volker Linneweber sprach am Mittwoch vor Studenten, die gegen die Kürzungspläne demonstrierten. Foto: Becker&Bredel

Unipräsident Volker Linneweber sprach am Mittwoch vor Studenten, die gegen die Kürzungspläne demonstrierten. Foto: Becker&Bredel

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Auf den ersten Blick war es wenig Neues, was die Sitzung des Wissenschaftsausschusses des Saar-Landtages am Mittwoch zu Tage förderte. Das Gros dessen, was Susanne Reichrath, die Wissenschaftsbeauftragte der Ministerpräsidentin, in der Sitzung an Sparplänen für die Hochschulen vorstellte, war ohnehin bekannt.

Und doch machte die Sitzung die Probleme deutlich, an denen die Sparbemühungen derzeit kranken. Einerseits ist da der Mangel an verlässlichen Zahlen. Dass die Vorschläge wie eine verstärkte Zusammenarbeit der Hochschulen und ein Abbau der Zahl der Mitarbeiter um ein Fünftel Einsparpotenzial bieten, steht außer Frage. Nur wie viel dadurch gespart wird, das kann nach drei Monaten noch niemand sagen - auch Reichrath nicht: "Die Vielzahl der Arbeitsgruppen hat nicht gerechnet, sondern nur inhaltlich gearbeitet." Das sollen sie deshalb Reichrath zufolge möglichst schnell nachholen.

Allerdings gibt es schon jetzt Zweifler. So hatte Unipräsident Volker Linneweber bereits vor zwei Wochen spekuliert, dass die Uni mit den bisherigen Plänen die von der Landesregierung auferlegten Sparvorgaben bis zum Jahr 2020 nicht erreichen könne.

Daraus ergibt sich ein weiteres Problem mit noch mehr Konfliktpotenzial. Denn wie weit sich die Uni-Leitung überhaupt auf die Sparvorschläge der Landesregierung einlässt, scheint derzeit fraglich. "Wir lassen uns über die Frage, wie gestalten wir welchen Bereich, nicht von der Politik Vorschriften machen. Wir haben Hochschulautonomie", hatte Linneweber Anfang des Monats bei einer Diskussion kundgetan und damit für Unmut bei den Regierungsparteien gesorgt. Als "versteckte Kampfansage an die Politik" verstand das der hochschulpolitische Sprecher der CDU , Thomas Schmitt. Und mittlerweile scheint die "versteckte Kampfansage" zum mehr oder minder offenen Konflikt erwachsen zu sein. Die Universität hat inzwischen eigene Sparpläne vorgelegt (wir berichteten), die zwar einige Punkte aus den Plänen des Landes aufgreifen, in vielen Punkten aber darüber hinausgehen. Der Universitätsrat hat das Papier bereits abgesegnet.

Ein Vorgehen, das im Wissenschaftsausschuss für Irritationen sorgte. So beklagte der Ausschussvorsitzende Sebastian Thul (SPD ), dass ihm keine offizielle Ausgabe der Uni-Pläne vorliege. Überhaupt zweifelt die Landesregierung an den Zahlen, mit denen die Uni rechnet. Reichrath sagte im Ausschuss, sie könne die Schätzungen, dass die Uni durch die geplanten Kürzungen 4700 Studenten und 11,7 Millionen Euro an Drittmitteln verlieren werde, nicht nachvollziehen. Mit einer Demonstration auf dem Campus der Saar-Uni haben am Mittwoch etwa 200 Studenten und Professoren der Fakultät der Geschichts- und Kulturwissenschaften gegen die Kürzungspläne des Unipräsidiums protestiert. Sie warfen dem Unipräsidenten Volker Linneweber vor, der "Erfüllungsgehilfe" der Staatskanzlei zu sein. Linneweber wies das zurück und verwies die Verantwortung an das Land.

Das Konzeptpapier des Präsidiums sieht erhebliche Kürzungen der Mittel für die Philosophische Fakultät I der Geschichts- und Kulturwissenschaften sowie eine Zusammenlegung mit den Rechtswissenschaften zu einer "Europafakultät" vor. Die Studienfächer Geografie, Soziologie und Slavistik sollen laut dem Papier "entfallen", Musikwissenschaft, Kunstgeschichte und Theologie "verlagert" werden. Die Vertreter der Philosophischen Fakultät I beziffern diese Pläne auf eine Kürzung des Etats um fast 50 Prozent. Sie fordern, an den Entscheidungen zur Hochschulentwicklung beteiligt zu werden. Bisher seien nur einzelne Fächer eingebunden gewesen, die anderen seien im Papier des Präsidiums klar benachteiligt worden. Mit der geplanten Europafakultät werde zudem eine "Kannibalengemeinschaft zusammengetrommelt". Sie befürchten, dass der zahlenmäßig übermächtige Partner Rechtswissenschaft die Geisteswissenschaft auf lange Sicht an die Wand drücke.

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