Kultur als Störfaktor

Burbach · Seit fünf Jahren versucht ein Verein im Saarbrücker Westen, Menschen zusammenzubringen, die sich wohl ohne Kultur-Aktionen nicht begegnen würden. Das gelingt mal mehr, mal weniger gut.

 Bis zum 3. Juni sind im Kulturcafé Werke des Saarbrücker Künstlers Volker Schütz zu sehen. Das ist eins davon. Fotos: Martin Rolshausen

Bis zum 3. Juni sind im Kulturcafé Werke des Saarbrücker Künstlers Volker Schütz zu sehen. Das ist eins davon. Fotos: Martin Rolshausen

Mit den Narren können Reinhard Klimmt und die anderen aus dem Kulturverein Burbach nicht konkurrieren. "Natürlich", sagt der ehemalige Ministerpräsident und Ex-Bundesverkehrsminister, "ist am Rosenmontag hier mehr los, als wenn wir eine Ausstellung eröffnen." Und "natürlich könnte es mehr sein", was der kleine Verein, den er seit fünf Jahren führt, bewegt. Vor allem aber habe er auch "mehr Engagement des einen oder anderen Unternehmens hier" erwartet. Aber Grund zum Klagen gebe es dennoch nicht.

Der Kulturverein organisiert unter anderem regelmäßig Ausstellungen, Wanderungen und im Sommer einen Open-Air-Kino-Abend auf dem Hof der Ganztagsgrundschule. Er beteiligt sich am Orientalischen Markt. Er hat eine Stadtteildokumentation erstellt. Und er arbeitet an zwei größeren Projekten, die zeigen sollen, dass Burbach weniger ein Problemstadtteil ist, sondern vielmehr ein Ort, an dem die ganze Stadt lernen kann. Oder wie es Julia Beer, die Leiterin der Weyersberg-Grundschule, formuliert: "Burbach ist nicht ein Stiefkind von Saarbrücken, es ist ein Stadtteil, in dem das echte Leben ist."

Wenn es zum Beispiel um Integration gehe, sagt Klimmt, lohne sich ein Blick nach Burbach . Zu Beginn des 19. Jahrhunderts, erklärt der studierte Historiker, "war Burbach ein Dorf mit etwa 200 bis 250 Einwohnern - und alle waren evangelisch". Ende des 19. Jahrhunderts lebten in Burbach rund 19 000 Menschen, viele davon waren katholisch. "Man hat gelernt, miteinander auszukommen. Jetzt ist zu den Kirchen eine Moschee gekommen. Und wieder lernen die Menschen in Burbach miteinander auszukommen", sagt Klimmt.

Den "Wandel im Stadtteil zu unterstützen", sei von Anfang an eines der Ziele des Kulturvereins gewesen, sagt der ehemalige Stadtteilmanager Axel Biehl, der wie Schulleiterin Julia Beer im Vorstand des Vereins sitzt. Ein anders Ziel ist es, Zusammenhänge aufzuzeigen, Verbindungen zu schaffen.

"Burbach kann zeigen, wie Zuwanderung gelingen kann", sagt Biehl. Dazu soll das Projekt "Spurensuche - Der Saarbrücker Stadtteil Burbach erkundet seine Migrationsgeschichte" beitragen. Es soll vor allem zeigen, wie sich Burbach im Industriezeitalter nach 1945 entwickelt hat.

Mit einem weiteren Projekt geht der Verein räumlich noch deutlich über diese Thematik hinaus: "Die Montan-Industrie hat grenzüberschreitend die Großregion SaarLorLux in allen Lebensbereichen über mehr als zwei Jahrhunderte geformt", sagt Vereins-Geschäftsführer Frank Schilling. In dem von Eva Mendgen geleiteten Projekt soll es um "Lebenskultur - Essen, Wohnen, Kleidung Landschaft und Architektur, politische und soziale Entwicklungen im Spannungsfeld industrieller Macht, gewerkschaftlicher Solidarität und religiösem Einfluss" gehen.

Mit diesen Projekten will der Verein wie mit seinen Ausstellungen drei Gruppen von Menschen zusammenbringen: die, die nach Burbach zugewandert sind, die Alteingesessenen und die, die zum Arbeiten nach Burbach kommen.

Bisher sei es "nicht gelungen, eine Veranstaltungsform zu finden, von der man sagen kann: ,Da treffen sich alle drei Gruppen einmal im Monat'", sagt Klimmt. Aber man lasse sich dadurch nicht entmutigen. Dafür gebe es viel zu viele positive Erlebnisse in der Arbeit des Vereins, der mit seinen Aktionen etwa 1000 Menschen im Jahr anlockt.

Und es seien auch nicht immer die großen Dinge, die zeigen, wie wichtig es sei, als Verein "im besten Sinne verstörend" zu wirken, sagt Klimmt. "Störfaktor" wolle der Kulturverein sein. "Was wir tun, stört das schlechte Bild von Burbach , dass mancher hat", hofft Klimmt.

Zum Thema:

 Der Vorstand des Kulturvereins Burbach, von links: Geschäftsführer Frank Schilling, Julia Beer, Monika Hau, Reinhard Klimmt, Axel Biehl und Rudolf Kraus.

Der Vorstand des Kulturvereins Burbach, von links: Geschäftsführer Frank Schilling, Julia Beer, Monika Hau, Reinhard Klimmt, Axel Biehl und Rudolf Kraus.

Foto: Martin Rolshausen

Auf einen Blick Der Kulturverein Burbach wurde 2011 gegründet. Seine nächsten Veranstaltungen sind die Finissage zur Ausstellung "Der Maschinist" am 3. Juni im Kulturcafé und das Kino auf dem Schulhof der Weyersberg-Grundschule am 22. Juni ab 21.30 Uhr. Kontakt: Telefon (06 81) 99 04 67 28, Kulturcafé, Burbacher Straße 20. ols kulturverein -burbach.de

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort