Was macht ein Pfarrer ohne Kirche?

Alt-Saarbrücken · Wegen der Sanierung der Ludwigskirche feiert die evangelische Gemeinde Alt-Saarbrücken ihre Gottesdienste in St. Jakob.

 Von außen ist kaum zu sehen, dass die Ludwigskirche derzeit saniert wird und der Kirchenboden offen ist. Passanten könnte jedoch auffallen, dass auf der rechten Seite des Kirchendachs einige Statuen fehlen. Foto: Oliver Dietze

Von außen ist kaum zu sehen, dass die Ludwigskirche derzeit saniert wird und der Kirchenboden offen ist. Passanten könnte jedoch auffallen, dass auf der rechten Seite des Kirchendachs einige Statuen fehlen. Foto: Oliver Dietze

Foto: Oliver Dietze

Die Kirche ist leer, die Bänke sind weg, der Boden ist offen - denn die Sandsteinplatten sind "in der Reinigung". Arbeiter installieren eine neue Heizung in der Ludwigskirche. Wenn sie fertig ist, kommen die Platten wieder drüber. Seit etwa acht Monaten ist die evangelische Ludwigskirche geschlossen. Was macht eigentlich ein Pfarrer, wenn in seiner Kirche ein Jahr lang gebaut wird? "Urlaub? Schön wär's", sagt Pfarrer Thomas Bergholz lachend. "Der Gemeindebetrieb geht ganz normal weiter, auch wenn derzeit kein Gottesdienst in der Ludwigskirche möglich ist."

Der Pfarrer, der Organist der Ludwigskirche, Ulrich Seibert, und die Gemeindemitglieder treffen sich sonntags in der Pfarrkirche St. Jakob. Dies sei die einzige Veränderung. Jeden Sonntag, außer am ersten Sonntag im Monat, hält Pfarrer Bergholz seine Andachten nun um 9.30 Uhr in der römisch-katholischen Pfarrkirche St. Jakob in der Keplerstraße 13 in Alt-Saarbrücken. Ein evangelischer Gottesdienst in einer katholischen Kirche? Das sei kein Problem, sagt Bergholz. "Als feststand, dass die Ludwigskirche wegen Sanierungsarbeiten schließen muss, haben wir bei der katholischen Gemeinde angefragt, und sie haben uns sofort ausgeholfen." Ansonsten würde er als Pfarrer seinen normalen Aufgaben nachkommen: Beerdigungen, Konfirmationsarbeit, Seelsorge, Besuch der Seniorenheime und natürlich Hochzeiten. "Die Ludwigskirche ist eine schöne Kulisse für Trauungen in den Sommermonaten und wird vor allem von Paaren aus dem ganzen Saarland sehr gerne genutzt", sagt Bergholz.

Im vergangenen Jahr wurden in der Ludwigskirche im Sommer etwa 20 Paare getraut. Diese Veranstaltungen werden in diesem Jahr nun wegfallen. Auch an Weihnachten hat Bergholz gemerkt, wie viele Menschen aus dem gesamten Saarland wegen der Atmosphäre zum Weihnachtsgottesdienst in die Ludwigskirche kommen. Gewöhnlich sei die Kirche an Weihnachten und bei Konzerten voll besetzt. Im vergangenen Jahr jedoch seien die "Weihnachtstouristen" ausgeblieben, da der Gottesdienst in der Pfarrkirche St. Jakob abgehalten wurde. Diese hat zwar nur halb so viele Sitzplätze wie die Barockkirche, aber es reicht aus, sagt Bergholz.

Auch der Organist Ulrich Seibert habe während der Bauarbeiten in der Ludwigskirche genug zu tun. Er hat neben seiner Tätigkeit als Organist noch eine Stelle als Kreiskantor inne, sagt Bergholz. Damit sei er verantwortlich für die Aus- und Fortbildung und Beratung aller Kirchenmusiker im Saarbrücker Kirchenkreis.

Die Orgel der Ludwigskirche wird im Zuge der Sanierungen in ihre Einzelteile zerlegt, gereinigt und gewartet. Zum Üben könne der Organist ebenfalls die Pfarrkirche St. Jakob benutzen. Aber das dortige Instrument sei schon sehr alt und in einem schlechten Zustand, erklärt er. Ausgerechnet im Jubiläumsjahr der Reformation wird die evangelische Ludwigskirche in Saarbrücken restauriert. "Das war so nicht geplant", gibt Bergholz zu.

Aber da das Bundesprogramm "Barock trifft Moderne" im nächsten Jahr ausläuft, mussten die Arbeiten in diesem Jahr fertig gestellt werden. Thomas Bergholz ist sich jedoch sicher, dass die Arbeiten in der Ludwigskirche pünktlich zum zentralen Festgottesdienst am 30. Oktober um 17 Uhr fertig sein werden.

Zum Thema:

 An der großen Holztür der Ludwigskirche hängt ein Schild, das die Gemeinde auf die neuen Gottesdienstzeiten hinweist. Foto: Stephanie Schwarz

An der großen Holztür der Ludwigskirche hängt ein Schild, das die Gemeinde auf die neuen Gottesdienstzeiten hinweist. Foto: Stephanie Schwarz

Foto: Stephanie Schwarz

Die Ludwigskirche - ein barockes Wahrzeichen Die Saarbrücker Ludwigskirche gehört zu den drei wichtigsten barocken Kirchen in Deutschland. Auftraggeber war Fürst Wilhelm Heinrich von Nassau-Saarbrücken. Der Bau begann im Jahre 1762 unter der Anleitung des Barockarchitekten Friedrich Stengel, der auch den Brunnen am St. Johanner Markt und das Saarbrücker Schloss plante. Rund 13 Jahre später wurde die Kirche fertig gestellt. Bombenangriffe im Zweiten Weltkrieg zerstörten 1944 die Kirche bis auf die Grundmauern. Fünf Jahre später begann der Wiederaufbau.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort