Sie bewahren die Gräber und das ehrende Andenken

Alt-Saarbrücken · Sie wollen den Toten der jüdischen Gemeinde an der Saar ein ehrendes Andenken bewahren. Deshalb treffen sich regelmäßig Angehörige der heutigen Synagogengemeinde, um die Gräber auf dem jüdischen Friedhof an der Goldenen Bremm vor dem Zahn der Zeit zu schützen.

 Kantor Benjamin Chait (l.), Ann Sophie Cenkel (M.) und Gideon Schwarz am Grab von Max Cahn. Foto: Andreas Engel

Kantor Benjamin Chait (l.), Ann Sophie Cenkel (M.) und Gideon Schwarz am Grab von Max Cahn. Foto: Andreas Engel

Foto: Andreas Engel

Aus einem Artikel der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 1. Mai 1841: "Bisher musste die hiesige jüdische Gemeinde, bestehend aus zehn Familien, ihre Toten im nahen Städtchen Forbach bestatten, was immer mit großen Schwierigkeiten und Kosten verbunden war." Dies war, wenn man so will, der Anfang des israelitischen Friedhofs in Alt-Saarbrücken .

Der jüdische Friedhof an der Goldenen Bremm wird seit 1920 belegt. Im Laufe der Zeit setzten die meisten Grabmale Patina an, wurden überwachsen, die Steine begannen teilweise zu bröckeln. Um diesem Verfall Einhalt zu bieten, machen sich in regelmäßigen Abständen Mitglieder der Synagogengemeinde an die Arbeit, die Grabmale und ihre Umgebung zu reinigen. Unter der Federführung von Gideon Schwarz, der den Zustand der Gräber erfasst und akribisch die Schäden in einer Kladde auflistet, machten sich nun wieder rund 20 Helfer an die Arbeit. Ausgerüstet mit Bürsten, Schrubbern und Reinigungsmittel, wurden die Platten und Stelen abgerieben, Moos und andere Dinge entfernt, die man nicht auf den Gräbern sehen möchte. "Manchmal brauchen wir bis zu zwei Stunden für ein Grab", erzählt Schwarz. Eine Helferin ist die 19 Jahre alte Ann Sophie Cenkel, die mit ihrem Vater Jak und Schwarz das Grab des früheren Priesters Max Cahn (1892 bis 1968) sorgfältig säubert. Schwierig sei es an diesem Grab, so Schwarz, da die Inschrift tief und keilförmig eingeschlagen ist. "Da muss man schon gewaltig kratzen." Da die Gräber aus verschiedenen Steinarten angefertigt wurden, müssen sie auch unterschiedlich behandelt werden. Marmor oder Granit wollen eine andere Pflege als der eher poröse Sandstein. Im Lauf der Aktionen 2015 und in diesem Jahr sind schon fast ein Dutzend Grabreihen gesäubert worden, das Ergebnis kann sich sehen lassen. Wenn die Herbstsonne durch die Bäume einzelne Bereiche bestrahlt, meint der Betrachter, die Gräber seien eben erst aufgestellt worden.

Auch Kantor Benjamin Chait und der Geschäftsführer der Synagogengemeinde, Alexej Tarchis, schauen regelmäßig vorbei und begutachten den Fortgang der Reinigungen. Kantor Chait hatte an diesem Tag einen weiteren Grund, auf dem Friedhof zu sein. Er weihte zwei Gräber im Beisein der Angehörigen ein. Nach jüdischem Brauch werden etwa ein Jahr nach der Beisetzung die Gräber eingeweiht. Dabei spricht der Kantor das Kaddisch, das Totengebet, und bittet darum, dass "die Seelen der Toten eingebunden werden in den Bund des ewigen Lebens".

Die Gräberreinigung hat etwas Sisyphusartiges, denn wenn die letzten Gräber sauber sind, kann man fast schon wieder von vorn beginnen.

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