Bellevue testet Klassenzimmer der Zukunft

Saarbrücken · Ein Knopfdruck – schon sieht ein Schüler anschaulich, wie Chemikalien reagieren. Oder er studiert auf dem Bildschirm den Aufbau des menschlichen Körpers. Dank kleiner Computer bestimmen junge Leute an der Gesamtschule Bellevue ihr Lerntempo demnächst selbst.

 Lehrer Sebastian Diehl (links) mit Philip Heinzig (rechts) vom Projektpartner, dem Unternehmen Rednet, bei der Präsentation des Tablet-Konzeptes in der Gesamtschule Bellevue. Foto: Katharina Klasen

Lehrer Sebastian Diehl (links) mit Philip Heinzig (rechts) vom Projektpartner, dem Unternehmen Rednet, bei der Präsentation des Tablet-Konzeptes in der Gesamtschule Bellevue. Foto: Katharina Klasen

Foto: Katharina Klasen

Nach den Sommerferien sollen Tablet-Computer den Unterricht an der Gesamtschule Bellevue revolutionieren. Dafür wird eine ganze Klasse mit den tragbaren flachen Computern ausgestattet, um den Einsatz ein Jahr lang im Unterricht zu erproben. Günter Hoffmann, Lehrer und Leiter des Projekts "Lernwelt", stellte mit dem Kooperationspartner Rednet das Projekt vor.

Das Mainzer Unternehmen stattet die kostenlos von Hewlett Packard gestellten Geräte gratis mit unterrichtstauglichen Programmen aus.

Für Hoffmann liegt die Zusammenarbeit der beiden Unternehmen mit Schulen nahe. "Wir leben in einem hochtechnologischen Zeitalter", sagte er. "Die Schüler sind in ihrem Alltag ständig mit Medien konfrontiert. Daher müssen wir uns fragen, wie das Klassenzimmer des 21. Jahrhunderts aussehen kann, und neue Lernformen ausprobieren."

Die acht beteiligten Lehrer machen sich in den Ferien mit den Tablets vertraut. Schließlich sollen Schüler und Pädagogen sie in allen Fächern anwenden. Mathe- und Physiklehrer Sebastian Diehl fallen viele Möglichkeiten ein: Mit Apps lassen sich im Chemieunterricht Moleküle und ihre Verbindungen anschaulich darstellen. Dasselbe gilt in der Biologiestunde für den Aufbau des menschlichen Körpers. Im Deutschunterricht können Lernprogramme Rechtschreibung und Grammatik verbessern. Während Tablets sich im Englischunterricht für gutes Hören und Verstehen eignen, analysieren sie im Sportunterricht Bewegungsabläufe.

Für Diehl liegen die Vorteile des digitalen Lernens auf der Hand: "Dank der Tablets ist Wissen anschaulich zu vermitteln. Außerdem erweitern die Schüler ihre Medienkompetenz und können schneller auf Informationen zugreifen." Kollege Hoffmann ergänzt: "Da die Schüler selbstständig arbeiten, können sie parallel auf unterschiedlichen Niveaus lernen. Während ich den stärkeren Schülern Zusatzaufgaben gebe, kann ich auf die Probleme der schwächeren eingehen und diese besser fördern."

Bei der Modellklasse handelt es sich um 28 künftige Fünftklässler, die ab September die Gesamtschule Bellevue besuchen. Jeder erhält ein Tablet samt Betriebssystem Windows 8, mit dem er jederzeit auf die Möglichkeiten des "Klassenzimmers der Zukunft" zugreifen kann, etwa auf Unterrichtsmaterialien und Arbeitsblätter. Als Projektpaten stehen den Fünftklässlern 14 technisch versierte Neuntklässler zur Seite, darunter Julius Hardt, Alex Nick und Ragul Vaseekaran, die sich bereits auf die verantwortungsvolle Aufgabe freuen.

Damit die Schüler im Unterricht keinen Unfug anstellen und nur soziale Netzwerke besuchen, statt zu lernen, werden Vorkehrungen getroffen. Internetseiten lassen sich sperren oder wieder freigeben. "Zudem können die Lehrer mit ihrem Tablet auf die Geräte der Schüler zugreifen und sehen, was sich gerade auf deren Bildschirmen abspielt", erklärt Diehl. Möglich macht das die Funktion "Screen-Mirroring", zu deutsch Bildschirmspiegelung, mit der sich der gesamte Bildschirminhalt eines Tablets entweder auf dem Monitor des Lehrers oder auf einer weißen Tafel im Klassenzimmer zeigen lässt. Diehl: "Diese Funktion ist aus vielen Gründen sehr nützlich. Wenn meine Schüler Matheaufgaben lösen, kann ich dank Screen-Mirroring sehen, wo Schwierigkeiten bestehen, und helfen. Umgekehrt kann ich die Lösungswege der stärkeren Schüler für alle sichtbar am Whiteboard präsentieren und besprechen." Für Projektleiter Hoffmann steht denn auch jetzt schon fest: Die Sache mit den Tablets im Klassenzimmer hat Zukunft. "Darin steckt ein ungeheures Potenzial."

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