PAT-Plätze für die Großregion?

Saarbrücken · Der Saarbrücker Regionalverbandsdirektor Peter Gillo spricht sich für eine starke öffentliche Arbeitsmarktförderung aus, finanziert durch einen sogenannten Passiv-Aktiv-Tausch, kurz PAT. Gillo ist sicher, dass Arbeitslose und Gesellschaft gleichermaßen profitierten.

Der Saarbrücker Regionalverbandsdirektor Peter Gillo (SPD ) wird nicht müde, auf die seiner Ansicht nach drängende Problematik der Langzeitarbeitslosigkeit hinzuweisen. Von den 37 000 Hartz-IV-Empfängern im Regionalverband sei die große Mehrzahl schon über zwei Jahre im Leistungsbezug. Der Durchschnitt beim Jobcenter liege aktuell bei gut fünf Jahren. Gillo: "Immer mehr Menschen können nicht mehr in den regulären Arbeitsmarkt vermittelt werden. Daher brauchen wir - insbesondere nach dem Auslaufen der Bürgerarbeit zum Jahresende - einen dauerhaft öffentlich geförderten Arbeitsmarkt. Warum sollen wir nicht Geld, das wir sowieso an Arbeitslose für Unterkunft, Kleidung und Verpflegung auszahlen, dafür einsetzen, dauerhaft sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze zu schaffen?"

Zur Finanzierung könne man beispielsweise den Passiv-Aktiv-Tausch (PAT) einsetzen, bei dem Regelleistungen und Unterkunftskosten zur Finanzierung von Arbeitsplätzen herangezogen werden. Angesichts der hohen Arbeitslosigkeit im Saarland und Lothringen biete sich die Großregion geradezu als Modellprojekt an. Peter Gillo abschließend: "Ich könnte mir ein grenzüberschreitendes Projekt vorstellen, bei dem Deutschland und Frankreich einen Fonds bilden, an dem sich auch die EU beteiligt. Damit ließen sich dann die Arbeitsplätze in einem sozialen Arbeitsmarkt finanzieren."

Der Passiv-Aktiv-Tausch hat das Ziel, sowohl aktive (Eingliederungsmittel) wie passive (Regelleistungen, Kosten der Unterkunft) Leistungen des Jobcenters zu bündeln und damit sozialversicherungspflichtige unbefristete Arbeitsverhältnisse zu schaffen. Wie Gillo erklärte, beruht der Aktiv-Passiv-Tausch auf der Einführung eines öffentlich geförderten Arbeitsmarktes, auch "dritter Arbeitsmarkt" genannt. Die Langzeitarbeitslosen hätten eine reale Beschäftigung. Für die Gesellschaft ergebe sich der Vorteil, dass durch einen dritten Arbeitsmarkt Dienstleistungen angeboten werden könnten, die auf dem klassischen Arbeitsmarkt auf Grund der damit verbundenen Kosten nicht vorgehalten werden. Der Regionalverbandsdirektor: "Bei vielen unserer Langzeitarbeitslosen ist es nicht gelungen, sie in eine reguläre Beschäftigung zu vermitteln - trotz der Teilnahme an den arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen. Die Ursache dafür liegt an den Defiziten im Bereich der fachlichen und sozialen Kompetenz, zum anderen auch an dem fehlenden Angebot von entsprechenden einfacheren Arbeitsplätzen. Hier will unser PAT-Modell ansetzen."

Konkret schlägt das Modell vor, dass Langzeitarbeitslose , die länger als zwei Jahre Hartz-IV-Leistungen beziehen, ein sozialversicherungspflichtiges Arbeitsverhältnis bekommen. Die Kosten sollen dabei zu 100 Prozent vom Jobcenter übernommen werden. Die Beschäftigungsverhältnisse könnten am freien Markt geschaffen oder durch die öffentliche Hand angeboten werden. Entscheidend ist, dass durch die Schaffung eines öffentlich geförderten Arbeitsmarktes keine Stellen auf dem ersten Arbeitsmarkt verdrängt werden. Der Reiz dieses Modells, so Peter Gillo , liege auch darin, dass es sich weitgehend kostenneutral für die öffentliche Hand umsetzen lasse. Am Beispiel einer Ein-Personen-Bedarfsgemeinschaft werde dies besonders deutlich. Das sozialversicherungspflichtige Arbeitsverhältnis für diesen Personenkreis koste bei einem Stundenlohn von 7,50 Euro den Arbeitgeber etwa 1500 Euro.

Gegenüber stünden die Aufwendungen der Jobcenter für den Hilfeempfänger und die Rückflüsse an die öffentliche Hand durch Sozialabgaben, die sich auf 1460 Euro summierten. Damit liege das zu finanzierende Defizit bei nur noch 40 Euro je PAT-Platz und Monat. Der Regionalverbandsdirektor weiter: "Abhängig von der Ausgestaltung könnte dieses Defizit entweder vom Arbeitgeber oder dem Jobcenter gedeckt werden. Unter dem Strich ist jedenfalls festzustellen, dass bei einer überschaubaren Finanzzuteilung von rund 1 Million Euro über 2000 PAT-Plätze geschaffen werden könnten.

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