Choreografie für vier Hände

Das von der Presse hoch gelobte Fingerballett „Kiss & Cry“ war am Mittwoch erstmals im Rahmen des Festivals Perspectives zu sehen. Noch drei Aufführungen in der Osthalle am Römerkastell folgen. SZ-Redakteurin Susanne Brenner hat den Akteuren, Michèle Anne de Mey und Jaco van Dormael, vorab Fragen zu ihrem ungewöhnlichen Konzept und der Reaktion des Publikums gestellt.

 Michèle Anne De Mey und Jaco Van Dormael erzählen mit ihren Händen eine poetische Liebesgeschichte. Foto: Michiel Hendrycks

Michèle Anne De Mey und Jaco Van Dormael erzählen mit ihren Händen eine poetische Liebesgeschichte. Foto: Michiel Hendrycks

Foto: Michiel Hendrycks

Wie kommt man auf die Idee, einfach nur mit seinen Händen Ballett zu tanzen?

De Mey/van Dormael: Wir wollen Grenzen überschreiten und Schubladendenken überwinden, wollen neue Dinge ausprobieren und dabei das Publikum in eine außergewöhnliche poetische Welt hineinversetzen. Eine Choreografie für vier Hände, diese Idee hat uns gefesselt. Die Hände entwickeln eine überwältigende sinnliche Präsenz. Sie haben eine eigene Sprache, die wir erforschen wollten: den NanoTanz. Wir machen uns von den Regeln des zeitgenössischen Tanzes frei und bewegen uns in Richtung Pantomime und Zeichensprache. Die Hände sind die Protagonisten der Geschichte von "Kiss & Cry".

Hände sind klein. Wie lösen Sie das Problem, dass das Publikum Sie ja sehen will?

De Mey/van Dormael: Die Hände bewegen sich im Taschenformat, in einem Miniaturbühnenbild. Wir spielen auf der Bühne mit Perspektiven, Blickwinkeln, von unendlich groß bis unendlich klein. Die Sequenzen werden auf der Bühne mit den selben technischen Mitteln wie denen des Kinos gefilmt. Die Zuschauer werden Zeugen des Making-of eines Films, der auf große Leinwand projiziert wird. Sie ist das Auge der Kamera. Alles geschieht simultan. Jeder kann selbst entscheiden, was er beobachten möchte. Das Auge kann die Kulissen der Geschichte betrachten, oder auch die technischen Raffinessen, die es ermöglichen, ein ganzes Universum entstehen zu lassen, oder auch den Film, in dem die Hände, erst seltsame Kreaturen, immer mehr menschliche Form annehmen. Das Ganze gründet sich auf die Illusion.

Sie sind schon oft mit dem Stück aufgetreten. Erinnern Sie sich an besondere Reaktionen des Publikums?

De Mey/van Dormael: Die Zuschauer sind oft fasziniert von dieser kleinen Welt auf der Bühne. Miniaturbühnchen und die Aufbauten und Installationen von Kiss & Cry sind unsere Spielwiese: ein Aquarium, eine kleine Eisenbahn, ein Puppenhaus. Es gibt Anklänge an die Kindheit in alldem. Wie die Mechanik eines Traums, der vor den Augen des Publikums abläuft. Häufig wollen Zuschauer nah an die Bühne herankommen, um die Kulissen unserer Nanowelt genau zu betrachten.

Multimediales Fingerballett "Kiss & Cry" heute, Donnerstag, 23. Mai, und Samstag, 25. Mai, in deutscher Sprache und am Freitag, 24. Mai, in französischer Sprache, jeweils 20 Uhr, Osthalle am Römerkastell.

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