Wie Wandel im Handel das Köllertal verändert

Köllertal · Neue Einkaufsmärkte, Internet, Saarbahn: Der Handel ist im Wandel, verändert die drei Köllertal-Kommunen und stellt die Einzelhändler und die alten Zentren vor Herausforderungen. In dieser und den kommenden elf SZ-Ausgaben widmen wir uns dem Thema, das jeden betrifft.

 Längst verschwunden: „Kaufhaus Kahn“ 1927 in Heusweiler (Hirtenbrunnen). Foto: E. Maier

Längst verschwunden: „Kaufhaus Kahn“ 1927 in Heusweiler (Hirtenbrunnen). Foto: E. Maier

Foto: E. Maier
 Moderne Einkaufszeiten: Verkaufsoffener Sonntag im April 2011 in Püttlingen. Foto: Jenal

Moderne Einkaufszeiten: Verkaufsoffener Sonntag im April 2011 in Püttlingen. Foto: Jenal

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"Handel im Wandel", das ist im Köllertal kein abstraktes, sondern ein ganz konkretes, deutlich sichtbares Thema. Die Änderungen kamen in mehreren Schritten - durch die Zentren mit Einkaufsmärkten und Discountern, die nach und nach in den drei Köllertal-Kommunen entstanden, durch den Internethandel und durch Besonderheiten in einzelnen Kommunen (siehe Bericht unten).

Die neuen Einkaufszentren sind dabei eine Medaille mit zwei Seiten: Einerseits bieten sie dem Kunden die Möglichkeit zum schnellen Einkauf ohne Mittagspause und selbst samstags bis 20 Uhr, und die Discounter helfen Menschen mit schmalem Geldbeutel, über die Runden zu kommen. Andererseits machen sie dem alteingesessenen Handel das Leben schwer und sorgen so mit für Leerstände und auch dafür, dass das Leben ein Stück weit unpersönlicher wird.

Nun könnte man natürlich sagen, dass das in erster Linie ein Problem für die Händler ist. Tatsache ist jedoch, dass leere Zentren von Städten und Gemeinden auch von vielen Bürgern als äußerst negativ empfunden werden. Und in saarländischen Städten außerhalb des Köllertals gibt es schon Straßen, bei denen man nicht nur von Leerständen, sondern von Verfall sprechen muss - was niemand seiner Gemeinde wünschen kann.

Unterm Strich sind die Zeiten für den Einzelhandel im Köllertal deutlich härter geworden - und wir haben hier noch nicht einmal vom Internethandel oder den kleineren Ortsteilen gesprochen. Allerdings gibt es durchaus auch Positives: Schon um die Jahrtausendwende wurde der "Tod" der alten Zentren prophezeit, doch es gibt sie noch immer und es gibt auch immer wieder Kaufleute , die sich durchsetzen können - auch mit Ungewöhnlichem wie einem Ersatzteile-Geschäft für Motorroller & Co. in Walpershofen. Und in Püttlingen gibt es wieder eine Drogerie in der Pickard-Straße, die hier die Kundenfrequenz steigern kann. Zugenommen hat auch die Zahl der Dienstleister, und wer in einem Ort arbeitete, der geht mittags auch raus, um sich zu versorgen. Zudem hat das ein- oder andere kleinere Geschäft inzwischen den Internethandel für sich selbst entdeckt. Auch scheint es neuerdings eine wachsende Gruppe jüngerer Leute zu geben, die das Internet ganz bewusst nicht mehr zum Maß aller Dinge machen.

Sicher, der Einzelhandel hat es schwer und erfordert hoch gekrempelte Ärmel, aber am Ende ist er nicht. > Interview mit Hans Agostini, dem Vorsitzenden des Saarländischen Einzelhandelsverbandes:

war die erste Köllertal-Kommune mit neuen Einkaufsmärkten. Der Burgplatz wurde - mit Stadthalle und Hotel - komplett neu gestaltet. Im April 1999 war es soweit: Der Accord-Markt (heute Rewe) und der Discounter Lidl eröffneten ihre Filialen , an der Bebauung des damaligen Braschenplatzes hatte auch der Widerstand von Anwohnern und örtlicher Gewerbetreibender nichts ändern können.

In Püttlingen zeigte sich auch, dass die "Nähe" großer Geschäfte wirklich sehr nahe sein muss, um für Laufkundschaft im Ort zu sorgen: Der Burgplatz ist nur fünf Minuten von der Innenstadt entfernt, doch nicht viele nutzen die Gelegenheit, um vom Burgplatz ins Zentrum zu gehen. Wer allerdings ein "Frequenzbringer" war, das war die Aldi-Filiale nahe des Rathauses. So war das Bedauern der Kaufleute groß, als diese Filiale 2000 nach Köllerbach umzog.

Ein Indiz für den Kundenrückgang im Püttlinger Zentrum sind kurioserweise die Parkscheinautomaten: Die waren einst angeschafft worden, weil Dauerparker die Plätze für Kunden blockierten. 2013 wurde wieder aufs kostenlose Parken (mit Parkscheibe) umgestellt, ein Grund dafür war, dass der Einkaufs-Verkehr im Zentrum nachgelassen hatte.

In , dem zweiten Püttlinger Stadtteil, hielten ebenfalls Markt-Ketten einzug: Ende 2000 eröffneten am Fresa-Grandinaria-Platz ein Edeka-Markt und die Aldi-Filiale. Auf besondere Weise wurde dabei der Wandel im Handel in der Hauptstraße in Köllerbach deutlich: Dort, wo es früher eine ganze Reihe Ladenlokale gegeben hatte, fand man in den ersten Jahren des neuen Jahrtausends insbesondere Leerstände. Doch das fällt heute kaum noch auf, denn viele Hausbesitzer griffen zur Radikalkur und bauten die Ladenlokale zu Wohnungen um.

In gab es in kurzem Abstand gleich zwei Bauprojekte, die eng mit dem Handel im Ort verknüpft sind: Im Mai 2000 wurde der neue Marktplatz mit Kulturhalle und seiner neuen Bebauung seiner Bestimmung übergeben, etwa zehn Millionen Euro wurden hier investiert. Noch Ende des gleichen Jahres war auch die Neugestaltung des Gewerbegebietes am Bahnhof in großen Teilen abgeschlossen - mit der Eröffnung eines neuen Accord-Marktes (heute Rewe) und einer Lidl-Filiale. Auch Drogerie- und Textil-Discounter wurden hier angesiedelt und am 18. März 2002 eröffnete der Hela-Baupark.

Entgegen der Erwartungen gab es am Marktplatz immer wieder Leerstände, derzeit sind aber, abgesehen vom ehemaligen Edeka-Markt, alle Ladenlokale belegt.

In gab es zwar nahe des Rathauses schon einen Wasgau-Markt, doch am heutigen Walter-Wagner-Platz wurde es dann "größer": Im Oktober 2006 eröffneten dort ein Wasgau-Markt auf 1900 Quadratmetern Fläche mit über 14 000 Artikeln. Im gleichen Monat eröffneten dort auch ein Lidl-Markt und zudem eine Filiale der Drogeriemarkt-Kette Rossmann.

Riegelsberg hatte zudem eine besondere Herausforderung zu meistern, denn Kunden mögen es nicht, wenn sie keinen Parkplatz finden und nicht gut an ein Geschäft herankommen: Am 23. September 2001 wurde die Saarbahn-Haltestelle Riegelsberg Süd eröffnet, am 26. September 2009 war sie "durch den Ort durch" in Etzenhofen angekommen - dazwischen lagen, je nach Bauabschnitt, auch schwere Monate für die Geschäftsleute.

Die andere Seite dieses Aspektes ist allerdings, dass Riegelsberg auch wegen seiner guten Verkehrsanbindung als beliebte Wohngemeinde gilt. Und während Püttlingen und Heusweiler in den vergangenen 20 Jahren einen Einwohnerrückgang von etwa zehn Prozent verkraften mussten, liegt der Rückgang in Riegelsberg im selben Zeitraum unter einem Prozent - und eine sinkende Einwohnerzahl bedeutet auch immer einen entsprechenden Schwund von Kunden und Kaufkraft.

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