„Kein Blindflug durch die Finanzen“

Quierschied · Quierschieds Bürgermeister und sein erster Haushalt: Der stellt sich nicht unerfreulich dar, dank großer Sparbemühungen.

 Quierschieds Bürgermeister hat das Haushaltsdefizit durch eisernes Sparen verringert. Foto: Wolf/dpa

Quierschieds Bürgermeister hat das Haushaltsdefizit durch eisernes Sparen verringert. Foto: Wolf/dpa

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Das Wochenmagazin Forum nannte Lutz Maurer einmal den "Obama Quierschieds", wobei der Vergleich zwischen dem ersten schwarzen US-Präsidenten und dem ersten parteilosen Bürgermeister der Gemeinde zumindest auf den ersten Blick natürlich hinkt. Seit etwas mehr als einem Jahr steht Maurer nun an der Spitze der Verwaltung. "Als Bürgermeister muss man seinen Weg alleine finden", sagt der gebürtige Quierschieder, "in meinem früheren Arbeitsbereich konnte ich mich auch mal mit Kollegen austauschen, oder bei Sitzungen auch mal anderen Experten die Leitung überlassen. Als Chef einer Verwaltung sitzt du immer am Kopfende."

145 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter seien in der Verwaltung: ,,Ich habe mit jeder und jedem ein Vier-Augen-Gespräch geführt. Das hat mir als Quereinsteiger erste Einblicke vermittelt und auch für eine Vertrauensgrundlage gesorgt", erzählt der Rathaus-Chef, "meine Bürotür steht immer offen. Auch für die Anliegen der Bürgerinnen und Bürger. Feste Sprechstunden habe ich abgeschafft." Viel Zeit, sich langsam ans neue Amt zu gewöhnen, hatte Maurer trotz aller Unterstützung nicht. Die Finanzkrise der Musikschule Sulzbach-/Fischbachthal und der angekündigete Ausstieg Quierschieds aus dem Zweckverband forderten gleich sein Verhandlungsgeschick. Auch hier kamen ihm seine Erfahrungen im Controlling eines Industrieunternehmens zu Gute. Im Laufe des Jahres rückten dann Themen wie die Unterbringung von Flüchtlingen, die interkommunale Zusammenarbeit und der Bau des neuen Kultursaals in den Mittelpunkt der Arbeit. "Ich musste mich richtig ins Tagesgeschäft einarbeiten. Gerade viele rechtliche Grundlagen sind äußerst vielschichtig", sagt Maurer und zieht Vergleiche zur Privatwirtschaft: "Mir ist das Tempo in öffentlichen Verwaltungen oft zu langsam, Entscheidungswege zu kompliziert. Da werden Resourcen einfach vergeudet."

Nachdem Quierschied für die Jahre 2015/16 einen Doppelhaushalt beschlossen hatte - eine Einstiegshilfe seiner Vorgängerin - steht nun in der Gemeinderatssitzung am heutigen Montag der erste eigene Haushalt der Ära Maurer zur Debatte. Früh gegenüber anderen Kommunen, für Maurer nicht früh genug: "Ich möchte keinen Blindflug durch die Finanzen. Mittlerweile melden mir alle Abteilungen im Haus sofort, wenn Budgetgrenzen überschritten werden." 2017 will Quierschied mehr als 21,3 Millionen Euro ausgeben, dem stehen rund 19,7 Millionen Euro an Einnahmen gegenüber. Macht unter dem Strich ein Minus von rund 1,6 Millionen Euro. "Das sind nochmal fast 200 000 Euro weniger als im Vorjahr. Die Konsolidierungsbemühungen gehen also weiter. Rechnet man die Abschreibungen raus, haben wir bereits heute ein positives Ergebnis", sagt Kämmerer Toni Schönenberger, der dafür auch den neuen Chef im Rathaus verantwortlich sieht: "Das Controlling ist intensiver geworden. Unnötige Ausgaben werden vermieden. So verschicken wir beispielsweise keine Grundsteuerbescheide mehr, wenn sich an den Zahlen des Vorjahres nichts ändert."

Die größten Belastungen des Haushalts sind die Regionalverbandsumlage - also Geld, das die Kommune an den Kreis abführen muss - in Höhe von 7,96 Millionen Euro und die Personalkosten von 6,7 Millionen Euro. "Wir haben im abgelaufenen Jahr wegen des gestiegenen Bedarfs sechs Erzieherinnenstellen neu geschaffen", sagt Maurer und erklärt weitere geplante Investitionen: "Über einen Sonderkredit von einer Million Euro werden wir weitere Kita- und Krippenplätze schaffen. Für die Sanierungen der Grundschule Fischbach und der Mehrzweckhalle Göttelborn sind jeweils 50 000 Euro eingestellt. Ins Freibad wollen wir 70 000 Euro investieren."

Seiner ersten Haushaltdebatte sieht der Bürgermeister gelassen entgegen. "Ich bin nicht auf dem Basar, wo ich erst 50 Prozent auf den Preis draufhaue, um dann Rabatt zu geben. Die Parteien hatten Gelegenheit, ihre Wünsche mit einzubringen", sagt Maurer und fügt lachend hinzu: "Auch Obama konnte den Schuldenstand nicht einfach wegzaubern."

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