Deutliche Worte zu Integrations-Versäumnissen

Püttlingen · Ein Lösch-Konzept hatte die ESH schon im Ärmel, doch das interessierte erst, als es bereits brannte: So könnte man Toni Jobs Kritik etwa an Sprachkursen der Bundesanstalt für Arbeit zusammenfassen. Auch könne diese ein Teil ihrer hohen Rücklagen zur Finanzierung von Maßnahmen für Langzeitarbeitslose nutzen, das sei besser, als Arbeitslosigkeit zu finanzieren.

 Beim ESH-Empfang: Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer und der ESH-Vorsitzende Toni Job. Foto: ESH

Beim ESH-Empfang: Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer und der ESH-Vorsitzende Toni Job. Foto: ESH

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Als vor anderthalb Jahren die große Flüchtlingswelle über den Balkan nach Deutschland schwappte, sah sich die Erwerbslosenselbsthilfe Püttlingen (ESH) für die anstehenden Aufgaben gerüstet. Hatte die Einrichtung doch schon Erfahrungen mit Flüchtlingen aus dem Balkankrieg in den 1990er Jahren. Daran erinnerte der ESH-Vorsitzende Toni Job beim Neujahrsempfang der ESH: "Vor diesem Hintergrund hatten wir, als ESH, bereits Konzepte für die berufliche Integration entwickelt und sie den verantwortlichen Stellen vorgelegt." Doch außer wohlwollendem Interesse sei da nichts gewesen - schon gar kein Geld.

Im Laufe der Zeit habe man gemerkt, dass Deutschkenntnisse für Facharbeiter, welche die Wirtschaft benötigt, unabdingbar sind. Also habe die Bundesanstalt für Arbeit Kurse initiiert: "Unprofessionelle Jedermanns-Sprachkurse ohne Qualitätsanforderungen, ohne Zielvorgaben, ohne Prüfungen und so weiter", erinnert sich Jost. Entsprechend seien die Ergebnisse ausgefallen.

Im Vorjahr dann ein Sinneswandel, den Job mit der Kölner Silvesternacht in Zusammenhang bringt: "Jetzt waren wir als erfahrener Beschäftigungs- und Ausbildungsträger plötzlich gefragt." Angemessene Maßnahmen sollten entwickelt und vorfinanziert werden - Integrationsmaßnahmen für Flüchtlinge. "Und auch unsere Langzeitarbeitslosen sollten nicht vergessen werden - das hatte auch unser Bischof Ackermann angemahnt", so Job.

In diesem Zusammenhang übte er auch deutliche Kritik an der Bundesanstalt für Arbeit: "Mit ihrer restriktiven Maßnahmenpolitik für unsere Langzeitarbeitslosen, Stichwort: ersatzloses Auslaufen der bewährten Bürgerarbeit - erwirtschaftete die Agentur für Arbeit einen Milliardenüberschuss." Für das vergangene Jahr nennt er 4,9 Milliarden Euro, die Summe der Rücklagen liege derzeit bei 10,96 Milliarden Euro. Job: "Hätte sie in der Vergangenheit mal weniger gespart und mehr getan, hätte die Politik heute vielleicht weniger schwierige Zeiten, die Abgehängten in Deutschland würden sich keine Alternativen suchen."

Für den Bund käme die Erkenntnis "Arbeitsmarktpolitik lohnt sich" in diesem Zusammenhang zu spät. Langzeitarbeitslosen einen Job zu geben sei jedoch nicht teurer, als die Arbeitslosigkeit zu finanzieren und wirke sich zudem positiv auf die öffentlichen Finanzen aus. Dabei beruft er sich auf eine Studie der HTW (Hochschule für Technik und Wirtschaft des Saarlandes) unter der Leitung von Professor Dieter Filsinger.

Zurück zur ESH: "Insgesamt hatten wir im letzten Jahr 1722 zu betreuende Personen in unseren Einrichtungen und dafür 93 Beschäftigte." Was den Maßnahmenstau angehe, sei der Verein noch immer in "sehr konstruktiven Verhandlungen" mit dem Jobcenter.

Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer , Ehrenmitglied der ESH, sprach ebenfalls beim Neujahrsempfang. Sie weiß um das Problem, dass viele Arbeitsuchende ohne Hilfe keine Chance auf einen Arbeitsplatz hätten. Sie gelte es zu unterstützen, und das ebenso unter dem Gesichtspunkt, "Arbeit ist mehr als nur Geld verdienen." Sie sei auch wichtig für Selbstbestätigung und Menschenwürde.

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