In Geborgenheit erwachsen werden

Köllerbach · Auf den ersten Blick könnte man meinen, hier lebt eine Familie mit sechs Töchtern. Doch tatsächlich leben in dem Haus in der Köllerbacher Schillerstraße seit genau einem Jahr sechs Mädchen unter der Obhut einer Betreuerin. In der Nachbarschaft wurde das Caritas-Projekt gut angenommen.

 Sechs Mädchen leben mit pädagogischem Fachpersonal in der Köllerbacher Schillerstraße. Die Außenstelle des Saarbrücker Theresienheims wurde vor genau einem Jahr eröffnet. Fotos: carolin merkel

Sechs Mädchen leben mit pädagogischem Fachpersonal in der Köllerbacher Schillerstraße. Die Außenstelle des Saarbrücker Theresienheims wurde vor genau einem Jahr eröffnet. Fotos: carolin merkel

 Im Garten des Hauses steht eine neue Vogelnest-Schaukel, die am Mittwoch von den Sponsoren offiziell übergeben wurde.

Im Garten des Hauses steht eine neue Vogelnest-Schaukel, die am Mittwoch von den Sponsoren offiziell übergeben wurde.

Fröhlich lachend öffnet das blonde Mädchen die Tür, gleich dahinter wartet eine strahlende Birgit Heckmann. Zwei Mädels hüpfen vergnügt im Wohnzimmer, verstecken sich gegenseitig Puzzleteile, zwei weitere sind mit den Hausaufgaben beschäftigt, die "Große" ist noch in der Schule. Es ist früher Nachmittag - und das muntere Treiben im gemütlich eingerichteten Wohnhaus in der Schillerstraße ist wohl so wie in vielen Familien.

In der Küche warten Kuchen und Schnittchen auf den angekündigten Besuch: Vertreter des Lions Clubs Völklingen, der Volksbank Westliche Saar plus und der Erwerbslosenselbsthilfe Püttlingen (ESH) haben sich angekündigt, um zusammen mit den Mädchen die neue Vogelnestschaukel im Garten offiziell in Betrieb zu nehmen. Diese Tatsache sowie die weiteren erwachsene Personen, die sich um die insgesamt sechs Mädchen kümmern, die hier leben, zeigen: Es handelt sich nicht um eine Familie, sondern vielmehr um eine vom Saarbrücker Theresienheim eingerichtete Familiengruppe. Seit mehr als 100 Jahren werden in der Einrichtung mit Stammsitz in Burbach Kinder betreut, seit diesem Jahr auch in der Außenstelle in Köllerbach .

Gegründet wurde die Einrichtung 1906 als Waisenhaus von den Caritas-Schwestern vom Heiligen Geist, inzwischen ist es ein Zentrum für heilpädagogische Kinder-, Jugend- und Familienhilfe der Caritas (CTS) mit 130 stationären Plätzen im Saarland. Die Plätze verteilen sich überwiegend auf sogenannte heilpädagogische Gruppen mit bis zu neun Kindern. Eine noch intensivere Betreuung bietet seit genau einem Jahr die Familiengruppe in Köllerbach . Hier werden maximal sechs Kinder aufgenommen, die Bezugsperson, Jugend- und Heimerzieherin Birgit Heckmann, ist dauerhaft vor Ort. "Wir haben gemerkt, dass es viele Kinder gibt, die genau diese enge Beziehung brauchen", erklärt Andreas Reichert, Bereichsleiter des Theresienheims.

Auch in Elversberg und Burbach gibt es Familiengruppen wie die in Köllerbach . "Die Mädchen kommen alle aus recht schwierigen sozialen Verhältnissen, brauchen besondere pädagogische Hilfen, feste Regeln, einen klaren Tagesablauf, aber auch viel Zuwendung", schildert Birgit Heckmann. An der lässt sie es nicht mangeln. Seit 33 Jahren steht sie im Dienst des Theresienheims, leitete zehn Jahre eine professionelle Erziehungsstelle. Im November 2013 hat sie das Haus in der Schillerstraße übernommen: "Wir sind hier sehr gut aufgenommen worden, die älteren Leute in der Nachbarschaft haben sich richtig gefreut, dass endlich wieder Kinder in ihrer Straße leben."

Nicht nur in der Straße, auch in Köllerbach sind die Mädchen inzwischen gut integriert, besuchen zum großen Teil die Regelschule, nutzen die Angebote in den Vereinen. "Sie werden hier wohl auch bis zu ihrer Selbstständigkeit bleiben, das ist unser Ziel", erklärt die Erzieherin. Sie ist erste Ansprechpartnerin für die Mädchen , auch die "Ehemaligen" können auf ihre Unterstützung bauen. Birgit Heckmann betont aber auch: Trotz der engen Bindung möchte sie nicht die Mutter ersetzen. "Die Kinder haben Eltern, und wir stehen mit ihnen in engem Kontakt. Sie haben auch das Sorgerecht, und es gibt Besuchstage." Gerade diese Elternarbeit schätzt Birgit Heckmann sehr.

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