Güterverkehr auf dem Abstellgleis

Dudweiler · Sulzbach, Dudweiler, Göttelborn, Auersmacher und Burbach – diese fünf Güterbahnhöfe im Regionalverband Saarbrücken stehen auf der Abschussliste der Deutschen Bahn. Allerdings werden nur zwei davon überhaupt noch genutzt. Auf den anderen ist bereits jetzt tote Hose.

 Nicht viel los in Sulzbach – hier ist einer der fünf Güterbahnhöfe im Regionalverband, die die Bahn stilllegen will. Foto: Tobias Ebelshäuser

Nicht viel los in Sulzbach – hier ist einer der fünf Güterbahnhöfe im Regionalverband, die die Bahn stilllegen will. Foto: Tobias Ebelshäuser

Foto: Tobias Ebelshäuser

Der Name hält nicht, was er verspricht. Zumindest nicht mehr. "Ladestraße" heißt der Weg, der hier zum Güterbahnhof führt. Doch verladen wird an diesen langsam überwucherten Gleisen schon länger nichts mehr. Zwei Gleise laufen ins Leere und enden am Prellbock. Ihrem Zustand nach zu urteilen, fuhr schon seit längerer Zeit kein Zug mehr.

Güterverkehrsstelle "254227 - Sulzbach(Saar)", so wird dieser Ort auf dem kürzlich veröffentlichten Dokument der Deutschen Bahn genannt. Es trägt den Titel "Wirtschaftliche Optimierung Nahbereich" und nennt deutschlandweit insgesamt 215 sogenannte Güterverkehrsstellen, die der Konzern DB Cargo bald nicht mehr bedienen soll. Dazu kommen 154, zu denen bald weniger Züge fahren sollen. 13 davon sind im Saarland, darunter fünf im Regionalverband Saarbrücken: Sulzbach, Dudweiler, Göttelborn, Burbach und Auersmacher. Nach dem großen Protest der Arbeitnehmerverbände in den vergangenen Wochen soll nun ein Kompromiss gefunden werden (wir berichteten). Womöglich wird nur die Hälfte der zunächst geplanten Bahnhöfe stillgelegt.

Diese Maßnahmen sind Teil des Plans "Zukunft Bahn", der den angeschlagenen Gütersektor des Unternehmens in Europa zurück auf Wachstumskurs bringen soll. Dazu gehört der Abbau von Arbeitsplätzen. Im Produktionszentrum Mannheim, zuständig für das Saarland, Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg, sollen insgesamt 463 Arbeitsplätze abgebaut werden, davon allein 150 Lokführerstellen. Wo genau, ist unklar.

Am Güterbahnhof in Dudweiler sieht es auch nicht besser aus als in Sulzbach. Langsam erobert sich die Natur das alte Bahnhofsgebäude zurück. Grüne Ranken erklimmen die Wände. Die Fenster sind zugebaut, die bunt besprühten Türen mit Ketten verschlossen. Abgeladen wird an diesen Gleisen heute höchstens noch der Müll einiger nicht sonderlich umweltbewusster Bürger.

Tatsächlich werden im Regionalverband nur die Güterbahnhöfe in Göttelborn und Auersmacher überhaupt noch zum Verladen genutzt. Den beiden DB-Cargo Betriebsratsmitgliedern Hans-Peter Bick und Christian Bonner zufolge ist aber auch der Güterschienenverkehr in Auersmacher ein Auslaufmodell, weil die dort verladenen Kalkvorkommen bald erschöpft seien. Nur der Güterbahnhof in Göttelborn würde wohl in Zukunft noch dauerhaft genutzt, denn dorthin werde unter anderem Importkohle für das Kraftwerk Weiher transportiert, ganze 2500 Tonnen am Tag. Bei einem Wegfall des Schienenverkehrs würden etwas mehr als sechzig 40-Tonner am Tag die saarländischen Straßen zusätzlich belasten.

Dass so wenig Betrieb auf den anderen Güterbahnhöfen sei, hätte aber nicht sein müssen, findet Bonner. Die Bahn habe einfach verfehlt, andere, neue Kunden in der Logistikbranche zu gewinnen. "Wir transportieren noch das Gleiche wie vor 100 Jahren", sagt auch Bick. Die Güter beschränkten sich auf Kohle, Erze, Stahl - aber keine Konsumgüter wie Lebensmittel oder Elektrogeräte. Mit dem Abstieg des Bergbaus seien große Kunden der alten Industrien einfach weggefallen, ohne das neue Kunden dazu kamen.

Werden die Güterbahnhöfe deswegen nun geschlossen? Nein, betont ein Sprecher der DB Cargo, das Einstellen der Bedienung komme keiner Schließung gleich. Denn die Schienen mitsamt den Güterbahnhöfen sind nicht im Besitz der DB Cargo, sondern der DB Netz, die an die Transportunternehmen nur die Nutzungsrechte verkauft. Deshalb verweist der Sprecher darauf, dass eine entsprechende "Verkehrsstelle", also ein Bahnhof oder Firmengleisanschluss, sehr wohl in der Zukunft auf Nachfrage reaktiviert werden könne.

Doch daran gibt es Zweifel. Die saarländische Verkehrsministerin Anke Rehlinger hält eine solche Reaktivierung für schwierig, da eine stillgelegte Güterverkehrsstelle "nicht mehr im Bewusstsein potenzieller Kunden verankert" sei.

Auch Betriebsrat Christian Bonner schätzt es als unwahrscheinlich ein, dass die DB Netz das in ihrem Besitz stehende Land verkommen lässt, bis irgendwann eventuell ein Kunde zurückkehrt. Eher würde die DB Netz das Land wahrscheinlich umnutzen oder verkaufen.

Deswegen wollen die beiden Betriebsratsmitglieder noch nicht aufgeben. Sie sind der Ansicht, dass die bestehende Infrastruktur durchaus noch dazu genutzt werden könne, die ansässige Industrie mit Waren zu versorgen. Die Bahn müsse allerdings neue Kunden vor Ort gewinnen, anstatt sich aus der Fläche zurückzuziehen. Deswegen klingt Eisenbahner Hans-Peter Bick ziemlich enttäuscht, als er sagt: "Was in 150 Jahren aufgebaut wurde, wird hier gerade zerstört."

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