Eine Heimat für Gehörlose

Jägersfreude · Eine große Geburtstagsparty steigt am 15. Oktober im Martin-Luther-Haus: Mitglieder des Gehörlosen-Vereins zeigen dabei ein Theaterstück. Zwei Gebärdendolmetscher sorgen für Verständigung.

 Petra Krämer Foto: Bohlander

Petra Krämer Foto: Bohlander

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"Unser Verein ist wie eine Heimat für Gehörlose", bringt es Petra Krämer auf den Punkt. Die 1. Vorsitzende steckt gerade mitten in den Vorbereitungen zur Feier anlässlich des 110-jährigen Bestehens des Gehörlosen-Vereins "Glück Auf" Saarbrücken 1906. Obgleich sich das Vereinshaus in Jägersfreude befindet, laden die Mitglieder zur Feier in das Martin-Luther-Haus, Grühlingstraße 61, in Hühnerfeld ein. Das Jubiläum wird am kommenden Samstag, 15. Oktober, ab 14 Uhr, gefeiert.

Um die hoffentlich zahlreich erscheinenden Besucher für die Schwierigkeiten der Gehörlosen und Schwerhörigen zu sensibilisieren, hat man schöne Programmpunkte organisiert. Neben Grußworten von Ehrengästen und befreundeten Vereinen wird noch ein Theaterstück aufgeführt, das sich mit den Belangen der Vereinsmitglieder befasst. Ebenfalls gibt es eine kurze Zaubershow und im Anschluss werden langjährige Mitglieder für ihre Verdienste geehrt. Saarbrückens Oberbürgermeisterin Charlotte Britz hat die Schirmherrschaft übernommen.

"Glück Auf" ist der älteste Verein seiner Art im Saarland. "Aus unseren Reihen sind die Gründer des Landesverbandes der Gehörlosen Saarland hervorgegangen", erklärt Petra Krämer. Sie selbst ist hochgradig schwerhörig, von Geburt an - dachte sie zumindest eine lange Zeit. Erst spät im Leben teilten ihre Eltern ihr mit, dass ihre Beeinträchtigung mutmaßlich durch die Nebenwirkung einer Pockenimpfung zustande kam. Mit drei Jahren besuchte sie eine Sprachheilschule in Homburg, lernte das Hören beispielsweise dadurch, dass sie ihre Hand unters Kinn legte. "Ich habe die Töne gefühlt", so Petra Krämer. Durch ihren Mann, der ebenfalls schwerhörig ist, lernte sie Gebärdensprache.

Die meisten der derzeit rund 60 Mitglieder seien von Geburt an gehörlos, erzählt sie. Zu Hochzeiten hatte der Verein weit über 100 Mitglieder, doch wie bei fast allen anderen Vereinen geht auch hier die Anzahl zurück. Die Gründung fand 1906 in Neunkirchen als Taubstummen-Unterstützungsverein statt. Gegen Ende des Ersten Weltkrieges traten die katholischen Mitglieder aus konfessionellen Gründen aus, sodass man unter dem Namen Evangelischer Taubstummenverein "Glück-Auf" weitermachte.

1941 half der Verein bei der Gründung des Gehörlosen-Sportvereins, der nach Kriegsende selbstständig wurde. Das Jubiläum zum 85-jährigen Bestehen feierte man 1991 im Freizeit- und Bildungszentrum für Hörgeschädigte in Jägersfreude. Hier finden noch immer die Versammlungen statt. Seit dem Jahr 2000 führt nun Petra Krämer die Geschicke des Vereins, als erste Frau. Gerade in diesem Jahr wurde sie für weitere drei Jahre als Vorsitzende bestätigt.

Dass es immer weniger Mitglieder gibt, stimmt die gelernte Bürokauffrau und ehemalige Datentypistin nachdenklich: "Ich möchte nicht, dass der Verein kaputtgeht". Um dem entgegenzuwirken, gibt es immer wieder Termine, zu denen natürlich auch Menschen ohne Hörschädigung eingeladen sind. So bittet man jeden ersten Samstag im Monat, jeweils 14 Uhr, zum allgemeinen Treff in Jägersfreude. Immer am ersten Samstag im Dezember ist um 14 Uhr die Weihnachtsfeier. Der Frauentreff ist jeden ersten Dienstag im Monat zwischen 14 und 17 Uhr.

In ihrer Eigenschaft als 1. Vorsitzende des Landesverbandes setzt sie sich im ganzen Saarland für ein Ziel ein: "Unser Wunsch war schon immer ein Sozialarbeiter". Dieser sollte sich für die Belange der Gehörlosen im Alltag einsetzen. "Viele wären sehr froh, wenn ihnen jemand hilft", so die Vorsitzende. Zurzeit gebe es lediglich neun Gebärdendolmetscher im ganzen Saarland. Zur Jubiläumsfeier am Samstag sind ebenfalls zwei Dolmetscher anwesend.

Mehr Infos gibt's im Internet.

lv-gl-saarland.de

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