„Solche Vielfalt gibt es nirgends“

Saarbrücken · Auch wenn es am Mittag regnete, ließen die Besucher des Hoffestes in der Mainzer Straße sich gestern trotzdem von den verborgenen Schätzen ihrer Stadt begeistern.

 Wer betrachtet hier wen? Joni Marriott sitzt im demnächst öffnenden Gastroprojekt ,,Jules Verne” und schaut raus, während die Passanten reinschauen. In dem Laden findet noch bis Sonntag das Comic-Symposium statt. Fotos: Oliver Dietze

Wer betrachtet hier wen? Joni Marriott sitzt im demnächst öffnenden Gastroprojekt ,,Jules Verne” und schaut raus, während die Passanten reinschauen. In dem Laden findet noch bis Sonntag das Comic-Symposium statt. Fotos: Oliver Dietze

 Erste Hilfe nötig? Nein, hier verblüfft nur eine skurrile Dekoration.

Erste Hilfe nötig? Nein, hier verblüfft nur eine skurrile Dekoration.

. Überall bahnen sich Menschengruppen im Schlenderschritt ihren Weg durch die Mainzer Straße. Alle paar Meter weisen Schilder mit "Das Quartier feiert. Hier geht's weiter" den Weg zu den Hinterhöfen. Zum sechsten Mal findet unter der Regie der "Interessengemeinschaft Quartier Mainzer Straße" das Hoffest von der Bleich- bis zur Arndtstraße statt.

Die Gesichtsausdrücke der meisten Besucher ähneln sich: Sobald die vordere Hauszeile passiert ist und sich der Hinterhof öffnet, setzt Staunen ein. Denn die Höfe werden sonst kaum wahrgenommen, "weil man die Mainzer Straße ja vornehmlich von der Front kennt", sagt Student Peter Leinen (30) im Hinterhof der Mainzer Straße 52 und ergänzt: "Ich bin überrascht, wie viele Werkstätten und Ateliers es hier gibt."

Eine, die hier zwar keine Werkstatt, aber den Showroom "Bodenschätze" für ihre Teppiche und Wandbehänge betreibt, ist Alyeh Sadat (40). "Das Einmalige hier ist das bunte Miteinander, das künstlerische Flair und die tolle Nachbarschaft", schwärmt sie. "Allein in unserem Hinterhof sind eine Tanzschule, eine Klavierlehrerin, Joachim Kreutzer mit seinen Möbeln, ein Schreiner, ein Beerdigungsinstitut, ein Küchenbauer, eine Autowerkstatt und gegenüber Popeye mit seiner Fahrradwerkstatt beheimatet. So eine Vielfalt gibt's doch sonst nirgends."

Heute gibt es hier zudem Stände mit Essen und Getränken, dazwischen malen Kinder mit Kreide bunte Bilder auf den Asphalt, während die Eltern die Flohmarkt-, Kunst- und Schmuckstände durchforsten.

Ein paar Häuser weiter hat Künstlerin Judith Schneider ihr Atelier samt Wohnung. Seit 15 Jahren ist sie dort ansässig, "damals noch mit meinem Mann, dem Maler Wolfgang Gorius", der 2003 starb.

"Wenn man arbeitet", sagt sie, "will man eigentlich seine Ruhe." Dem Ansturm der neugierigen Besucher begegnet sie dennoch mit einem Lächeln: "Letztes Jahr habe ich einfach mal in die Runde gesagt: ,So und jetzt gucken wir nicht, sondern kaufen auch mal was.' Da waren die natürlich baff", sagt sie augenzwinkernd.

Die junge Kunstszene hat sich derweil im bald eröffnenden Gastronomie-Projekt "Jules Verne" an der Ecke Paul-Marien-Straße breitgemacht: An den Wänden hängen kleine schwarzweiße Comics. Und auf Jutetaschen prangt in roter Schrift "Comic Symposium Saarbrücken", das hier noch bis Sonntag stattfindet. Zum vierten Mal veranstaltet es die Hochschule der Bildenden Künste (HBK), aber erstmals mitten in der Stadt.

Was die Besucher erwartet? "Wir haben sechs international bekannte Künstler, die ihre Comic-Kunst in Gesprächsrunden vorstellen", sagt Elli Pich (25), HBK-Lehrbeauftragte.

Mittlerweile ist es auf der Straße noch bunter: Die farbenfrohen Regenschirme der Besucher antworten trotzig dem dunkeln Regenhimmel. Aus einem der Hinterhöfe erklingt Live-Musik. Ans Heimgehen denkt hier noch keiner.

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