Picknick für eine neue Verkehrspolitik

Malstatt · Um zu zeigen, wie viel Platz Autos in Saarbrücken beanspruchen, luden Saarbrücker gestern zu einer ungewöhnlichen Aktion auf die Malstatter Brücke. Dort war es ungewohnt still, weil die inzwischen wieder befahrbare Brücke noch gesperrt war.

 Diese Saarbrücker picknickten gestern auf der Malstatter Brücke, bevor die Autos wieder drüberrollen durften. Foto: Becker&Bredel

Diese Saarbrücker picknickten gestern auf der Malstatter Brücke, bevor die Autos wieder drüberrollen durften. Foto: Becker&Bredel

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Als das Picknick an dieser ungewöhnlichen Stelle am Sonntag beginnt, staunt Harald Kreutzer: "Unglaublich, hier ist es ja viel stiller als am Staden." Petra Stein bewundert die schönen Aussichten in Richtung Innenstadt und Saarbrücken-West. Peter Weichart wünscht sich "noch ein bisschen Sand" auf der Malstatter Brücke. Die wurde kurz zuvor saniert und war deshalb noch gesperrt. So hatte diese "Gruppe engagierter Privatpersonen, die sich zusammengefunden haben", wie Stein sagt, auf der Brücke ein Picknick organisiert und öffentlich dazu eingeladen.

Die Idee dazu hatte Kreutzer schon lange - wenn auch an anderer Stelle und in größerem Rahmen: "Eigentlich wollte ich einmal die Willhelm-Heinrich-Brücke sperren lassen, Rollrasen auslegen und darauf ein Picknick machen." Zunächst kommen nur wenige auf die Brücke. So zeigt sich, wie groß das Bauwerk eigentlich ist, das hauptsächlich für den Autoverkehr bestimmt ist. Genau das will die Gruppe demonstrieren.

Weichart: "Wir wollen zeigen, dass der Straßenverkehr viel Platz in einer Stadt in Anspruch nimmt." Die Brücke ohne Autos und die Stille wirken gespenstisch. Erst Decken, Sitzkissen und die Gitarrenmusik des Liedermachers Stefan Becker schaffen etwas Gemütlichkeit.

Schnell beginnt die Diskussion, was sich ändern müsste. Kreutzer meint, dass es sehr teuer würde, die Stadtautobahn aus dem Stadtbild verschwinden zu lassen: "Das hätte man besser vorher anders geplant."

Deshalb hält er es Jahrzehnte nach dem Bau der Stadtautobahn für wichtig, dass sich möglichst viele Bürger in die Stadtplanung einbringen: "Nur so wird die Stadt lebenswerter, nur so schafft man Identifikation zwischen Stadt und Einwohnern." Weichart regt ein Umdenken an: "Wenn mehr Menschen den öffentlichen Personennahverkehr oder das Fahrrad nutzen würden, bräuchten wir weniger Straßen." Stein fügt hinzu: "Fünf stehende Fahrräder benötigen so viel Platz wie ein parkendes Auto." Weichart nennt Göttingen als positives Beispiel: "Dort werden E-Bikes unterstützt. Mit denen kommt man zügig, schnell und umweltfreundlich voran."

Nach und nach kommen mehr Menschen auf die Brücke. Kreutzer: "Wir wollen auf diese spaßige Art und Weise möglichst viele dazu bringen, ein bisschen mitzubestimmen, was in der Stadt passiert." Stein sagt: "Ich wünsche mir ja mehr Grün." Sie hat auch Verständnis für andere Wünsche und berichtet: "Eine Gesprächspartnerin hat sich zuletzt für mehr günstige Parkplätze in der Innenstadt ausgesprochen."

Und vielleicht wird ja Kreutzers Vision von einem Picknick auf der Wilhelm-Heinrich-Brücke noch Wirklichkeit. Denn die soll in diesem Jahr saniert werden, weil noch Geld aus einem Regionalförderprogramm der Europäischen Union da ist, wie Baudezernentin Rena Wandel-Hoefer kürzlich ankündigte.

Wenn diese Brücke dann ebenfalls gesperrt wird, könnte es was werden mit einem zweiten Brückenpicknick.

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