Kunst für Nachtschwärmer

Saarbrücken · Der seit zwei Jahren von Volker Schütz und Rachel Mrosek kuratierte nächtliche Streifzug durch Saarbrücker Werkstätten ist längst keine studentische Veranstaltung mehr. Ein Blick auf die achte Ausgabe der „Nacht der schönen Künste“.

 Ausstellungsbesucherin Zeynep Danisman mit „Primat“-Taschen. Künstler Volker Schütz plädiert damit für fairen Handel.

Ausstellungsbesucherin Zeynep Danisman mit „Primat“-Taschen. Künstler Volker Schütz plädiert damit für fairen Handel.

 Schwer zu finden, aber bezaubernd: Eine Lichtinstallation im Ateliergarten Hinterhof in der Mainzer Straße gehörte zu den künstlerischen Einlagen dieser Nacht. Fotos: Kerstin Krämer

Schwer zu finden, aber bezaubernd: Eine Lichtinstallation im Ateliergarten Hinterhof in der Mainzer Straße gehörte zu den künstlerischen Einlagen dieser Nacht. Fotos: Kerstin Krämer

"Ja, wo ist denn nun die Kunst?" Irritiert stapfte die junge Dame zu nachmitternächtlicher Stunde durch den unbeleuchteten Eingang der Hertz-Autovermietung in der Mainzer Straße. Und siehe da - wenn man weiter tapfer durchs Dunkel stolperte und den Klängen der Loungemusik folgte, gelangte man in den Hinterhof eines Hinterhofs und wurde dort von einer labyrinthischen Projektion in Form eines geometrischen Spinnennetzes begrüßt. Sie markierte den Eingang zu einem Ateliergarten, hinter dessen Zaun sich ein ähnliches Muster in größerer Dimension wiederholte und einen Caravan mit Zeltvordach, flankiert von einem alten Lieferwagen, in ein Lichtobjekt verwandelte. Daneben schienen grün schimmernde Seifenblasen umeinanderzuquirlen. Oder waren es phosphoreszierende Glühwürmchen, die sich über einem Gebüsch tummelten? Nichts von alledem - ein Beamer jagte Lichtreflexe durchs Dunkel. "Soundgarden " nannte sich diese Außeninstallation von Roman Conrad, der damit am Freitag zu den "Schönen Künsten" beitrug.

Es war die achte Ausgabe des nächtlichen Streifzugs durch Saarbrücker Werkstätten, der seit zwei Jahren von den beiden Künstlern Volker Schütz und Rachel Mrosek kuratiert wird. Längst ist die 2007 gestartete Reihe keine rein studentische Veranstaltung mehr.

Jeder, der im musischen Bereich aktiv ist, egal ob bildende Kunst, Musik, Theater, Tanz, Design, darf teilnehmen, um sein Schaffen in privatem Rahmen zu präsentieren. Schütz: "Ich finde es schön, wenn das Ganze keine rein akademische Zielsetzung hat." Weil er dieses Jahr außergewöhnliche Sachen im Modebereich ausfindig machte, gab es nun zum ersten Mal eine unkonventionelle Modenschau verschiedener Designer , die Amateurmodelle auf eine Route durchs Nauwieser Viertel schickten. Entscheidend dabei war die positive Ökobilanz : Naturbelassen mussten die Sachen sein, selbst gemacht oder recycelt.

Endstation war die Galerie Nauwieser 19, wo es aussah wie in einem hippen Kleider- und Accessoireladen. Da konnte man etwa die bestrickenden Wollsachen von Melwittchen Märchenfee oder den Schmuck von Esther Momper bewundern. Oder in Kathrin Engels Kollektion "ponyklau" wühlen, die Kleider im Materialmix mit Latex präsentierte. Wer fündig wurde, konnte sich seine Einkäufe gleich in Volker Schütz' papierne "Primat"-Taschen einpacken lassen.

Ehrensache, dass er damit ebenfalls an faires Handeln und Umweltbewusstsein appellierte - Namensverwechslungen mit einer gewissen Billigkette waren durchaus beabsichtigt.

Andere Ateliers zeigten Fotografie, Malerei, Video und Objektkunst. Freunde spontaner Konzerte kamen auch nicht zu kurz - und was wäre eine solche Nacht ohne Performances?

Vor dem Schaufenster der Galerie 4-vingt in der Johannisstraße etwa stauten sich die kunstinteressierten Nachtschwärmer bis auf die Straße. Amüsiert beobachtete man, wie die beiden französischen Aktionskünstler Elodie Brochier und Geoffroy Muller erst Melonenschnitten auf dem Boden verteilten und dann ihren rezitierenden Saarbrücker Kollegen Ralf Peter in eine Art Käfigschrank sperrten, um anschließend zig Schichten Decken über ihn zu türmen und sich dann selbst zu ihm zu quetschen. Worum es dabei inhaltlich ging und warum die beiden je ein Brot auf den Kopf geschnallt hatten, ließ sich von draußen nur erahnen.

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