Spaßiger Spießer

Neunkirchen · Was passiert, wenn ein Mensch mit viel Humor aus einem lustigen Roman vorliest? Die Besucher, die am Mittwoch in der Neuen Gebläsehalle waren, wissen es. Dort las Bastian Pastewka aus Chris Geletnekys „Midlife Cowboy“.

 Ernste Miene, viel Humor: Pastewka bei der Lesung. Foto: pra

Ernste Miene, viel Humor: Pastewka bei der Lesung. Foto: pra

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Tillmann Klein ist 39, als ihn die Midlife-Crisis voll und unvermittelt erwischt. Zwar sagt ihm sein Hormonhaushalt, dass er immer noch ein junger Stecher ist, der sie alle haben kann, sein Spiegelbild aber sagt: "Nein! Du bist ein mittelalter Spießer mit Bierbauch, der jeden Mittwochabend pünktlich die Biotonne vor die Haustür schiebt." Frauen seien da besser dran, findet Tillmann. Denen sage der Hormonhaushalt in dem Alter, dass die besten Jahre vorbei seien, was vom Spiegel mit einem "Stimmt", bestätigt werde.

Und schon ist man mittendrin in Chris Geletnekys Roman "Midlife Cowboy", aus dem Bastian Pastewka am Mittwochabend in der Neuen Gebläsehalle vorlas. Beide, Pastewka und Geletneky, verbindet eine lange Freundschaft, was dazu führte, dass der Bekanntere der beiden für den "Mann mit dem unaussprechlichen Namen" auf Lesereise geht. Ein Glück, denn Pastewka ist nun mal sau komisch, was am Mittwoch dazu führte, dass Tränen gelacht wurden. Das lag zum einen am Buch, zum großen Teil aber an Pastewka selbst, der immer mal wieder von den Seiten aufschaute, um ein wenig zu plaudern. Zum Beispiel über den Film "König der Herzen" mit Florian Silbereisen . "Genau das Richtige, um sich einen tollen Abend zu versauen." Wobei Pastewka "die Volksmusik in Fleisch und Blut übergegangen" ist, wie er zugab. Schließlich hat er mit Anke Engelke das Duo "Wolfgang und Anneliese" genial verkörpert und dafür sogar den Grimme-Preis erhalten. So ließ er die gut besuchte Gebläsehalle wissen, welche Volksmusik-Titel er allein schon der Namen wegen für besonders beknackt hält. "Nur eine Mutter weiß, wo Honolulu liegt" (Margot Eskens ) und "Komm, blas mir mal die Wolken fort, Trompeten ist dein Lieblingssport" (Stefanie Hertel und Stefan Mross ) rangieren berechtigterweise ganz weit oben.

Peinliche Lied-Titel, die zum recht peinlichen Gehabe der Romanfigur Tillmann passten.

Denn der will sich von seinem Spießer-Dasein abwenden, versenkt deshalb den Rasen-Traktor im Gartenteich und beschließt, künftig auf Abende mit den schrecklichen Nachbarn auf der frisch verlegten Bankirai-Terrasse zu verzichten und den über die Jahre angegrillten Ranzen wegzutrainieren. Klar, dass er dabei von einem Fettnäpfchen ins andere tritt und sich mehr und mehr zur Witzfigur macht. Wobei er mit Selbstkritik nicht spart. An einer Stelle betrachtet er sich nackt vorm Spiegel und jammert fast schon philosophisch über den erbärmlichen Anblick des männlichen Körpers. Allein schon der Penis sei ein ästhetisches Waterloo, beim Hodensack habe die Evolution total versagt. Die Kombination dieses unschönen Duos müsse daher schlicht als ästhetische Sollbruchstelle betrachtet werden.

Sicher ist das Buch auch unterhaltsam, wenn es nicht von Pastewka, der zu jeder Szene die passende Mimik aufsetzt, vorgelesen wird. Aber wenn er es tut, dann ist es noch ein gutes Stück amüsanter, wie sich am Mittwoch zeigte.

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