Wer gut schwimmen kann, darf kostenlos reiten

Neunkirchen · Werner Euskirchen ist seit 1991 Präsident des Landesverbands für Modernen Fünfkampf Saar. Im Gespräch mit SZ-Mitarbeiter Sebastian Zenner erklärt Euskirchen unter anderem, wie er mehr Kinder und Jugendliche an seine Sportart heranführen will.

 Werner Euskirchen und das verbandseigene Pferd Moses, das auf dem Landgestüt Zweibrücken steht: Mit Moses bietet der Fünfkampf-Verband Kutschfahrten an, damit Geld in die Kasse kommt. Foto: Oliver Dietze

Werner Euskirchen und das verbandseigene Pferd Moses, das auf dem Landgestüt Zweibrücken steht: Mit Moses bietet der Fünfkampf-Verband Kutschfahrten an, damit Geld in die Kasse kommt. Foto: Oliver Dietze

Foto: Oliver Dietze

Herr Euskirchen , der Moderne Fünfkampf mit (Laser-)Pistolenschießen, Degenfechten , Schwimmen, Springreiten und Querfeldein-Laufen ist - aufbauend auf dem antiken Fünfkampf - eine der ältesten olympischen Disziplinen. Dem Landesverband Saarland gehören nur zwei Vereine mit 25 Mitgliedern an. Wie wollen Sie den Modernen Fünfkampf wieder modern machen?

Werner Euskirchen : Ich will eine Jugendmannschaft aufbauen und das machen, was die einzelnen Landessportverbände empfehlen. Nämlich Schulen und Eltern suchen, mit denen die Vereine kooperieren können, um dort neue Mannschaften aufzustellen. So könnte man wieder einen Kader bilden, aber das braucht natürlich Geld. Man kann keine junge Familie damit anlocken, dass sie für ihr Kind Reitstunden, eine Fechtausrüstung, den Eintritt für das Schwimmbad und anderes bezahlen muss. Wir gehen beispielsweise so vor: Wer gut schwimmen kann, darf bei uns kostenlos reiten.

Wie viele Fünfkämpfer gab es im Saarland zu besten Zeiten?

Euskirchen : Da waren es vielleicht 30. Es ist halt keine Massensportart und wird es wohl auch nicht mehr. Wir haben gerade einmal zehn aktive, junge Sportlerinnen und Sportler und müssen quasi ganz unten anfangen. Das Potenzial könnte bei bis zu 150 Mitgliedern liegen. Mehr wäre aus organisatorischer Sicht problematisch. Bei uns gibt es fünf unterschiedliche Sportarten. Und weil wir keine eigenen Trainer haben, sollen die Kinder in anderen Vereinen trainieren. In den Ferien wird das Training forciert.

Wie werden die Kinder an die Sportarten herangeführt?

Euskirchen : Am Anfang wird nur in den körperlichen Disziplinen Schwimmen und Laufen trainiert. Nach und nach kommt dann das Reiten und das Fechten dazu. Erst ab zwölf Jahren geht es dann auch zum Schießen, so dass keine starke Belastung entsteht. Der Aufwand für die Eltern beschränkt sich auf die Fahrdienste zu den einzelnen Vereinen. Finanziell helfen wir mit.

Kommt es vor, dass Kinder und Jugendliche sich aus sportlichen oder anderen Gründen für eine Sportart entscheiden und dem Fünfkampf so verloren gehen?

Euskirchen : Das können und wollen wir nicht verhindern. Wenn beispielsweise die Schwimmer uns in der Ausbildung der Sportler unterstützten und plötzlich ein Schwimm-Talent unter unseren Mitgliedern ist, dann suchen wir den Kontakt zu den Eltern. Wir wollen ja kein Talent mit den anderen Sportarten behindern. Wir beobachten den Werdegang des Kindes weiterhin und freuen uns darüber, dass es über uns zum Beispiel zu einem besonderen Schwimm-Talent geworden ist. So lief es ja auch bei meiner Tochter Astrid, die wir sozusagen den Fechtern übergeben hatten, wo sie in dieser Einzeldisziplin Weltmeisterin geworden ist.

Kommen solche Situationen häufig vor? Bei gerade einmal 25 Mitgliedern ist schließlich jeder Verlust schmerzhaft.

Euskirchen : Etwa die Hälfte des Nachwuchses fällt uns bedauerlicherweise im Laufe der Zeit weg. Allerdings nicht nur wegen der Spezialisierung in einer Sportart, sondern aus unterschiedlichen Gründen, wie der hohen zeitlichen oder schulischen Belastung.

Wo sehen Sie die Zukunft des Modernen Fünfkampfs in einer individualisierten Gesellschaft?

Euskirchen : Es bleibt eine Randsportart, die für ein paar Leute interessant bleibt, die die Chance erkennen, die der Fünfkampf ihnen bietet. Nämlich eine unheimliche Allgemeinbildung - nicht nur vom Sportlichen her gesehen. Nicht der beste Schwimmer ist auch am besten für Fünfkampf geeignet, sondern der Fünfzehnte eines großen Vereins, der vielleicht nicht die Voraussetzungen hat, ganz vorne mitzuschwimmen. Im Fünfkampf könnte er schon zu den Besten gehören.

Wie ist ihr Verband infrastrukturell aufgestellt?

Euskirchen : Wir haben keine Probleme. Dadurch, dass wir so wenige Mitglieder haben, kommen wir mit den anderen Vereinen gut aus. In dieser Hinsicht ist die Solidarität der einzelnen Sportverbände durchweg vorhanden. Wir streben an, in Homburg-Einöd ein kleines Zentrum für das Saarland zu errichten und in Zweibrücken für Rheinland-Pfalz. Die beiden Landesverbände könnten dann nach dem Beispiel des Olympiastützpunktes Rheinland-Pfalz/Saarland unter einem gemeinsamen Dach eng kooperieren. Gemeinsames Training und bessere Ausnutzung der Trainingsausrüstung nebst Pferd wären dann möglich.

Wie sieht es finanziell aus?

Euskirchen : Solange es uns gelingt, das notwendige Geld durch eigene Tätigkeiten und Überzeugung von Sponsoren zu erarbeiten, haben wir keine Probleme.

Warum sollten sich junge oder ältere Menschen für den Modernen Fünfkampf entscheiden?

Euskirchen : Wenn man nur eine Sportart betreibt, bleibt man auf diese nun einmal beschränkt. Die Reiter bleiben in ihren Reithallen , die Schwimmer in den Bädern - und so weiter. Als Fünfkämpfer sind sie überall zu Hause. Dadurch bekommt man Weitblick und lernt, sich in verschiedene Situationen hineinzuversetzen. Die Anforderungen sind nicht nur körperlicher, sondern auch geistiger Natur. Man braucht auch in keiner der fünf Sportarten Höchstleistungen zu vollbringen, um beispielsweise an den deutschen Meisterschaften teilnehmen zu können. Weil es auf der Welt nur wenige Moderne Fünfkämpfer gibt, schafft man es auch etwas leichter zu internationalen Wettkämpfen und kommt so viel herum.

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