Auch ein Lehrer kann manchmal Hilfe brauchen

Im Landkreis Neunkirchen – wie auch landesweit – wächst die Zahl an Beratungsanfragen an den Schulpsychologischen Dienst. Dabei werden vor allem Fälle mit intensivem Beratungsbedarf oder schwierigen Ausgangsbedingungen häufiger, wie Diplom-Psychologe Marc Hoffmann im Interview mit SZ-Redakteurin Claudia Emmerich feststellt.

 Das aktuelle Team des Schulpsychologischen Dienstes Neunkirchen: Marc Hoffmann und Carina Epple-Trittelvitz (sitzend), Barbara Sourisseaux (Sekretariat), Claudia Eckert-Tagelsir (stehend). Foto: Cayrol

Das aktuelle Team des Schulpsychologischen Dienstes Neunkirchen: Marc Hoffmann und Carina Epple-Trittelvitz (sitzend), Barbara Sourisseaux (Sekretariat), Claudia Eckert-Tagelsir (stehend). Foto: Cayrol

Foto: Cayrol

Der Schulpsychologische Dienst ist das ganze Jahr über Ansprechpartner für Schüler und Erziehungsberechtigte, aber auch für Lehrer . Warum wenden sich Schüler an Sie?

Hoffmann: Wenn sich Schüler eigeninitiativ melden, dann handelt es sich oft um ältere Jugendliche oder volljährige Schüler . Themen sind dann häufig Leistungsprobleme, Ängste im Zusammenhang mit Leistungssituationen, Konflikte im Schulalltag oder sonstige emotionale Belastungen.

Kommen auch mal minderjährige Schüler ohne Wissen der Eltern zu Ihnen?

Hoffmann: Das kommt vereinzelt vor und wird dann meist durch Lehrpersonen oder auch durch Schoolworker-Kollegen vermittelt. Allerdings muss man sagen, dass dies einen Ausnahmefall darstellt. Denn für eine schulpsychologische Beratung von minderjährigen Schülern wird normalerweise die Zustimmung der Erziehungsberechtigten benötigt. Unsere Dienstordnung sieht zwar als Ausnahme die Möglichkeit eines ersten Gesprächs ohne Wissen der Eltern auf Wunsch des Schülers vor. Wird dabei weiterer Unterstützungsbedarf deutlich, werden die Erziehungsberechtigten darüber aber informiert.

Und warum nehmen Erziehungsberechtigte Kontakt zu Ihnen auf?

Hoffmann: Das kann reichen von Hausaufgabenproblemen, über Teilleistungsschwierigkeiten in Deutsch oder Mathematik, über Aufmerksamkeits- und Konzentrationsprobleme, über komplettes schulisches Leistungsversagen oder auch vermutete Hochbegabung, über Schulangst, Schul unlust oder Schulverweigerung, über Konflikte mit anderen Schülern und Mobbingsituationen, über depressive Symptomatik und selbstverletzendes Verhalten bis hin zu Disziplinschwierigkeiten und aggressivem Verhalten.

Das soll alles der Schulpsychologische Dienst dann lösen?

Hoffmann: Je nach Art und Intensität eines Problems können wir Diagnostik und Intervention nicht alleine leisten. Deshalb kommt es vor, dass wir Familien empfehlen, entsprechende Fach-Stellen und Fachkräfte hinzuzuziehen.

Und was liegt Lehrkräften am oder auf dem Herzen?

Hoffmann: Auch ein breites Spektrum. Sie hätten gern Informationen zu Handlungsmöglichkeiten bei einem bestimmten Störungsbild. Oder sie wünschen Feedback- oder Coaching zum Umgang mit einer schulischen Konflikt- oder Krisensituation. Oder sie brauchen Beratung zum Umgang mit schwierigen Klassenkonstellationen. Auch Fragen zur persönlichen beruflichen Rolle oder zu Aspekten der Belastung und Lehrergesundheit sind mögliche Beratungsthemen, werden allerdings bislang noch eher selten als Anliegen formuliert.

Hat sich denn inhaltlich etwas verändert in den letzten Jahren?

Hoffmann: Die Fälle scheinen häufiger zu werden, bei denen die Frage einer Störung im Bereich der Emotionen oder des Verhaltens im Raum steht. Auf Seiten der Schulen und der Lehrpersonen scheint der Bedarf an Beratungen zu komplexen Problemlagen in der Arbeit mit Schülern und Familien und zum Handlungsmanagement bei Krisenfällen zu wachsen.

Mehr Beratungen also?

Hoffmann: Insgesamt stellen wir - in unserem Landkreis, aber auch saarlandweit - eine wachsende Zahl an Beratungsanfragen fest. Dem Eindruck nach werden dabei insbesondere Fälle mit intensivem Beratungsbedarf oder schwierigen Ausgangsbedingungen häufiger.

Den Ersttermin bekommen Ratsuchende relativ schnell, meist in sieben bis 14 Tagen, heißt es. Für weitere Termine gibt es allerdings eine Warteliste. Wie lange dauert diese Wartezeit in der Regel?

Hoffmann: Der schnelle Ersttermin soll eine zeitnahe erste Einschätzung ermöglichen, andererseits auch eine schnelle Weiterverweisungs-Empfehlung in Fällen, wo dies sinnvoll oder notwendig erscheint. Die Wartezeit auf diagnostische Termine und weitere Beratungstermine nach dem Erstgesprächstermin fluktuiert über das Schuljahr immer ein wenig. In den letzten Jahren konnten wir die Wartezeit meist bei zirka vier bis fünf Monaten halten. Durch eine hohe Anmeldequote im laufenden Schuljahr und organisationsinterne Faktoren wie zum Beispiel Elternzeitvertretung liegen wir momentan leider sogar bei einer Wartezeit von zirka sechs bis sieben Monaten. Aber das darf nicht zu Abstrichen an der Qualität führen.

landkreis-neunkirchen.de

Zum Thema:

Auf einen BlickDer Schulpsychologischen Dienst ist ein kostenfreies Angebot des Landkreises Neunkirchen . Die Anmeldung zur Beratung ist freiwillig. Die Berater unterliegen der Schweigepflicht. Und die Berater sind neutral - sie stehen weder "auf der Seite der Schule" oder "auf der Seite der Eltern". Beratungstermine gibt es nur nach voriger Kontaktaufnahme und Anmeldung. Kontakt: Schulpsychologischer Dienst Landkreis Neunkirchen , Lindenallee 13 (Gesundheitsamt) in Neunkirchen , Telefon (0 68 24) 906-88 67 oder E-Mail an schulpsy@landkreis-neunkirchen.de. cle

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