Hitze-Horror auf den Gleisen

Neunkirchen · Zwangsstopp kurz vor dem Neunkircher Hauptbahnhof: Ein Zug der Privatbahn Vlexx musste am Freitagmorgen mit einem technischen Defekt stoppen. Die rund 80 Fahrgäste warteten Stunden in den Abteilen auf einen Ersatzzug.

 Völlig erschöpft: Ein Vlexx-Zug ist am Freitagmorgen etwa 800 Meter vor dem Neunkircher Bahnhof liegengeblieben. Die Passagiere steckten fast drei Stunden fest. Foto: Becker&Bredel

Völlig erschöpft: Ein Vlexx-Zug ist am Freitagmorgen etwa 800 Meter vor dem Neunkircher Bahnhof liegengeblieben. Die Passagiere steckten fast drei Stunden fest. Foto: Becker&Bredel

Foto: Becker&Bredel

Es ist eine Horrorvorstellung: Draußen sengende Hitze, der Zug bleibt auf freier Strecke liegen, nichts geht mehr. Klimaanlage aus, Türen zu, gutgemeinte Vertröstungen des Zugpersonals. Genau das hat am Freitag Tamara Pick erlebt. Die 21-Jährige ist morgens um kurz vor neun Uhr in Saarbrücken gestartet. Ihre Mutter Kirsten Braun wollte sie 20 Minuten später am Hauptbahnhof Neunkirchen abholen. Tatsächlich vergingen rund drei Stunden. "Es hieß zuerst, es gebe eine kurze Verzögerung." Die Zugbegleiterin, berichtet Pick weiter, habe erläutert, der Zug werde "runtergefahren" wegen eines technischen Defektes. Da waren alle noch guter Dinge, der Zwangsstopp bliebe eine Sache von ein paar Minuten. "Irgendwann wurde die Luft dick", sagt Pick, denn die Klimaanlage war mit dem Abschalten der Zugtechnik natürlich aus. Es dürfte eine dreiviertel Stunde gedauert haben, bis ein Mann in Sicherheitsweste zugestiegen sei und sich nach dem Zustand der Reisenden erkundigt habe, schätzt sie. Tamara Pick hält sich selbst für nicht allzu hitzeempfindlich, aber die Luft im Zug wurde zunehmend schlechter: "Es war wie in den Tropen." Ein Fenster öffnen? Geht nicht, habe das Personal geantwortet. Raus aus dem Zug? Aus Sicherheits- und Versicherungsgründen nicht gestattet. Irgendwann hat die junge Frau mitbekommen, dass ganz vorne am Zug eine Tür offen war. Sie durfte mit - denn sie leidet unter Angstattacken. Pick: "Es ging allen schlecht im Zug. Da waren auch zwei Babys, die durch die Hitze rote Köpfe bekamen. Die Eltern hatten Angst."

Der betroffene Zug gehört zum Unternehmen Vlexx, das seit Ende 2014 Nahverkehrsstrecken an der Saar und in Rheinland-Pfalz bedient. Wie die Bahnpolizei mitteilte, war er etwa 800 Meter vor dem Neunkircher Bahnhof liegengeblieben. Feuerwehr und Rotes Kreuz versorgten die Passagiere ärztlich und mit Wasser. Die Vlexx-Pressestelle erläuterte am Nachmittag, rund 80 Passagiere waren betroffen. Sie spricht von einem Elektronikschaden aufgrund der hohen Temperatur. Der Zug mit Abfahrt 8.51 Uhr ab Saarbrücken Hauptbahnhof war auf dem Weg nach Frankfurt. Nach Verständigung des Notfalldienstes von Vlexx und DB Netz wurde demnach zunächst versucht, den Zug abzuschleppen. Das ging nicht. Die Deutsche Bahn fuhr dann ein Fahrzeug auf das Nachbargleis, in das die Fahrgäste umstiegen.

Vlexx erläutert, aus Sicherheitsgründen sei es nicht möglich gewesen, die Fahrgäste aus den Abteilen aussteigen zu lassen. Aufgrund der mehrstündigen Panne kam es auf der Strecke zu weiteren Verspätungen. Vlexx bedauere die Unannehmlichkeiten und bitte die betroffenen Fahrgäste um Entschuldigung. Auf Nachfrage, wie es denn mit einer Entschädigung der Passagiere aussehe, heißt es, die sei im Rahmen der Fahrgastrechte gegeben. Ein entsprechender Link auf die Internetseite führt zu den "Fahrgastrechten im Überblick". Dort ist unter "Entschädigung für verspätete Ankunft" nachzulesen, bei der Einzelfahrkarte etwa werde ab 120 Minuten 50 Prozent des Preises gezahlt. Entschädigungsbeträge unter vier Euro werden nicht ausgezahlt.

Fahrgast Tamara Pick dürfte damit nicht einverstanden sein. Sie sagte gestern Mittag, endlich in Neunkirchen angekommen, sie würde das Unternehmen am liebsten verklagen.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort