Unterwegs mit einer Vielfahrerin Eine Radtour fürs Verständnis

Neunkirchen · Die neue Ortsgruppe des Fahrradclubs hat sich mit Mitarbeitern der Verwaltung am Donnerstag eine Radstrecke von Neunkirchen nach Wellesweiler vorgenommen. Einige Schwachstellen wurden deutlich.

 Bürgermeister Aumann (links), ADFC-Landeschef Fläschner und Ortsgruppen-Sprecher Birtel fahren beim Start voraus. Foto: Hiegel

Bürgermeister Aumann (links), ADFC-Landeschef Fläschner und Ortsgruppen-Sprecher Birtel fahren beim Start voraus. Foto: Hiegel

Foto: Hiegel

Ist der liebe Gott Fahrradfahrer? Zum Start der Erkundungstour, zu der die neue Neunkircher Ortsgruppe des Allgemeinen Deutschen Fahrradclubs, kurz ADFC, ihre Mitglieder und Vertreter der Verwaltung am Donnerstagnachmittag eingeladen hat (die SZ berichtete bereits kurz), scheint die Sonne. Ein paar Wolken sind am Himmel, aber für die rund zweistündige Fahrt könnte es vielleicht regenfrei reichen. Auf dem Parkplatz am Spitzbunker trudeln die Radler gegen 15.30 Uhr ein. Die beiden Ortsgruppen-Sprecher Axel Birtel und Udo Lehmann haben sich Verstärkung geholt: Der Landesvorsitzende Thomas Fläschner fährt mit. Die Stadtverwaltung ist gut vertreten: Bürgermeister Jörg Aumann , Peter Städtler (Leiter Tiefbau), Jörg Lauer (Leiter Stadtplanung) und Ralf Schwender vom Betriebshof. Die ADFC-Ortsgruppe möchte den Männern aus dem Rathaus an einer exemplarischen Route verdeutlichen, wo Radfahrer in der Stadt Probleme haben mit den für sie bestimmten Strecken.

Fast alle mit Helm

Männer ist ein Stichwort: Unter den 16 Teilnehmern der Fahrt ist gerade einmal eine Frau. Auch beim Alter gibt es eine klare Richtung: Graues Haar unter dem Fahrradhelm (fast alle Fahrer sind behelmt) dominiert.

Unter die Gruppe am Spitzbunker hat sich aber auch ein Mann im feinen Zwirn geschlichen. Er wird von Bürgermeister Aumann entsprechend begrüßt. Wo er denn sein Rad gelassen habe, fragt Aumann seinen Ex-Kollegen, den neuen Landrat Sören Meng. Der lächelt breit und erklärt, er müsse schon um 18 Uhr in Trier sein wegen eines Termins beim Bischof. Meng ist an den Spitzbunker gekommen, um der neuen ADFC-Gruppe seine Unterstützung zuzusagen. Der Radsport habe im Kreis "absolut Potenzial", der Boom der E-Bikes werde in den kommenden Jahren noch viele Räder auf die Straße bringen. Das sieht auch Aumann so. Ihm gehe es darum, Menschen zum Radfahren zu motivieren. Je mehr Radfahrer auf der Straße, um so mehr müssten sich die Autofahrer mit ihnen auseinandersetzen und Rücksicht nehmen. "Die Straße gehört allen", sagt der Bürgermeister. Auch Fläschner und Birtel stellen in ihrer Begrüßung klar, dass sie keine utopischen Vorstellungen haben, was die Stadt für den Radverkehr machen solle. Im Gegenteil. Birtel sagt, der Weg entlang der Bliesstraße sei gut ausgebaut, hier und da fehle der letzte Schliff.

Touristischer Radweg?

Birtel führt die Gruppe auf den touristischen Radweg. Und damit wird schon ein erstes Problem deutlich. Touristischer Radweg? Wo soll es denn da jetzt langgehen? An der Kreuzung Lindenallee/Gustav-Regler-Straße führt der Ortsgruppen-Sprecher in Richtung Blies. An der Ampel weist ein ADFC-Mann darauf hin: Der Radweg endet schon ein Stück früher. Genau genommen müsste ein Radler auf dem Bürgersteig an der Ampelanlage absteigen und über die Kreuzung schieben. Aumann nickt: "Die Radwege sind oft geplant worden von Leuten, die keine Radfahrer sind." - Oder sich nicht für deren Belange interessieren, murmelt ein Mitfahrer. Am Autoverleih fährt die Gruppe hinunter zur Blies und kommt dann vor dem Lübbener Platz wieder raus. Und wo führt hier der Radweg lang? Tatsächlich gibt es einen Miniaufkleber, der vor der SZ-Lokalredaktion nach links Richtung Wilhelmstraße weist. "Ich hätte gedacht, der Radweg geht über den Lübbener Platz", sagt Stadtplaner Lauer. Im Übrigen, da ist sich die Rathausmannschaft bei diesem Stopp einig, sollte der breite Platz für den Radverkehr freigegeben werden. Die ADFC-Leute wünschen sich dort Abstellmöglichkeiten, wie es sie auf der anderen Seite der Lindenallee auf dem Stummplatz gibt.

Eine größere Radgruppe macht auf der Straße Eindruck. Da klingeln einem Aumanns Worte in den Ohren. In der Ludwigstraße (der Radverkehr ist gegen die Einbahnstraße erlaubt) bleiben ein paar Autos geduldig stehen, bis sich die Drahtesel-Kette an ihnen vorbeigeschoben hat. Auch beim Überqueren der Brückenstraße zeigen die Autofahrer Langmut. An der Blies wird die Strecke in der Folge schöner, entlang des Gewerbegebietes allerdings zeigt Neunkirchen nicht unbedingt seine Schokoladenseite. Immerhin, es ist ein ruhiges Stück ohne Begegnungen mit Autos. Weiterer Halt an der Einmündung in die Wellesweilerstraße auf Höhe der Firma Biehl. Eine Gefahrenstelle, erläutern die ADFC-Leute. Der Radweg endet abrupt. Sie sähen gerne einen Radschutzstreifen bis zum nächsten Kreisel. "Ich will jetzt nicht über die Haushaltslage diskutieren. Wir sind froh, wenn wir die Infrastruktur halten können", entgegnet Tiefbau-Leiter Städtler. Beide Seiten diskutieren Ideen, suchen nach Lösungen.

Der Weg wird holprig. Richtung Wellesweiler gibt es auch unterm Treten das ein oder andere Rad-Gespräch, etwa über den Vorzug von schlauchloser Bereifung. In der Wellesweiler Ortsmitte landet die Gruppe im Feierabendverkehr. Stress für beide Seiten. Zurück Richtung Neunkirchen ärgert sich Bürgermeister Aumann lautstark über ein Auto mitten auf dem Radweg. Das müsse ja wohl nicht sein, schimpft er. Tiefer abgesenkte Bordsteine und einige fehlende Hinweisschilder beschäftigen die Gruppe auf dem Rückweg. Dann kommt der Regen. Der liebe Gott hat es wohl mehr mit ganz kurzen Touren.

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