Ein Haushalt mit Risiken

Neunkirchen · Erleichterung, weil die Auflagen eines Haushaltssanierungskonzepts vermieden wurden. Aber auch der Hinweis, dass Unwägbarkeiten wie die Zukunft des Städtischen Klinikums nicht „verarbeitet“ sind. Wie die Fraktionen im Neunkircher Stadtrat den Etat 2015 beurteilten, gibt SZ-Redakteur Gunther Thomas in Auszügen wieder.

"Das waren die schwersten Haushaltsberatungen, seit ich bei der Stadt bin", stellte Oberbürgermeister Jürgen Fried fest, als er in der jüngsten Sitzung des Stadtrates die Haushaltsdebatte eröffnete. Der Etat 2015, der eine Deckungslücke von 6,3 Millionen Euro aufweist, wurde - wie in der SZ schon berichtet - im Rat einstimmig verabschiedet. Frieds Äußerung bezog sich darauf, dass die Stadt alle Register ziehen musste, um den Status einer Haushaltssanierungskommune zu vermeiden, sprich, ihren Handlungsspielraum durch Auflagen der Kommunalaufsicht stark eingeengt zu sehen. Dies betreffe mittlerweile wohl 40 der 52 Saar-Gemeinden, schätzt der OB. "Wir befinden uns gegenüber anderen Kommunen noch in einem komfortablen Bereich."

Die Kreisumlage ("mittlerweile ein Drittel des städtischen Haushaltsvolumens") und den Gewerbesteuer-Rückgang in Neunkirchen ("nicht so ganz verständlich, weil die Wirtschaft gut funktioniert") machte Fried als wesentliche Negativfaktoren aus. Er räumte ein: "Unsere Hoffnung, 2017 schon einen ausgeglichenen Haushalt zu haben, haut noch nicht hin!"

Mit Blick nach außen wiederholte der Rathauschef bekannte Forderungen: Der Bund müsse bei den Soziallasten mehr tun, das Land müsse ein Unterstützungspaket für die Kommunen schnüren und die Landkreise müssten in die Haushalts-Konsolidierung eingezogen werden.

Schwender: Einnahmeproblem

Für die stärkste Fraktion erklärte Willi Schwender die Bereitschaft der SPD , an allen Anstrengungen mitzuarbeiten, um den finanziellen Spielraum der Stadt zu erhalten. Der Fraktionschef wies auch auf Risiken des Jahres 2015 hin: Die Konsequenzen aus der Abgabe des Städtischen Klinikums und die ungewisse Entwicklung beim Flüchtlingszuzug. Schwender kritisierte, dass sich im Zusammenhang mit dem Junkernheinrich-Gutachten, "die Diskussion zu sehr auf den Personalabbau fokussiert". Dieser könne für den Bürger einen hohen Preis, nämlich Abbau von Leistungen, haben. Die Landesregierung konzentriere sich zu sehr auf das - sicherlich notwendige - Sparen. "Wir sollten überlegen, ob wir nicht ein Einnahmeproblem im Saarland haben", stellte Schwender fest und forderte diesbezüglich einen Vorstoß des Landes beim Bund.

Albert: Mittel sperren

"Wir entscheiden heute über einen Haushalt, der uns allen nicht gefällt", merkte CDU-Fraktionschef Karl Albert an. Man sei "vorbeigeschrammt" an einem Sanierungskonzept. Er sprach von einem "Haushalt der Unsicherheit", weil das "Hauptrisiko Städtisches Klinikum" noch nicht dargestellt werden könne. In diesem Zusammenhang regte er an, "bestimmte Haushaltsmittel" zu sperren, bis die Situation ums Klinikum geklärt sei. Zudem verabschiede man nun einen "Durchgangsetat", weil ein Nachtragshaushalt sicher komme. Albert nannte die Kreisumlage "fast schon sittenwidrig". Auch formulierte der Christdemokrat eine klare Absage an "Träume von der Renovierung des Ellenfeldstadions" und forderte von den Borussen-Verantwortlichen "einen gesteigerten Sinn für Realität".

Küntzer: Ellenfeld retten

Die Sprecherin der Linken, Andrea Küntzer, kritisierte es dagegen als "unverantwortlich", dass sich die Stadt in Sachen Ellenfeld "komplett rauszieht". Man müsse zur Rettung des Stadions auch den DFB kontaktieren. Neunkirchen sei nicht nur eine Musical-Stadt, sondern immer schon eine Sport-Stadt. Küntzer forderte daneben auch eine "praxisnähere Lösung" für Krippenplätze, die gerade in der Innenstadt gebraucht würden. Auch die Linke sieht die Ursache der kommunalen Finanz-Malaise in der "vollkommen verfehlten Bundespolitik ".

Schmidt: Kreise reduzieren

Für die Fraktionsgemeinschaft aus Grünen und FDP forderte der Altliberale Siegfried Schmidt unter anderem, die Zahl der Landkreise zu verringern oder sie ganz abzuschaffen. Der Rotstift müsse auch bei politischen Ämtern angesetzt werden, so Schmidt, der einmal mehr die Kultur der "politischen Versorgungsposten" im Land rügte. Bevor auch nur einer dieser Posten verloren gehe, schließe man lieber Bäder.

Latterner: Muss Musical sein?

Steven Latterner lobte für die Piraten den von der Stadt eingeschlagenen Sparkurs, stellte aber die Subventionierung des Musicalprojekts in Frage. "Müssen wir in Zeiten wie diesen unbedingt eine Musicalstadt sein?" Die 100 000 Euro Defizit könnten nach Meinung der Piraten besser investiert werden. Latterner hob auch hervor, dass für die junge Generation in Neunkirchen äußerst wenig geboten werde.Foto: Seeber

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