Behindertengerechtes Bad mit Hindernissen

Neunkirchen · Behindertenvertreter haben am Neunkircher Schwimmbad „Die Lakai“ einiges zu bemängeln. Vor allem der Badlifter gerät dabei in die Kritik.

 Für Menschen mit Behinderung ist ein Besuch im Neunkircher Hallenbad „Die Lakai“ nicht selten mit Hindernissen verbunden. Foto: Willi Hiegel

Für Menschen mit Behinderung ist ein Besuch im Neunkircher Hallenbad „Die Lakai“ nicht selten mit Hindernissen verbunden. Foto: Willi Hiegel

Foto: Willi Hiegel

Michael Wagner ist auf einen Rollstuhl und Gehhilfen angewiesen. Die Krankheit Multiple Sklerose macht seinem Körper zu schaffen. Um sich fit zu halten, zieht der ehrenamtliche Behindertenbeauftragte von Dudweiler regelmäßig seine Bahnen im Schwimmbad. Eigentlich seit Jahren im Sulzbacher Vopeliusbad, doch da dieses momentan wegen Sanierung geschlossen ist, suchte er nach einem Ersatz. Die Wahl fiel auf "Die Lakai" in Neunkirchen. Und dort stieß er auf die ein oder andere Schwierigkeit.

Hauptsächlich der Lifter, der Behinderten ins Becken und wieder heraushelfen soll, ist dabei ein Problem. Wagner ist mit 1,90 Metern recht groß, knapp 90 Kilogramm bringt er auf die Waage. Der Lifter wird allerdings von Hand betrieben. Mittels einer Stange am Beckenrand, Schlaufen, Haken, Ösen und Muskelkraft geht's dann ins Becken. Bei Wagner muss dazu so viel Kraft aufgebracht werden, dass er auf Unterstützung angewiesen ist. Noch schwieriger wird's beim Ausstieg. Menschen mir Behinderung müssen dazu selbst mit Haken und Schlaufen hantieren oder eine Begleitperson mitbringen, die diese Aufgabe erfüllt. Das Badpersonal hat Aufsichtspflicht, steigt nicht selbst ins Becken. Ein Umstand, der Dunja Fuhrmann schon Nerven kostete. Die stellvertretende Leiterin des Landesverbandes Selbsthilfe Körperbehinderter Saarland (BSK) wurde beim Eintauchen ins Nass nach eigenen Angaben auf das Prozedere beim Verlassen nicht hingewiesen. Beim Angurten ging ein Haken verloren, nachdem dann umständlich getaucht werden musste. "Der Lifter wird jedes Mal neu installiert. Dann muss man die Tücher durchziehen und die Haken befestigen. Ein superblödes Ding", so Fuhrmann über den Lifter. Sie musste, nachdem sie Eintritt bezahlt hatte, eine halbe Stunde warten, bis man ihr ins Becken half. "Der Sprungturm war geöffnet", berichtet sie. Dadurch habe es an Personal gefehlt, um Aufsicht und Einstiegshilfe gleichzeitig zu bewerkstelligen. Zudem haben Fuhrmann und Wagner Mängel an der Behinderten-Umkleidekabine festgestellt. So fehle es an einer fest montierten Liege, an Haltegriffen in der Dusche und an ausreichend Platz. Wagner hat sich dann auch per Brief an die Stadt gewandt, um Probleme anzusprechen. Antwort kam von Jörg Aumann, Bürgermeister der Stadt: "Da Sie aufgrund der bestehenden körperlichen Beeinträchtigung allerdings nicht in der Lage sind, selbstständig in die Becken ein- und wieder auszusteigen, möchte ich Sie bitten, künftig eine geeignete Begleitperson mitzubringen, die Ihnen dabei behilflich ist." Wagner hingegen sagt: "Meines Erachtens liegt das eigentliche Problem beim wenig bedienungs- und benutzerfreundlichen Beckenlifter." Und Fuhrmann ergänzt: "Ein B für Begleitperson im Behindertenausweis bedeutet nicht, dass man ohne Begleitperson nichts tun darf."

 Michael Wagner Foto: Langenstein

Michael Wagner Foto: Langenstein

Foto: Langenstein

Auf SZ-Anfrage antwortet die Pressestelle der Stadt: "Beim Bau des im Mai 2009 eröffneten Neunkircher Kombibades ‚Die Lakai' wurden selbstverständlich auch die Aspekte der Barrierefreiheit berücksichtigt und seither weiterentwickelt." Man sei für konstruktive Kritik und Verbesserungsvorschläge offen. Bei der Umsetzung bittet man jedoch um Geduld, es seien "zunächst noch technische Fragen zu klären und natürlich auch die erforderlichen finanziellen Mittel im Haushalt bereitzustellen". Jedoch: "Trotzdem wird es auch künftig bei allen Bemühungen immer wieder Fälle und Situationen geben, wo diese Freiheit, zudem abhängig von der Art und Intensität der jeweiligen körperlichen und geistigen Einschränkungen Betroffener, noch an Grenzen stoßen wird." Feste Zeiten, in denen behinderte Menschen das Bad nicht nutzen könnten, gäbe es nicht. Allerdings gäbe es Sprungzeiten, zu denen "aus Sicherheitsgründen dann aber das halbe Schwimmerbecken gesperrt werden muss." Und auch eine erhöhte Aufsichtspflicht gelte. Dies sei immer samstags zwischen 15 und 17 Uhr, zweimal für jeweils eine halbe Stunde. Sollte es hier zu Wartezeiten kommen, könne man, etwa mit einem Zeitausgleich, entgegenkommen, so die Stadtpressestelle. Welche Voraussetzungen eine "geeignete Begleitperson" mitzubringen habe, sei der jeweiligen Behinderung geschuldet. Allerdings: "Ob das Anschnallen selbst zu den Aufgaben des Badpersonals gehört, ist differenziert zu sehen." Das Personal stelle den Badlifter, bediene diesen und erkläre die Funktionsweise des Gurtes. "Assistiert" werde allenfalls mit kleinen Handgriffen. "Die Badegäste beim Anschnallen darüber hinaus zu ‚stützen, halten oder zu heben', kann jedoch nicht mehr Aufgabe des Badpersonals sein, da insbesondere hier die erforderliche Ausbildung und Erfahrung fehlt." Es könnten Unfallgefahren für Badegast und Personal entstehen. Die Stadtpressestelle: "Kommt der Badegast hier also nicht alleine zurecht, ist eine Begleitperson ‚notwendig', diese zu ersetzen kann nicht Aufgabe des Badpersonals sein."

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