Abgeordnete zieht es in die Militärseelsorge

Neunkirchen · Durch Zufall kam Heidtrud Henn 2013 in den Bundestag. Dort engagierte sie sich für Soldaten, was nicht alle in ihrer Partei verstanden. Nach der Bundestagswahl will sie Militärseelsorgerin werden. Vorher geht's nach Mali.

 Heidtrud Henn im Bundestag: Im Verteidigungsausschuss kümmert sie sich um die Betreuung der Soldaten. Foto: Bundestag

Heidtrud Henn im Bundestag: Im Verteidigungsausschuss kümmert sie sich um die Betreuung der Soldaten. Foto: Bundestag

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Heidtrud Henn fiebert Silvester entgegen. Sie wird den Jahreswechsel im Süden verbringen, bei 30 bis 40 Grad. Aber eine Spaßtour wird es nicht gerade: Die SPD-Bundestagsabgeordnete aus Neunkirchen reist ins afrikanische Mali, eines der ärmsten Länder der Welt. Dort will sie Bundeswehr-Soldaten besuchen. Übernachten wird die 54-Jährige in Zelten und Containern. "Ich will keinen Luxus", sagt Henn. Ein Bundeswehr-Arzt hat sie gewarnt, dass die Malariamücken in dem Land "hellwach und hungrig" seien. Henn fährt trotzdem, sie war beim letzten Silvesterfest bereits im Kosovo. Damals habe sie mit den Soldaten viel geredet, gelacht und geweint. "Wer sich kümmert, braucht kein Megafon", sagt Henn. In Zukunft will sie das Kümmern zu ihrem Beruf machen, doch dazu später mehr.

Die gelernte Floristin, die zur Altenpflegerin umschulte und eine Ausbildung zur Diakonin (ein Sozialberuf mit theologischer Kompetenz) anschloss, spricht gerne von "meinen Soldaten ". In der Bundeswehr hat Henn einen Ruf als Kümmerin. Sie habe "das Herz am rechten Fleck und ihr Ohr an der Truppe", sagt der stellvertretende Bundesvorsitzende des Deutschen Bundeswehrverbandes, Hauptmann Andreas Steinmetz. Als eine von wenigen Abgeordneten im Bundestag setze sie sich wirklich für die Interessen der Soldaten ein. Ihrem Einsatz sei es zu verdanken, dass es viele Verbesserungen für die Soldaten in den Auslandseinsätzen und in der Heimat gebe.

In der SPD hat ihr das alles nicht genutzt. Im Wahlkreis Homburg ließen die Genossen sie bei der Kür des Direktkandidaten durchfallen (was in der Saar-SPD ewig nicht mehr vorkam) und gaben einem 27-jährigen Juristen den Vorzug. Henn sagt, sie hätte ihre Arbeit gerne fortgesetzt. "Leider sieht meine Partei das aus Gründen, die sich mir nicht erschließen, anders." Einen wenig aussichtsreichen Platz auf der Landesliste habe sie abgelehnt, denn darin sehe sie wenig Anerkennung für ihre Arbeit. Wenn es sein muss, kann Henn sehr direkt sein.

Heidtrud Henn und die saarländische SPD - das war von Beginn ihrer Bundestagszeit an kein ganz einfaches Verhältnis. 2013 war die Neunkircher Kommunalpolitikerin nur durch eine Aneinanderreihung glücklicher Umstände in den Bundestag gerutscht. Dass sie große Sympathien fürs Militär hat und im Bundestag unbedingt in den Verteidigungsausschuss wollte, verstehen viele Parteifreunde bis heute nicht. In der Partei ist mitunter zu hören, sie kümmere sich zu wenig um klassische sozialdemokratische Themen. Woraufhin sie zu sagen pflegt, dass es bei der Bundeswehr "nicht um Knall-bumm-peng" gehe, sondern um "gute Arbeit" für Soldaten und zivile Mitarbeiter, das seien schließlich auch Wähler der SPD . Im Verteidigungsausschuss kümmert sich Henn um die seelsorgerische und psychologische Betreuung der Soldaten , Rüstungsprojekte interessieren sie nicht sonderlich. Zuletzt setzte sie sich dafür ein, dass die Fallschirmjäger neue Fallschirme bekommen.

Regelmäßig ist Henn zu Truppenbesuchen unterwegs. Im Norden Malis will sie an Silvester auch mit jenen deutschen Soldaten sprechen, die zur derzeit gefährlichsten UN-Mission gehören - und die übrigens von einem gebürtigen Saarländer geführt werden, Oberstleutnant Michael Hoppstädter.

In Berlin nutzt ihr, dass sie sich gut mit der Spitze des CDU-geführten Verteidigungsministeriums versteht, mit Staatssekretärin Katrin Suder und mit Deutschlands höchstem Soldaten Volker Wieker. Den Generalinspekteur spannte sie ab und an schon für ihre Anliegen ein, etwa für eine Sanierung maroder Duschen in der Zweibrücker Kaserne.

 Anfang 2016 besuchte Henn mit Heeres-Inspekteur Jörg Vollmer (3. von links) die deutschen Soldaten im Nordirak. Foto: PIZ Heer/Bw

Anfang 2016 besuchte Henn mit Heeres-Inspekteur Jörg Vollmer (3. von links) die deutschen Soldaten im Nordirak. Foto: PIZ Heer/Bw

Foto: PIZ Heer/Bw

Die guten Drähte ins Ministerium nutzt Henn nun in eigener Sache. Nach dem Abschied aus dem Bundestag im Herbst 2017 will die Diakonin ihren Einsatz für die Angehörigen der Bundeswehr fortsetzen - als Militärseelsorgerin. Sie führt bereits Gespräche und ist guter Dinge, dass es klappt. Großartig umstellen müsste sich Heidtrud Henn wohl nicht. Als sie 2015 an Silvester im deutschen Feldlager im Kosovo war, hielt sie kurzerhand die Andacht zum Jahresabschluss. Am 31. Dezember wird sie es in Mali wieder tun.

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