Starke Lobbyarbeit für die Opfer

Kreis Neunkirchen · 62 Opfer von Straftaten aus Neunkirchen und Umgebung wandten sich 2016 an den Weißen Ring. Häusliche Gewalt bleibt ein Problem. Ein weit gespanntes Netz hilft.

 Häusliche und sexuelle Gewalt beschäftigt die Mitarbeiter des Weißen Ringes häufig. Aber es gibt auch andere traumatische Situationen. Die Gesamtzahl der betreuten Verbrechensopfer bei der Außenstelle Neunkirchen ist von 2015 auf 2016 um 15 Prozent gestiegen. Foto: Maurizio Gambarini/dpa

Häusliche und sexuelle Gewalt beschäftigt die Mitarbeiter des Weißen Ringes häufig. Aber es gibt auch andere traumatische Situationen. Die Gesamtzahl der betreuten Verbrechensopfer bei der Außenstelle Neunkirchen ist von 2015 auf 2016 um 15 Prozent gestiegen. Foto: Maurizio Gambarini/dpa

Foto: Maurizio Gambarini/dpa

Wenn es sie nicht schon seit über 40 Jahren gäbe, müsste man sie glatt erfinden: die Opferhilfe-Organisation Weißer Ring. Dies sieht naturgemäß der Leiter der Außenstelle Neunkirchen, Jürgen Felix Zeck, ganz genauso. Zur Vorstellung der Jahresbilanz 2016 besuchte er die SZ-Lokalredaktion Neunkirchen.

Die Nachfrage der Menschen, die sich Hilfe vom Weißen Ring erhoffen, belegt diese These. So stieg die Zahl der betreuten Verbrechensopfer um 15 Prozent von 52 Fällen in 2015 auf 62 Fälle im vergangenen Jahr. Die meisten Opfer, nämlich 14, wandten sich wegen eines Sexualdelikts und dessen Folgen an den Weißen Ring. Die Taten reichten von Vergewaltigung bis zur sexuellen Nötigung. Häusliche Gewalt ist mit zwölf Fällen in der Statistik des Weißen Rings für den Landkreis Neunkirchen vertreten. Elf Menschen waren Opfer eines Einbruchs, außerdem wandten sich die Opfer eines Brandes und sogar ein Zeuge einer Straftat an die Organisation. Denn auch Zeugen können zum Opfer werden, wenn sie nämlich dadurch ein Trauma erleiden. Beispiel: Vor einigen Jahren musste eine Frau beobachteten, wie ein Verwandter verprügelt wurde. In solchen Fällen kann es Wochen und Monate dauern, einen Termin bei einem Psychotherapeuten zu bekommen. "Aber es ist sinnvoller, den Menschen zeitnah zu helfen", weiß Jürgen Felix Zeck. Das Psychotrauma verfestige sich sonst und sei nur mit einer teuren Langzeittherapie zu behandeln. Der Weiße Ring vermittelt solche Opfer an eine der beiden saarländischen Trauma-Ambulanzen in Berus beziehungsweise die Dependance in Münchwies, die Kosten werden über das Opferentschädigungsgesetz abgerechnet.

Die Trauma-Ambulanzen gehören zum weit gespannten Netz der Hilfe, zu denen die neun Mitarbeiter und drei Anwärterinnen der Neunkircher Außenstelle des Weißen Rings die Opfer vermitteln können. Etwa den Frauennotruf Saarland für vergewaltigte und missbrauchte Frauen, Nele, die Beratungsstelle gegen sexuelle Ausbeutung von Mädchen, sowie die Beratungs- und Interventionsstelle für Opfer häuslicher Gewalt.

Auch materielle Hilfen sind möglich. Insgesamt 2950 Euro hat die Außenstelle Neunkirchen des Weißen Rings im vergangenen Jahr an Opferhilfe geleistet, etwa durch die Ausstellung von Beratungsschecks für Anwälte oder auch zur Soforthilfe in Notfällen.

Doch die Hilfsorganisation unterstützt nicht nur die Opfer einer Straftat, großes Augenmerk wird auf Prävention gelegt. Mit dem Landesinstitut für präventives Handeln unterzeichne der Weiße Ring dieser Tage einen Kooperationsvertrag, berichtet Zeck. Ziel ist es, über Mobbing in der Schule aufzuklären, damit Schüler hier nicht zum Opfer werden. Gerade Cybermobbing über soziale Medien wird immer mehr zum Thema. Lehrkräfte, Schüler und ihre Eltern sollten schon im Vorfeld aktiv werden.

Was geleistet werde durch den Weißen Ring, sei enorm, betont Zeck. Deshalb bedauere er die Entwicklung besonders, dass es deutschlandweit einen Rückgang an Mitgliederzahlen gebe. Im Landkreis Neunkirchen sei die Mitgliederzahl auf 170 geschrumpft, obwohl es keinerlei Verpflichtungen gebe und der monatliche Beitrag mit 2,50 Euro doch recht gering sei. Sein Resümee: "Ich denke, der Staat kann froh sein, dass es eine Organisation gibt, die sich so intensiv um Opfer kümmert."

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 Jürgen Felix Zeck hilft Opfern. Foto: spe

Jürgen Felix Zeck hilft Opfern. Foto: spe

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Neue Mitglieder hoch willkommen Wer beim Weißen Ring mitmachen oder ihn mit Spenden fördern möchte, wendet sich an Jürgen Felix Zeck, Telefon (0151) 55 16 46 10. Das kostenfreie Opfer-Telefon ist unter 116 006 zu erreichen. Seit einem halben Jahr gibt es auch eine Online-Beratung. Tipps für Kriminalitätsopfer gibt es unter www.infovictims.de

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