Rezepte gegen den finanziellen Kollaps

Kreis Neunkirchen · Die Kreisumlage ist von zuletzt 77,2 Millionen Euro auf 81,6 Millionen Euro gestiegen. Die Kreistagsfraktionen waren sich bei der Haushaltsberatung einig: Die steigenden Ausgaben sind eine Katastrophe.

 Leere Taschen – Kommunen und Kreise ächzen unter steigenden Ausgaben. Foto: Becker&Bredel

Leere Taschen – Kommunen und Kreise ächzen unter steigenden Ausgaben. Foto: Becker&Bredel

Foto: Becker&Bredel

Der aktuelle Haushalt des Kreises Neunkirchen hat ein Volumen von 152 Millionen Euro (Vorjahreshaushalt: 141,5 Millionen Euro ). Die Kreisumlage, also der Part, den die sieben Kommunen des Kreises zur Finanzierung beisteuern, ist von zuletzt 77,2 Millionen Euro auf 81,6 Millionen Euro gestiegen. Die Kreistagsfraktionen waren sich bei der Haushaltsberatung (die SZ berichtete), bei der die AfD nicht vertreten war, einig: Die steigenden Ausgaben sind ein Desaster. Die Ideen gehen auf den ersten Blick auseinander. Während CDU-Fraktionssprecher Lothar Dietz in seiner Haushaltsrede den Fokus stärker auf die eigenen Sparbemühungen gelegt hat, plädierte auf der anderen Seite Linken-Sprecher Manfred Schmidt deutlich für mehr staatliche Unterstützung.

Wie den finanziellen Kollaps vermeiden? Die SZ hat bei den vier an der Debatte beteiligten Kreistagsfraktionen nachgehakt. SPD-Fraktionschef Willi Kräuter : "Was wir sparen können, sind Peanuts gegenüber dem, was wir ausgeben müssen für Sozialausgaben." Es gelte, das Konnexitätsprinzip - wer bestellt, bezahlt - durchzusetzen. Der Bund finanziere nur zu einem geringen Teil die Aufgaben, die er nach unten durchreiche. Das sei das eigentliche Problem. Er habe zwar auch positive Ansätze gemacht, etwa die Grundsicherung im Alter übernommen. Ab 2018 stelle der Bund den Kommunen zudem fünf Milliarden Euro zur Verfügung. Wenn die aber nach dem Gießkannenprinzip verteilt würden, bleibe für den Kreis letztlich wenig. Kräuter : "Der Bund muss stärker eingreifen, das steht außer Frage." Der Sozialdemokrat spricht beispielhaft die Kosten für Flüchtlinge an. Zunächst komme der Bund für entstehende Kosten auf. Sobald diese Menschen aber ins System integriert seien und zum Beispiel über Jugendhilfe oder Kosten zur Unterkunft unterstützt würden, seien sie wieder beim Kreis .

Die CDU hatte bei den Haushaltsberatungen Einsparungen gefordert. Sie wollte sowohl bei der Finanzierung der Tourismus- und Kulturzentrale des Landkreises (TKN) als auch bei den Verwaltungskosten auf die Bremse treten und 280 000 Euro sparen. Die Mehrheit aus SPD , Linke und "freie Piraten" lehnte das ab. Sozialdemokrat Kräuter dazu: "Der Verwaltungshaushalt ist sehr sehr stramm zusammengesetzt." Gleichwohl soll eine Kommission Potenziale ausloten. Auch in Sachen Jugendhilfe werde eine Untersuchung, die seit zwei Jahren laufe, bald in die Beratungen einfließen.

CDU-Sprecher Dietz erklärt seine Position so: "Natürlich schaffen wir es nicht ohne Hilfe von außen, aber zunächst müssen wir unsere Hausaufgaben machen." Er würde gerne an die großen Kostenblöcke Sozial- und Jugendhilfe ran. Die Kosten zur Unterkunft etwa stiegen im Kreis deutlich stärker als in anderen Kreisen, sagt er. Beim Kostenblock Jugendhilfe stellt er die Frage, warum eine in Auftrag gegebene Analyse bereits den Bürgermeistern, aber nicht dem Kreistag vorgestellt worden sei. Und weiter: "Man muss sich schon fragen, warum eine stationäre Unterbringung in der Jugendhilfe im Monat fast 5000 Euro kostet." Insgesamt sieht es die CDU als "falsche Politik, jedes Jahr mehr Geld in die Sozialstruktur zu stecken". Über eine höhere Wirtschaftskraft will sie mehr Arbeitsplätze schaffen und so Menschen aus dem Sozialleistungsbezug holen. Auch steigende Personalkosten sieht Dietz kritisch. Die Verwaltung müsse prüfen, wie mit besseren Abläufen Personal einzusparen sei. Das Rücksichtnahmegebot aus dem Kommunalselbstverwaltungsgesetz, KSVG, und Haushaltserlasse des Innenministers verpflichteten den Kreis , Rücksicht auf die Kommunen zu nehmen.

Für die Fraktion "freie Piraten" sagt Ute Maria Meiser: "Es stimmt, die Haushaltssituation ist desaströs." Im Prinzip seien 95 Prozent des Haushaltes festgeschrieben, da könne der Kreistag nicht steuernd eingreifen. Meiser: "Land und Bund müssen in die Pötte kommen." Das Geld müsse anders verteilt werden, sonst komme der Kreis nicht aus dem Loch heraus.

Das sieht auch Manfred Schmidt , Linke, so: "Land und Bund haben den Kreisen und Kommunen verschiedene Zuwendungen gekürzt, zugleich werden sie für ihren Aufwand nicht entschädigt." Auch er sagt, wer bestelle, müsse auch zahlen. Beim Thema Flüchtlinge etwa lasse man Kreise und Kommunen im Regen stehen. Bund und Land versuchten, ihre Haushalte auf Kosten der Kommunen zu schützen. Die Linke fordere schon seit Jahren höhere Steuersätze für sehr gut verdienende Bürger, eine höhere Steuer auf hohe Erbschaften und eine Transaktionssteuer auf Börsengeschäfte.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort