Wenn Schüler ihre Lehrer beleidigen

Kreis Neunkirchen · Der Schulpsychologische Dienst im Landkreis Neunkirchen ist zuständig für 20 Grundschulen, 13 weiterführende Schulen, drei Berufsschulen und drei Förderschulen. 952 Lehrer halten Unterricht. 10 574 Schüler besuchen allgemeinbildende Schulen.

 Wenn Lehrer Opfer von Mobbing oder Gewalt werden, kann der Schulpsychologische Dienst helfen. Symbolfoto: Michael Seifert

Wenn Lehrer Opfer von Mobbing oder Gewalt werden, kann der Schulpsychologische Dienst helfen. Symbolfoto: Michael Seifert

Foto: Michael Seifert

In dieser Woche starten Lehrer und Schüler aus den Weihnachtsferien wieder in den schulischen Alltag. Nimmt auch an unseren Schulen verbale oder sogar körperliche Gewalt gegen Lehrer zu, wie es jüngst eine bundesweite Umfrage belegen will (siehe "Hintergrund")? "Wenn es eine Zunahme gibt, zeigt sie sich zumindest derzeit nicht in Meldungen bei uns", berichtet auf Anfrage Nicole Klee, Leiterin des Schulpsychologischen Dienstes Landkreis Neunkirchen . "Wir hören aber schon, dass Lehrer von Schülern beleidigt werden, gerade in den sozialen Netzwerken." Von einem körperlichen Übergriff sei dagegen noch nichts aktenkundig, "aber das ist sicher auch ein Tabu-Thema". "Ganz allgemein", so die Expertin weiter, "gibt es einen immer weiter steigenden Beratungsbedarf der Schulen und Lehrkräfte sowie auch der Schüler und ihrer Familien. Die Anfragen an uns werden mehr." Zur Erklärung gehörten sicher die steigenden Herausforderungen an die Schulen etwa durch Inklusion, Neuerungen im Schulsystem oder mehr Kinder mit Migrationshintergrund. Klee spricht auch von einer "zunehmenden Offenheit" bei Lehrern und Schulleitern, Probleme wahrzunehmen und eine Lösung zu suchen - neben eigenen Ordnungsmaßnahmen. Etwa durch Kontakt zum Schulpsychologischen Dienst.

Klee: "Es ist auch unsere Aufgabe, in schulischen Krisen Lehrern, Schulleitern und der gesamten Schule als System unterstützend zu helfen."

Im Landkreis Neunkirchen stellt sich ein dreiköpfiges Psychologen-Team (neben Nicole Klee Marc Hoffmann und Carina Epple-Trittelvitz) dieser Aufgabe. Konkrete Unterstützung bedeutet: Unterrichtsbesuche und Coaching zum Umgang mit einer Klasse, Unterstützung bei Elterngesprächen, Vermittlung bei Konflikten, Fortbildungen und pädagogische Tage, Mitwirkung bei Elternabenden.

Der Schulpsychologische Dienst im Kreis Neunkirchen ist zuständig für 20 Grundschulen , 13 weiterführende Schulen , drei Berufsschulen und drei Förderschulen. 952 Lehrer halten Unterricht, so das Saar-Bildungsministerium auf Anfrage; 10 574 Schüler besuchen allgemeinbildende Schulen .

"Schulen oder Lehrer wenden sich an uns, wenn es Probleme mit einzelnen Schülern gibt, mit einer schwierigen Klasse", sagt Klee. "Für eine Situation in einer ganzen Klasse können wir ein Coaching für die Lehrperson auch ohne besonderes Einverständnis der Erziehungsberechtigten anbieten. Wenn es um einzelne Schüler und den Umgang mit ihnen geht, brauchen wir auch die Erziehungsberechtigten mit im Boot."

Zunächst müsse die Situation geklärt werden: Zeigt der Schüler zum Beispiel ein grundsätzlich "oppositionelles Verhalten", bei dem pädagogische Maßnahmen wahrscheinlich nicht ausreichen, dafür therapeutische notwendig sind? Oder erklärt sich so ein "oppositionelles Verhalten" aus einer Situation heraus, vielleicht Überforderung oder ein Ereignis im privaten Umfeld? Auffallen kann das Kind sowohl durch Aggression als auch durch Verweigern. Die Psychologen versuchen, die Beteiligten miteinander ins Gespräch zu bringen. Auch mit dem Ziel, "Absprachen" zu treffen. Bei der Arbeit im Einzelfall bestehe immer das Angebot, auch gemeinsame Gespräche mit den Lehrern zu führen.

"Bei den Unterstützungsangeboten muss von deutlichen Wartezeiten ausgegangen werden", sagt Nicole Klee. "In allen Fällen, auch den weniger akuten, bieten wir aber innerhalb von zirka 14 Tagen nach Anmeldung ein Erstgespräch an. In schwerwiegenden akuten Krisen werden wir natürlich auch sofort tätig."

Zum Thema:

Hintergrund "Viele Lehrer sehen sich als Opfer von Gewalt " titelte unsere Zeitung, als der Lehrerverband Bildung und Erziehung (VBE) eine bundesweite repräsentative Forsa-Umfrage vorstellte (SZ vom 15. November 2016). Quintessenz: Drohen, mobben, beleidigen - jeder vierte Lehrer ist schon einmal Opfer psychischer Gewalt von Schülern gewesen. Sechs von 100 Lehrern sind sogar schon einmal körperlich angegriffen worden. Im Saarland beklagt der Lehrerinnen- und Lehrerverband (SLLV) vor allem einen Anstieg verbaler, weniger körperlicher Gewalt . Cybermobbing sei ein immer größeres Problem, stellt die SLLV-Vorsitzende Lisa Brausch fest: "Viele trauen sich oft nicht, die Fälle zu melden, weil sie denken, sie hätten versagt." (SZ vom 31.Dezember 2016/1. Januar 2017). cle

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