„Die Tätigkeit darf nicht den allgemeinen Arbeitsmarkt belasten“

Neunkirchen · Kreis Neunkirchen. Der Kreis hat im März 2015 als erster Saar-Landkreis Arbeitsgelegenheiten für Flüchtlinge initiiert. Wie diese rechtlich geregelt sind, wie viele Flüchtlinge daran teilnehmen und ob es inzwischen auch andere saarländische Kreise gibt, die solche Maßnahmen durchführen, hat Redaktionsmitglied Jasmin Kohl Sozialdezernentin Birgit Mohns-Welsch gefragt.

Wie ist die rechtliche Grundlage der Arbeitsgelegenheiten für Flüchtlinge ?

Mohns-Welsch: Die Schaffung von Arbeitsgelegenheiten stellt einen gesetzlichen Auftrag nach dem Asylbewerberleistungsgesetz dar. Die Zuständigkeit liegt bei den Landkreisen als Sozialhilfeträgern. Die Arbeitsgelegenheiten müssen in der Regel die Tatbestände der Gemeinnützigkeit und Zusätzlichkeit erfüllen, das heißt, die Tätigkeit muss ausschließlich sowie unmittelbar dem Allgemeinwohl dienen und darf nicht den allgemeinen Arbeitsmarkt belasten. Es darf auch nicht die Möglichkeit eröffnet werden, reguläre Arbeitsplätze zu verdrängen oder mit Asylbewerbern zu besetzen.

Der entscheidende Unterschied einer Arbeitsgelegenheit zu einem Arbeitsverhältnis besteht darin, dass ein Arbeitsverhältnis an Versicherungspflichten geknüpft ist, es werden dabei Beiträge zur Kranken-, Renten-, und Arbeitslosenversicherung abgeführt. Bei einer Arbeitsgelegenheit besteht hingegen keine Sozialversicherungspflicht . Die Asylbewerber sind lediglich unfallversichert und erhalten über das Kreissozialamt im Rahmen der Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz Krankenhilfeleistungen.

Wie viele Flüchtlinge beschäftigt der Kreis Neunkirchen derzeit?

Mohns-Welsch: Der Kreis beschäftigt (Stand 14. März, Anm. d. Red.) insgesamt 32 Flüchtlinge . Sie sind in verschiedenen Bereichen, nicht nur auf Bauhöfen, eingesetzt. Elf afghanische Flüchtlinge sind auf dem Ottweiler Bauhof beschäftigt und drei syrische Flüchtlinge auf dem Bauhof in Schiffweiler. Die übrigen 18 Teilnehmer, die nicht auf einem der Bauhöfe beschäftigt sind, erledigen gemeinnützige und zusätzliche Arbeiten in der Regel in folgenden Bereichen beziehungsweise an folgenden Orten: Arbeiten im Garten- und Landschaftsbau, im Zoo Neunkirchen, im Umwelt- und Freizeitzentrum Finkenrech sowie kleinere Verschönerungsarbeiten in Schulen wie Maler- und Tischlerarbeiten. Es besteht zudem die Möglichkeit, dass die Flüchtlinge je nach Fähigkeit und möglichen Kapazitäten zwischen den Bereichen wechseln können.

Wovon hängt es ab, ob und wie lange ein Flüchtling beschäftigt wird?

Mohns-Welsch: Die Beschäftigungsdauer der Flüchtlinge kann nicht genau vorhergesagt werden. Es kann sein, dass ein Flüchtling bei positivem Ausgang seines Asylverfahrens eine reguläre Erwerbstätigkeit aufnehmen darf, beziehungsweise bei negativem Ausgang zur Ausreise aufgefordert wird. Nach dem Asylbewerberleistungsgesetz gibt es eine Mitwirkungspflicht, diese beinhaltet unter anderem auch die Wahrnehmung eines Arbeitsangebotes. Von dieser Verpflichtung ausgenommen sind schulpflichtige oder arbeitsunfähige Personen sowie Personen, die beispielsweise Kinder betreuen oder Pflegebedürftige versorgen.

Kann ein Asylbewerber eine solche Arbeitsgelegenheit auch ablehnen?

Mohns-Welsch: Bei Ablehnung der Arbeitsgelegenheit ohne ausreichende Begründung können die Sozialleistungen teilweise gekürzt werden. Zu Sanktionierungen kam es im Landkreis Neunkirchen jedoch noch nicht. Im Gegenteil, der Großteil der Asylsuchenden äußert aktiv den Wunsch, einer Tätigkeit nachzukommen.

Beschäftigen inzwischen auch andere saarländische Landkreise Flüchtlinge ?

Mohns-Welsch: Der Landkreis Neunkirchen war zwar erster Anbieter, zwischenzeitlich halten, nach unserer Kenntnis, auch der Landkreis St. Wendel sowie der Saarpfalz-Kreis dieses Angebot ebenso vor.

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Am RandeNeben dem Landkreis Neunkirchen betreiben auch soziale Träger Beschäftigungsmodelle für Flüchtlinge . Darunter findet sich das Projekt der Neuen Arbeit Saar in Merchweiler und Spiesen-Elversberg, das im Januar gestartet ist (wir haben berichtet). Je nach Modell verdienen die Flüchtlinge rund einen Euro pro Stunde und folgen einem Deutschkurs. "Die Arbeitsgelegenheiten dienen als niederschwelliges Angebot der ersten Integration. Hierdurch kann das Potenzial an Ausbildung und Erfahrung, welches die Asylsuchenden mitbringen, zum Einsatz gebracht werden und ihnen die Möglichkeit gegeben werden, einer Tätigkeit nachzugehen", sagt Landrat Sören Meng auf SZ-Anfrage. koj

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