Ein Hauch von Hitchcock

Ludwigsthal · Sie vermehren sich „explosionsartig“ und koten auf parkende Autos und die Wäsche, sagt die Raben-Gegnerin aus Ludwigsthal. Sie sind Freunde und man kann sie ruhig füttern, sagt die Raben-Freundin aus Furpach.

 Auf dem Zentralfriedhof in Furpach gibt es in diesem Jahr vermehrt Probleme mit diebischen Rabenvögeln. Foto: Robert Schmidt

Auf dem Zentralfriedhof in Furpach gibt es in diesem Jahr vermehrt Probleme mit diebischen Rabenvögeln. Foto: Robert Schmidt

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"Hunderte" sind es und "es werden immer mehr." Denn: "Sie vermehren sich explosionsartig." Die Rede ist von Raben, die in den Stadtteilen Furpach und Ludwigsthal ihr Unwesen treiben sollen. Eine Rabengegnerin aus Ludwigsthal ist es, die solche drastischen Worte gebraucht. Sie komme sich vor "wie beim Hitchcock", sagt die Frau am Telefon und spielt damit auf dessen Film "Die Vögel" an. Über eine "Rabenplage" in Furpach und Ludwigsthal schimpft die Rentnerin. Sie verkoteten Autos und die zum Trocknen rausgehängte Wäsche. In ihrem Ärger hat die Frau nun ein Schreiben an das Umweltamt der Stadt Neunkirchen gesandt, das der SZ in Kopie vorliegt. Die Population der Raben hat inzwischen ein "unermessliches Ausmaß" angenommen, heißt es. Inzwischen hätten sich die Raben, ursprünglich in Furpach beheimatet, in Ludwigsthal niedergelassen und bevölkerten mit ihren vielen Nestern hohe Birken und Tannen. Die kleinen Vögel seien vollkommen verschwunden, ebenso die Eichhörnchen. Ein Grund sieht die Raben-Gegnerin im Füttern der Tiere. Der Brief schließt mit einer Frage: "Welche Möglichkeit sehen Sie, die Rabenpopulation zu verkleinern? Auf die Taubenplage in der Stadt wurde ja auch mit Erfolg reagiert." Seit einigen Jahren gibt es in Neunkirchen bekanntlich ein Taubenhaus.

Die Stadt reagiert verhalten auf das Schreiben. "Zurzeit gibt es dort mit den Raben und Verwüstungen keine Probleme", teilt die Pressestelle. "Bisher gingen keine Hinweise zu diesbezüglichen Problemen bei der Stadtverwaltung ein. Zahlen und Daten liegen nicht vor."

Zum Vorschlag der Rentnerin, mit den Raben ähnlich wie mit den Tauben zu verfahren heißt es: "Die Arten sind aufgrund ihrer Lebensweise schwer zu vergleichen, so dass die Erfahrungen mit Tauben nicht auf Raben übertragbar sind." Beim Thema Füttern verweist man auf die Neunkircher Polizeiverordnung. "Es ist verboten, im Stadtgebiet frei lebende Tiere, insbesondere wild lebende Tauben, zu füttern", steht in Paragraf 15.

Das Füttern der Raben ist in der Tat ein Problem, zumindest auf dem Zentralfriedhof in Furpach. Zwischen den Gräbern schleichen dort dutzende der schwarzen Vögel umher oder fliegen laut krähend durch die Lüfte. Regelmäßig würden ältere Leute auf dem Parkplatz Raben füttern, berichtet die Inhaberin des örtlichen Blumengeschäfts. Was die Rabenvögel anrichten können, erzählt ein Angestellter des Friedhofs. Blumen und Gestecke würden als "Nahrungsquelle" angesehen. Für die Saatkrähen, die im Dutzend unterwegs sind, seien rote Grabkerzen eine "Delikatesse". Die Tiere hätten sich dieses Jahr stark vermehrt. Eins stellt er aber auch klar: "Mit Hitchcock hat das alles nichts zu tun." Menschen ließen die Raben in Ruhe.

 Tippi Hedren in Hitchcocks Klassiker „Die Vögel“. Daran fühlen sich Raben-Gegner erinnert.Foto: AKG Pressebild

Tippi Hedren in Hitchcocks Klassiker „Die Vögel“. Daran fühlen sich Raben-Gegner erinnert.Foto: AKG Pressebild

Foto: AKG Pressebild

Tatsächlich ist beim Ortsbesuch in Furpach und Ludwigsthal von der "Rabenplage" nichts zu sehen. Auch Ortsvorsteher Klaus Becker (SPD ) sagt, ihm seien außerhalb des Friedhofs keine Probleme mit Raben bekannt. Er wundert sich: "Die Leute wollen direkt am Wald wohnen, aber die Tiere, die wollen sie nicht." In Furpach lebt eine Tierfreundin, die täglich jede Menge Tiere füttert. Unter anderem gibt es dort einen Igelbau, einen Napf für eine Wildkatze und Futtersäulen für Singvögel. Und ja: "Auch ein Dutzend Raben kommen jeden Tag." An die Raben-Gegner richtet sie diesen Satz: "Wer Tiere nicht mag, der mag auch keine Menschen."

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