Integration wie aus dem Bilderbuch

Neunkirchen · Noch vor wenigen Monaten hätte Farshad Mohammadi nicht für möglich gehalten, seinen Abschluss an der Ganztagsgesamtschule Neunkirchen zu schaffen. Als er vor eineinhalb Jahren als Flüchtling hier ankam, konnte er kaum ein Wort Deutsch. Jetzt beginnt er eine Lehre.

 Stolz zeigt Farshad Mohammadi sein Zeugnis. Dass er es nach nur so kurzer Zeit in Deutschland in den Händen halten würde, damit hatte er nicht gerechnet. Foto: Thomas Seeber

Stolz zeigt Farshad Mohammadi sein Zeugnis. Dass er es nach nur so kurzer Zeit in Deutschland in den Händen halten würde, damit hatte er nicht gerechnet. Foto: Thomas Seeber

Foto: Thomas Seeber

Farshad Mohammadi ist das, was viele als Beispiel gelungener Integration bezeichnen würden. Die SZ berichtete vor gut einem Jahr über drei junge Männer, die von Afghanistan nach Deutschland geflüchtet waren und in der Ganztagsgesamtschule Neunkirchen eine Chance auf Bildung erhielten. Farshad war einer davon. Binnen drei Monaten war er über fünf Länder ins Saarland gekommen. Seine Eltern hatten Schlepper teuer für die beschwerliche Reise bezahlt. Am Ende lohnte es sich: Nur eineinhalb Jahre später fängt Farshad eine Ausbildung als Heizungsbauer an.

"Ich hatte richtig Glück", sagt der Schulabgänger, der vergangenen Freitag sein Zeugnis bei der Abschlussfeier der GGS entgegen nahm und dabei für seine besonderen Leistungen ausgezeichnet wurde (wir berichteten). Mit Glück meint er vor allem die Chance, die ihm Schule, Lehrer und seine Mitschüler gegeben haben.

"Die Schüler aus Afghanistan in die Klassen zu integrieren, das ist schon eine riesige Herausforderung für uns", sagt Schulleiter Clemens Wilhelm. Nicht alle der acht Afghanen an der GGS haben in ihrer Heimat eine Schule besucht. Umso wichtiger sei der tägliche Deutschunterricht. "Weil Bildung für sie nicht selbstverständlich ist, fokussieren sie sich sehr auf die Schule", sagt Wilhelm. So auch Farshad, der in Afghanistan die neunte Klasse besuchte. Er habe immensen Willen gezeigt und eine unheimlich positive Ausstrahlung. Das hat auch Sandra Hau, Farshads Tutorin, beobachtet: "Er hat mit seiner Art viel Ruhe und Entspannung in die Klasse gebracht, wenn es mal Ärger gab."

Es braucht laut Wilhelm aber auch immer Schüler, die mitmachen. Im Fall des jungen Afghanen hat das wunderbar funktioniert, seine Mitschüler haben ihm, wo es nur ging, geholfen. Hatte der 19-Jährige vor einem Jahr noch großes Heimweh nach seinen Freunden und seinen Eltern, mit denen er über Handy Kontakt hält, fühlt er sich jetzt pudelwohl, möchte hierbleiben. "Klar war es anfangs ein bisschen schwer in der Klasse, weil ich die Leute nicht kannte. Aber jetzt habe ich meine besten Freunde gefunden. Dafür bin ich sehr dankbar", sagt Farshad und lächelt.

Auch seine Eltern, die in Afghanistan Obst und Gemüse anbauen, haben sich über seinen Abschluss gefreut: "Die haben Party gemacht!" Sein Vater habe gefragt, wie Farshad das in eineinhalb Jahren packen konnte. Seine Antwort: "Ich habe ein bisschen gelernt."

Eine große Auszeit vom Lernen hat Farshad nicht. Schon im August beginnt seine Ausbildung als Heizungsbauer bei der Firma Brömer in Neunkirchen - und damit auch der Besuch der Berufsschule. Erst vor wenigen Tagen hat er seinen Ausbildungsvertrag unterschrieben, nachdem er bereits in den Osterferien während eines Praktikums bei Brömer gearbeitet hatte. Als er keine Lust darauf hatte, "alleine daheim zu chillen" und lieber den Beruf des Heizungsbauers kennenlernen wollte. "Der Chef sagte, dass ich nach der Schule bei ihm anfangen kann. Da wusste ich noch gar nicht, ob ich den Abschluss überhaupt schaffe", erinnert sich Farshad. Doch der Chef habe an ihn geglaubt. Genau wie die Lehrer an der GGS, die ihm rieten, Gas zu geben. "Wir sind so stolz auf ihn", sagt Tutorin Hau. "Alles, was er macht, macht er hundertprozentig."

Bis 2018 gilt Farshads Aufenthaltserlaubnis. Seine Chancen, in Deutschland bleiben zu können, erhöhen sich laut seinem Betreuer Roland Kraushaar vom Diakonischen Werk durch die Ausbildung stark.

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