Zahlenzauber allein reicht nicht aus

Illingen · Am 31. März beendet Hermann Meyer nach fast 42 Jahren seine Tätigkeit bei der Gemeinde Illingen. Als Kämmerer war der Verwaltungsoberrat zwar Herr der Zahlen, aber kein trockener Bürokrat, sondern immer auf der Seite der Bürger.

 Der Kämmerer Hermann Meyer verlässt nach über 40 Jahren das Rathaus in Illingen. Foto: Andreas Engel

Der Kämmerer Hermann Meyer verlässt nach über 40 Jahren das Rathaus in Illingen. Foto: Andreas Engel

Foto: Andreas Engel

Der oder die Nachfolgerin von Hermann Meyer als Leiter der Finanzverwaltung im Illinger Rathaus muss wohl zaubern können oder zumindest die Bereitschaft mitbringen, es zu lernen. Denn wer die Ausschreibung für die zum 31. März vakant werdende Stelle liest, wird mit 17 Anforderungspunkten zwischen analytischen Fähigkeiten, Arbeitsleistungen außerhalb üblicher Dienstzeiten, Beratung von Rat und Bürgermeister, Controlling, Hebung neuer Potenziale, Forcierung digitaler Anwendungen und Verantwortungsbewusstsein im Sinne des Gemeinwohls konfrontiert. Einer, dem man das zugetraut hätte, der Meyer "beerben" sollte, war Benjamin Kiehn, ein Illinger Verwaltungs-Eigengewächs. Doch der wechselte in die Privatwirtschaft (Prowin) und der Gemeinderat beschloss, die Stelle öffentlich auszuschreiben. Das Verfahren läuft.

Die SZ hat Hermann Meyer kurz vor dem Ende seiner Dienstzeit besucht. In der ehemaligen Hausmeister-Wohnung des Rathauses arbeitet Meyer, residieren mag man angesichts der Schlichtheit der Räume nicht sagen. Hier wirkt einer, der sich nicht mit Schnickschnack aufhält, sondern volle Konzentration auf das richtet, was von ihm erwartet wird. Das letzte größere Zahlenwerk unter der Ägide Meyers war der Nachtragshaushalt 2017, der am 30. März im Gemeinderat verhandelt wird. Und es ist kaum übertrieben zu konstatieren, dass der Illinger Kämmerer diesem Haushalt nicht weniger Aufmerksamkeit gewidmet hat als den Zahlenwerken seiner Anfangsjahre. 1982 übernahm er die Kämmerei von Alfons Schorr, der ziemlich überraschend als Bürgermeister nach Ensdorf ging. "Meine vorherige Arbeit im Sozialamt hat mich auch erfüllt", sagt Meyer, doch er nahm die Herausforderung an.

Drei Bürgermeistern hat der 65-jährige Hermann Meyer gedient: Er startete seine Verwaltungslaufbahn bei Alfons Senz, dann kam Werner Woll und seit rund 21 Jahren ist Armin König Chef im Rathaus. Alles Christdemokraten, so wie auch Meyer einer ist. Drei Systeme in der Haushaltsführung hat er erlebt: Den Anfang machte der außerordentliche/ordentliche Haushalt, es folgte die Kameralistik und seit 2009 wird mit der Doppik gearbeitet. Wobei die Zahl der finanziell eher prekären Jahre die der fetten Zeiten übersteigt. Kommunale Finanzen sind wohl nichts für Leute, die dauerhaft gerne aus dem Vollen schöpfen. Und weil sich Hermann Meyer als politischen Menschen versteht, nicht als reinen Zahlen-Zwirbler, sieht er längst die Notwendigkeit zum Umdenken. "Man muss in den Kommunen Aufgabenkritik üben, muss sehen, welche Angebote und Dienstleistungen für die Bürger weiter zu stemmen sind", sagt Meyer, seit über 20 Jahren Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft der Kämmerer des Saarlandes im Städte- und Gemeindetag. Auch im Bundesvorstand der Kämmerer-AG ist seine Expertise gefragt. Die Menschen werden wohl lernen müssen, über Gemeinde-, Ortsteil- und Vereinsgrenzen hinaus zu agieren und zu denken, da ist Meyer, ein bekennender Hüttigweiler, sicher.

Wie wird es mit dem Privatier weitergehen? "Mein Nachbar Werner Mechenbier hat schon angeboten, mit mir einen Pensionärs-Lehrgang zu machen, und einen Heimwerker-Kurs brauche ich wohl auch", sagt einer, für den sein Beruf augenscheinlich immer im Mittelpunkt stand. Ehefrau Maria Hellbrück-Meyer, die bereits ihren Ruhestand genießt, wird ihm sicher auch helfen, einen neuen Lebensrhythmus abseits von Doppelhaushalten, Steuern, Gemeindekasse und Zuschussflüssen zu finden. Vom Verwaltungs-Urgestein-Trio im Illinger Rathaus, zu dem neben Hermann Meyer auch der vor Jahresfrist ausgeschiedene Werner Niklas (Bauamt) zählte, hält ab April nur noch Elmar Meiser (Verwaltungsdienste) die Stellung.

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