Globus spaltet Illinger Gemeinderat

Illingen · Dass sich Globus in Neunkirchen ansiedeln möchte, bringt die Gemüter in der Region in Wallung. Am Montagabend diskutierte der Illinger Rat über das Thema. Zur Überraschung der zahlreichen Gäste gab es nach gut drei Stunden weder Abstimmung noch Beschluss. Nur teilweise quälende Rede-Beiträge. Letztlich sah sich Bürgermeister Armin König (CDU) in seiner ablehnenden Haltung von der CDU unterstützt.

 Trotz drückender Schwüle drängten sich zahlreiche Besucher im Illinger Ratssaal. Die Kaufleute und Gewerbetreibenden wollten wissen, wie der Gemeinderat zu einer Globus-Ansiedlung in Neunkirchen steht. Foto: Andreas Engel

Trotz drückender Schwüle drängten sich zahlreiche Besucher im Illinger Ratssaal. Die Kaufleute und Gewerbetreibenden wollten wissen, wie der Gemeinderat zu einer Globus-Ansiedlung in Neunkirchen steht. Foto: Andreas Engel

Foto: Andreas Engel

. Der SPD-Fraktionssprecher Guido Jost sorgte gleich zu Sitzungsbeginn für den ersten schrillen Misston. Er warf Verwaltungschef Armin König und dem CDU-Fraktionssprecher Alfons Vogtel Untätigkeit vor. Und später handelte er sich harsche Kritik von der politischen "Gegenseite" ein, weil er - verpackt in eine Frage - dem Lik-Geschäftsführer Ulrich Heintz (siehe "Auf einen Blick") vorwarf, in Sachen Globus parteiisch zu sein, weil er als Naturschutzbund-Landesvorsitzender von der Rewe-Kette eine Zuwendung von einer halben Million Euro bekommen habe.

So waren die Fronten schnell abgesteckt. Auf der einen Seite der Bürgermeister als erklärter Gegner der Herauslösung des von Globus an der Neunkircher Westspange präferierten Gebietes (siehe "Hintergrund") aus der Fläche des Naturschutz-Großprojektes Lik-Nord. Starke Unterstützung bekam er aus den Reihen der CDU . Wobei von der CDU-Riege weniger auf der Naturschutz-Ebene diskutiert wurde, sondern die Belange der Illinger Kaufleute und Gewerbetreibenden und der Illinger Bürger in den Vordergrund gestellt wurden. Globus mit seinem umfassenden Angebot zehre das Umland aus, so die Argumentation. Außerdem sei das Herauslösen von Teilflächen rechtlich nicht möglich. Allein der Grüne Hans-Peter Metzinger setzte auch auf die grüne Karte: "Es geht um den Naturschutz, da brauchen wir keine Gutachten ."

Auf der anderen Seite die Genossen, die mit Norbert Lingen von der Beratungsfirma Markt und Standort einen der Autoren des Gutachtens nach Illingen geholt hatten, mit dem Globus für seinen Neubau argumentiert. Der erklärte wortreich, warum die Bestandsdaten für Illingen als Versorgungs-Grundzentrum auf den ersten Blick nichts mit den Realitäten zu tun haben. Bei Grundzentren seien im Gegensatz zu den Mittelzentren wie Neunkirchen nur die Flächen der großen Lebensmittel-Anbieter gelistet worden. Was im Vorspann des Gutachtens auch zu lesen sei. Diese Einlassung riss dann den Illinger Bürgermeister vom Stuhl: In der Tat steht in seiner Ausfertigung des Gutachtens davon nichts, wohl aber in später verteilten Exemplaren, die Ratsmitgliedern vorliegen. Ein "unglaublicher Vorgang", den König klären lassen will, wie er gestern der SZ sagte.

Wie die SZ berichtete, hat König bei Lademann & Partner ein weiteres Gutachten fertigen lassen, das seine Argumentation stützt, dass ein zusätzlicher Globus der Wirtschaft in seinem Einzugsgebiet schade. Wobei auch das Globus-eigene Gutachten nicht verhehlt, dass sich die Kaufkraft-Ströme verlagern werden, wenn das Warenhaus in der Betzenhölle steht. Vor allem Neunkirchen selbst sei davon betroffen.

Der von König in die Sitzung gebetene Rechtsanwalt Hans-Georg Warken stellte eindringlich klar. Das Konstrukt Lik.Nord beinhalte ganz klar ein Planungsverbot für Dinge, die nicht den Naturschutz-Auftrag betreffen. "Wem nutzt was?", fragte er ins Publikum. Die Zuschauer jedenfalls schüttelten die Köpfe, angesichts des SPD-Ansinnens, das "Globus-Areal" aus dem Naturschutz-Projekt herauszulösen und dann im weiteren formellen Genehmigungs-Verfahren zu sehen, ob es wirklich Hemmnisse gibt. Christian Petry sprach auch von einer "Selbstbindung", will heißen, die Lik.Nord-Beteiligten enthöben sich bei starrer Auslegung des Vertrages der Möglichkeit, Flächen bereitzustellen, falls interessante Ansiedlungswillige anklopften.

Als Armin König seinen Beschlussantrag (Ausgliederung ablehnen, Klage prüfen) zurückzog und darüber abstimmen lassen wollte, wer "für eine Ausgliederung ist", war plötzlich Schweigen. Keine Abstimmung. Was bedeutet, dass die vier Vertreter von Illingen in der Lik.Nord-Verbandsversammlung mit dem Thema "Fläche für Globus auf Neunkircher Lik-Areal" (siehe "Auf einen Blick") votieren können, wie sie wollen.

So mancher der Gäste, die stehend bei drückender Schwüle im engen Sitzungssaal ausgeharrt hatten, blieb da ziemlich ratlos zurück. < über die übrigen Sitzungsthemen wird noch berichtet.

Zum Thema:

Auf einen Blick Die Lik.Nord (Landschaft der Industriekultur) war 2009 Gewinnerregion beim Bundeswettbewerb Idee.Natur im Bereich Naturschutzgroßprojekte und ländliche Entwicklung. Hier arbeiten die Kommunen Friedrichsthal, Illingen , Merchweiler, Neunkirchen, Quierschied, Schiffweiler und die IKS (Industriekultur Saar) zusammen. Ihr Ziel: die vom Bergbau geprägte Landschaft erhalten und aufwerten. Etwa 13 Millionen Euro beträgt das Fördervolumen. Verbandsvorsteher ist aktuell Patrick Weydmann. Geschäftsführer ist Ulrich Heintz. Jede beteiligte Kommune und die IKS verfügen in der Verbandsversammlung über vier Stimmen. Im Fall von Illingen sind die Vertreter im Gremium Verbandsversammlung Bürgermeister Armin König (CDU ), Wolfgang Scholl (CDU ), Gerhard Meiser (SPD ) und Hans-Peter Metzinger (Grüne). sl

Zum Thema:

Hintergrund Die Stadt Neunkirchen mit Verwaltungschef Jürgen Fried (SPD ) macht sich für die Ansiedlung des Globus-Warenhauses mit rund 12 000 Quadratmetern Verkaufsfläche, mehr als die Hälfte davon Lebensmittel (Food), stark. Deswegen hat Neunkirchen die Ausgliederung der betreffenden Fläche (Betzenhölle) aus dem Gebiet der Lik.Nord beantragt. Am Dienstag, 20. September, 17.30 Uhr, im Rathaus Wemmetsweiler wird die Verbandversammlung (siehe "Auf einen Blick") über diesen Antrag beraten. In der Satzung der Lik.Nord ist eine Änderung der Projektfläche, auch bei Flächenausgleich, nicht vorgesehen. Alle beteiligten Kommunen haben sich mit der Lik-Vetragsunterzeichnung/Verwaltungsvereinbarung verpflichtet, das Areal (zirka 8673 Hektar) nicht anderweitig zu überplanen. Globus würde rund fünf Hektar für die Ansiedlung brauchen. sl

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