Die Piraten kommen, die FDP geht

Neunkirchen/Ottweiler · Die Kommunalwahl hat den Kreistag wie auch die Stadt- und Gemeinderäte im Kreis Neunkirchen ein wenig bunter, aber auch ein wenig unübersichtlicher gemacht. Für deftige Überraschungen sorgte der Wähler in Neunkirchen, aber noch mehr in Ottweiler.

Neue Parteinamen tauchen in den Kommunalparlamenten auf: Die Piraten haben den Kreistag sowie die Stadt- und Gemeinderäte in Neunkirchen, Schiffweiler und Eppelborn "geentert", die europakritische AfD hatte dort, wo sie angetreten ist, im Kreis und in Eppelborn, Erfolg. Die FDP dagegen kommt weiter nicht auf einen grünen Zweig und flog sowohl aus dem Kreistag als auch aus den Räten in Ottweiler, Eppelborn und Illingen. Vertreten ist sie jetzt nur noch in Neunkirchen und Spiesen-Elversberg.

Ein "Vier-Parteien-System" gibt es künftig in Merchweiler und Illingen, fünf Gruppierungen sitzen in Eppelborn, Spiesen-Elversberg und Schiffweiler in der Ratsrunde und "Sixpacks" gibt es im Kreistag und in den Stadträten Neunkirchen und Ottweiler. In den beiden Städten des Kreises sorgten die Wähler auch für die deftigsten Überraschungen. Dass im "roten" Neunkirchen die SPD keine unantastbare Majorität mehr im Stadtparlament hat, hat es quasi seit der Nachkriegszeit nicht mehr gegeben. Und dass die CDU in Ottweiler einmal mit absoluter Mehrheit dastehen würde, war bei altgedienten Christdemokraten seit Jahrzehnten allenfalls ein kühner Traum.

In Neunkirchen dürfte die politische Kontinuität allerdings kaum leiden. "Auch im neuen Stadtrat wird es sehr schwer werden, etwas gegen unsere Auffassung durchzusetzen", ist sich SPD-Fraktionschef Willi Schwender sicher, nachdem seine Partei die absolute Mehrheit um einen Sitz verfehlt hat. Leider habe der "Wackelplatz" ausgerechnet das "sozialdemokratische Urgestein" Kurt Scherer das Mandat gekostet, der seit 30 Jahren im Stadtrat mitgewirkt hat.

Schwenders Analyse: Neben der "extrem niedrigen" Wahlbeteiligung komme hinzu, dass eine absolute Mehrheit umso schwieriger werde, je mehr Parteien in den Stadtrat kommen. "Bei sechs Parteien sind 25 Sitze eigentlich sensationell gut", sieht der alte SPD-Fuhrmann keinen Grund zum Pessimismus. Zumal man auch die Ausgangslage nicht zu hoch hängen dürfe. Die 26 Sitze vor fünf Jahren seien wohl nur zu Stande gekommen, weil die OB-Wahl und die hohe Wahlbeteiligung die SPD mitgezogen hätten. Im Klartext: Die absolute Mehrheit hätte auch schon 2009 futsch sein können.

Der CDU-Fraktionsvorsitzende Karl Albert freut sich, dass sich einem jungen, zum Teil von ihm "herangezogenen" Team eine positive Zukunft öffne. Nach dem Drei-Prozent-Plus werde seine Partei selbstbewusster die Devise anfechten: "Wenn in Neunkirchen die Sonne lacht, hat's die SPD gemacht." Im Hinblick auf die magere Wählerresonanz werde er vorschlagen, bei mehr Bürgerbeteiligung anzusetzen.

In Ottweiler hat der Wähler die CDU fast 21 Prozent nach oben katapultiert. CDU-Stadtverbandschef Roland Theis sieht darin "eine Vervollständigung der Bürgermeisterwahl". Man habe den Wählern das "ehrliche Angebot" gemacht: "Wenn Holger Schäfer die Politik umsetzen will, für die er angetreten ist, dann braucht er eine konstruktive Mehrheit im Rat." Dies sei offensichtlich angekommen. Man werde mit der ungewohnten absoluten Mehrheit verantwortungsvoll umzugehen wissen und sei zu fairer Zusammenarbeit bereit. Das unterstreicht auch Bürgermeister Schäfer. "Es war der richtige Weg", sagt er zur Wahlkampfstrategie. Das Wählervotum zeige zugleich, dass seine Arbeit honoriert werde, und bestärke ihn auf seinem Kurs "Gemeinsam für Ottweiler".

Die CDU und Schäfer, der den Sieg der CDU ja zur Chefsache gemacht hätte, müssten nun beweisen, wie ernst es ihnen mit konstruktiver Zusammenarbeit ist, stellt die Stadtverbandsvorsitzende Nicole Cayrol für die weitgehend ihres politischen Einflusses beraubte SPD fest. Trotz des "harten Schlages" werde man den Wählerwillen akzeptieren, wie das in einer Demokratie normal sei. Die SPD setze nun auf einen Neubeginn. > : Weitere Berichte zur Kommunalwahl

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