Weiskirchen muss eisern sparen

Weiskirchen · Auch wenn über das Sanierungskonzept der Freien Wähler-Gemeinschaft im Rat nicht mehr abgestimmt wurde, so dürfte doch einer der darin enthaltenen Vorschläge auch in der Zukunft für reichlich Diskussionen sorgen: Die FWG sprach sich für eine komplette Auflösung der Hochwald-Touristik GmbH (HTG) aus.

 Keine leichte Aufgabe für die Verantwortlichen in Politik und Verwaltung in Weiskirchen: Angesichts hoher Verschuldung muss die Gemeinde noch mehr sparen. Foto: SV-Pressedienst

Keine leichte Aufgabe für die Verantwortlichen in Politik und Verwaltung in Weiskirchen: Angesichts hoher Verschuldung muss die Gemeinde noch mehr sparen. Foto: SV-Pressedienst

Foto: SV-Pressedienst

Die Gemeinde Weiskirchen muss sparen - eisern sparen sogar. Ein Schuldenberg von rund 30 Millionen Euro lastet auf der Kurgemeinde. Die im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse und die daraus resultierenden Auflagen der Aufsichtsbehörde im Landes-Verwaltungsamt schränken ihren finanziellen Spielraum drastisch ein. Um finanziell einigermaßen über die Runden zu kommen, muss die Gemeinde nicht nur Ausgaben begrenzen, sondern Einnahmen erhöhen - was für die Bürger im Gegenzug höhere Belastungen mit sich bringt. Wie sehr dieser Spagat die Handlungsmöglichkeiten der Verantwortlichen vor Ort einengt, wurde bei der Verabschiedung des Haushalts 2015 im Gemeinderat deutlich.

Alle Fraktionen im Rat stellten dort ihre Vorschläge zur Diskussion, wie der Haushalt der Kommune saniert werden kann (siehe separate Texte).

Die vorgeschlagenen Maßnahmen reichten von eher sanften Kürzungen, etwa bei Zuschüssen für Vereine oder Veranstaltungen, bis hin zu drastischen Schritten wie einer möglichen Schließung des Weiskircher Freibades. Deutlich wurde indes bei den Redebeiträgen aller Fraktionen: Selbst weitreichende Sparanstrengungen können auf lange Sicht den Fortbestand der Gemeinde als eigenständige Einheit nicht gewährleisten.

Bürgermeister Werner Hero machte in der Haushaltsdebatte deutlich, welche Herkulesaufgabe vor Rat und Verwaltung liegt: "Wir reden bei dem Haushalts-Sanierungsplan, den wir heute beschließen, nur darüber, wie wir es hinbekommen, dass unsere Netto-Neuverschuldung nicht steigt. Was aber machen wir mit den 25 Millionen Euro an Kassenkrediten, die auf uns lasten?" Hero gab zu bedenken, dass die Vorgaben immer massiver werden: "Der anstehende neue Krediterlass des Landes wird der Gemeinde Weiskirchen noch Investitionen von 196 000 Euro im Jahr zugestehen. Wie sollen wir da noch investieren, ohne Steuern und Gebühren zu erhöhen?"

Die finanziellen Zwänge dominierten auch die Stellungnahmen der Ratsfraktionen. Wolfgang Sauer (CDU ), erklärte, die Christdemokraten hätten sich "im Interesse der Sache und der Gemeinde" mit der SPD auf ein gemeinsames Sparkonzept verständigt. Dass darin als Option die Schließung des Freibades ab 2018 vorgesehen ist, verteidigte Sauer so: "Wir können nicht ständig sagen, wir müssen den Gürtel enger schnallen, aber wenn es dann ernst wird, kneifen wir."

Sein SPD-Pendant Christof Adams gab zu bedenken, dass die Gemeinde in Zukunft striktere Vorgaben vom Land bekommen werde, etwa was die Erhöhung von Einnahmen betrifft. So könnten von den Bürgern unter Umständen wieder Eigenbeiträge für den Straßenausbau verlangt werden. Adams: "Uns geht es um den Erhalt von freiwilligen Leistungen." Die Förderung der Jugend, die Unterstützung junger Familien und die Wiederbelebung von ungenutztem Wohnraum sollen "zumindest in reduziertem Umfang" erhalten bleiben.

Sehr pessimistisch äußerte sich Henry Selzer als Vertreter des Fraktionsbündnisses von Grün-Alternativer Liste, Piraten und Linken: "Ich glaube nicht mehr an das Überleben dieser Gemeinde. Ich weiß nicht, wie wir das hinbekommen sollen." Dennoch plädierte Selzer dafür, nicht zu energisch vorzupreschen: "Wir sollten nicht in vorauseilendem Gehorsam durch Einsparungen Überschüsse produzieren." Darum solle die Gemeinde bei der Haushaltssanierung "nur das tun, was unabdingbar ist".

Die am weitesten reichenden Sparvorschläge kamen von der Freien Wähler-Gemeinschaft (FWG): Sie sprach sich unter anderem für die Auflösung der Hochwald-Touristik aus (siehe Bericht unten). Fraktionssprecher Gunnar Schulz: "Dass wir ans Eingemachte gehen müssen, ist jedem klar." Allerdings waren der Mehrheit im Rat die Ideen der FWG dann doch zu radikal: CDU und SPD setzten den von ihnen erarbeiteten Sanierungsplan durch, der allein im Jahr 2015 Einsparungen von rund 520 000 Euro erbringen soll. Im Folgejahr wird die Gemeinde dann 176 000 Euro einsparen, 2017 rund 62 000 Euro und 2018 schließlich rund 100 000 Euro .Deren Aufgaben sollten nach Überzeugung der FWG im Wesentlichen wieder in die Verwaltung rückübertragen werden. FWG-Fraktionsmitglied Jens Schommer erinnerte daran, dass es einen ähnlichen Vorschlag schon vor fünf Jahren gegeben habe, damals vorgebracht von GAL, FWG und SPD . CDU und FDP hatten damals mit ihrer Ein-Stimmen-Mehrheit im Rat den Vorstoß abgelehnt.

Angesichts der Finanzmisere ist es nach Ansicht von Schommer an der Zeit, wieder über diese Idee nachzudenken. "Alle administrativen Ausgaben, die von der HTG erledigt werden, wie etwa die Bewirtschaftung der Sport- und Freizeitanlagen, könnten wieder bei der Gemeinde angegliedert werden." Für die touristische Vermarktung Weiskirchens biete sich die Schaffung einer organisatorischen Einheit an, die über die Grenzen der Gemeinden im Hochwald hinausgeht und alle dort liegenden Kommunen erfasst - also Losheim am See, Wadern, Weiskirchen , Nonnweiler sowie Hermeskeil und Kell am See auf rheinland-pfälzischer Seite. Dass derzeit jede dieser Gemeinden ihre eigene Tourismusarbeit betreibe, ist nach FWG-Ansicht "Flickschusterei" und verhindere, dass die starken touristischen Potenziale Weiskirchens komplett ausgeschöpft werden. Mit dem derzeitigen Konstruk sei dies nicht möglich. Die Rechtsform GmbH verschleiere zudem die tatsächlichen Kosten, die der Gemeinde für ihre Tourismusarbeit entstehen.

Auch die HTG muss nach Ansicht von Fraktionssprecher Gunnar Schulz ihren Beitrag zu den Einsparbemühungen der Gemeinde leisten: "Die Gemeinde hat die Vorgabe, jedes Jahr rund zehn Prozent eines Defizites von 1,6 Millionen Euro einzusparen. Wir plädieren dafür, dass auch die HTG jeweils zehn Prozent ihres Vorjahresetats an Einsparung erbringt." Nach Angaben von Jens Schommer liegen die Kosten für die Tourismus-Gesellschaft bei etwa 77 000 Euro im Jahr, die Einnahmen belaufen sich auf etwa 10 000 Euro . FWG-Sprecher Schulz nahm auch HTG-Geschäftsführer Michael Diversy in die Pflicht: "Er muss seine Initiativen darlegen, die einen Erhalt der HTG rechtfertigen."

Allerdings fand der Vorstoß der FWG, aus der sie sich in den kommenden vier Jahren Einsparungen zwischen 60 000 und 40 000 Euro verspricht, keine Unterstützung bei der Mehrheit des Rates. CDU-Fraktionschef Wolfgang Sauer sagte: "Wenn die Auflösung der HTG unsere Probleme lösen würde, wären wir dabei." Die Betriebsform der GmbH, in der die HTG organisiert sei, stelle aus CDU-Sicht jedoch die für die Gemeinde günstigste Lösung dar. Differenzierter der Standpunkt von SPD-Sprecher Christof Adams: "Wir halten die GmbH-Lösung auf lange Sicht nicht für zielführend." Allerdings wolle die SPD "keine kurzfristigen Schnellschüsse". Aber: "Der Antrag der FWG geht inhaltlich in die richtige Richtung." Ähnlich äußerte sich Henry Selzer für das "bunte" Fraktionsbündnis. cbe Die Verabschiedung eines Haushaltssanierungsplanes war aus Sicht von Henry Selzer (Grün-Alternative Liste, GAL) die "erste Sturzgeburt, die uns im Rahmen der Kommunalreform ins Haus steht". Der Sprecher der "bunten" Fraktion (Bündnis von GAL, Piraten, Linke) war sich zudem in einem sehr sicher: "Das, was hier von uns gefordert wird, ist von uns nicht zu leisten." Darum plädiere seine Fraktion in ihrem Konzept für sehr maßvolle Einschnitte. Die Grundsteuer B solle demnach in zwei Stufen steigen, allerdings stärker als beim Konzept von SPD und CDU . Dadurch erziele die Gemeinde in diesem Jahr Mehreinnahmen von 75 000 Euro sowie von 60 000 Euro in 2017. Rund 31 000 Euro solle im kommenden Jahr die Erhöhung der Gewerbesteuer bringen. Auch die "Bunten" sprachen sich für eine Reduzierung der Zuschüsse an die Hochwald-Touristik aus, allerdings in einem Zug um 32 000 Euro in diesem Jahr und nicht stufenweise. In vielen weiteren Punkten waren die Sparvorschläge identisch mit denen von CDU und SPD . Allerdings fand der Vorschlag des Bündnisses nur bei dessen eigenen Vertretern Zustimmung, alle anderen Ratsmitglieder lehnten ihn ab. Was auf die Bürger der Gemeinde Weiskirchen in den kommenden Jahren an Kürzungen beziehungsweise höheren Belastungen zukommt, haben die Fraktionen von CDU und SPD mit ihrem Vorschlag zur Haushaltssanierung bestimmt. Ein Eckpunkt in ihrem Konzept ist der Wegfall der Subventionierung von Elternbeiträgen in Kindertagesstätten (die SZ berichtete bereits).

Kita-Betreuung wird teurer

Durch eine Vereinbarung mit der Träger-Gesellschaft Kita gGmbh steigen die Elternbeiträge in der Gemeinde an - auch weil die Kommune fortan auf die bisher gewährte Übernahme der Beiträge fürs zweite und dritte Kind in bestimmten Betreuungsmodellen verzichtet. Dies bringt 2015 Einsparungen von rund 10 000 Euro , in den folgenden beiden Jahren von jeweils rund 35 000 Euro .

Außerdem wollen CDU und SPD die Grundsteuer B (für Wohneigentum) in zwei Schritten erhöhen, was 2016 rund 45 000 Euro und 2018 dann 40 000 Euro an Mehreinnahmen bringen soll. Auch die Gewerbesteuer soll steigen und dadurch rund 14 000 Euro im Jahr 2016 sowie etwa 7000 Euro mehr im Jahr 2018 in die Gemeindekasse bringen. Die Zuschüsse an die Hochwald-Touristik werden um 20 000 Euro in diesem und dem nächsten Jahr sowie um 10 000 Euro in 2017 reduziert. Eine Erhöhung der Eintrittspreise im Vitalis-Schwimmbad soll per anno 10 000 Euro mehr an Einnahmen erbringen.

Als Option sieht der Vorschlag von CDU und SPD die Schließung des Freibades ab 2018 vor, was allein in jenem Jahr etwa 40 000 Euro an Einsparungen bringen soll. CDU-Fraktionschef Wolfgang Sauer: "Durch eine Schließung würden nicht nur Unterhaltskosten entfallen. Das Freibadgelände hat auch wirtschaftliches Potenzial und könnte für Investoren interessant sein."

Neben diesen weitreichenden Schritten sieht das schwarz-rote Konzept auch noch eine Vielzahl kleinerer Maßnahmen vor, wie etwa den Wegfall von Zuschüssen fürs Kurparkfest, die Erhöhung der Hundesteuer (geplante Mehreinnahmen: 5200 Euro in 2016) oder der Friedhofsgebühren (geplante Mehreinnahmen: etwa 5000 Euro allein in diesem Jahr). Nach den Erläuterungen von Christian Diedrich, dem Gemeinde-Kämmerer, sieht der Haushalt 2015 Erträge in Höhe von rund 10,4 Millionen Euro sowie Ausgaben von etwa 13,3 Millionen Euro vor - ergibt ein jahresbezogenes Defizit von rund 2,9 Millionen Euro . Auch die in diesem Jahr erstmals fließenden Pachteinnahmen durch den Windpark auf dem Schimmelkopf können die angespannte Lage kaum mindern: "Die im Haushaltsplan eingestellten Einnahmen aus der Windkraft in Höhe von 400 000 Euro werden durch den Anstieg der Kreisumlage in Höhe von 330 000 Euro gegenüber dem Vorjahr fast gänzlich aufgezehrt." Zur Erledigung seiner Aufgaben fordert der Kreis von seinen Kommunen diese Umlage ein. Dietrichs ernüchternde Bilanz: "Die Gemeinde steht in den kommenden Jahren vor schwierigen Herausforderungen. Es müssen auch unpopuläre Entscheidungen in Betracht gezogen werden." Wenn Weiskirchen als eigenständiges kommunales Gebilde überleben will, müssten "einschneidende Maßnahmen getroffen werden". Der Weiskircher Kämmerer appellierte an Bund und Land, die Gemeinden nicht mit immer neuen Aufgaben zu belasten, ohne im Gegenzug für deren angemessene Finanzausstattung zu tragen.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort