Weiskircher Gemeinderat muss nachsitzen

Weiskirchen · Das Thema Windkraft sorgt aktuell im Landkreis für kontroverse Diskussionen. In Düppenweiler regt sich massiver Widerstand gegen den geplanten Windpark Primsbogen rund um den Litermont, wo acht Windräder mit einer Gesamthöhe von 230 Metern entstehen sollen. Und in Weiskirchen befasst sich der Gemeinderat heute zum zweiten Mal binnen weniger Wochen mit einem noch größeren Windpark, der auf dem Gebiet der rheinland-pfälzischen Nachbargemeinde Kell am See geplant ist.

 Windkraft gilt als Energieform der Zukunft. Trotzdem sorgt sie immer wieder für Kontroversen. Foto: Fredrik von Erichsen/dpa

Windkraft gilt als Energieform der Zukunft. Trotzdem sorgt sie immer wieder für Kontroversen. Foto: Fredrik von Erichsen/dpa

Foto: Fredrik von Erichsen/dpa

Zum zweiten Mal binnen zwei Wochen beschäftigen heute die Windkraftpläne der rheinland-pfälzischen Nachbargemeinde Kell am See den Weiskircher Gemeinderat. Insgesamt neun Windkraftanlagen mit jeweils rund 200 Metern Gesamthöhe sollen auf einer Fläche im Zerfer Wald nahe Mandern errichtet werden. Zwei weitere Räder sind auf dem Teufelskopf, in unmittelbarer Nachbarschaft zum Schimmelkopf, einer zu Weiskirchen gehörenden Erhebung, geplant. Auf dem Schimmelkopf hatte die Gemeinde nach kontroversen Diskussionen selbst einen Windpark mit vier Anlagen genehmigt, der im vergangenen Jahr in Betrieb gegangen war.

Doch in seiner jüngsten Sitzung am 19. Mai scheiterte der Rat bei dem Unterfangen, eine Stellungnahme im Rahmen der Planungsverfahren für diese beiden Windkraft-Standorte abzugeben. Dabei ging es zum einen um eine Stellungnahme zur notwendigen Änderungen des Flächennutzungsplanes für beide Vorranggebiete. Zum anderen liegt für den Windpark Zerfer Wald bereits ein konkreter Bau-Antrag des Investors, der Firma Schütz aus Selters, auf Basis des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (BImsch) vor. Auch hierbei ist die Gemeinde aufgefordert, eine Stellungnahme abzugeben.

Weiskirchen ist insbesondere vom Großwindpark Zerfer Wald unmittelbar betroffen: Die Standorte der Anlagen liegen direkt an der Gemarkungsgrenze zur Kurgemeinde. So ist der Wild- und Wanderpark Weiskirchen nur wenige hundert Meter von dem Vorranggebiet entfernt. Die Anlagen werden vom Ort Zerf, zu dessen Gemarkung das Vorranggebiet gehört, kaum zu sehen sein, da sie sehr weit von der Ortslage entfernt sein werden. Dafür aber sehr wohl vom Weiskircher Ortsteil Rappweiler, der deutlich näher an den geplanten Anlagen liegen wird. Auch von den Hochwaldkliniken aus wird der Windpark zu sehen sein.

Doch es gelang am 19. Mai weder dem Bau- und Werksausschuss noch dem unmittelbar danach tagenden Gemeinderat, zu einer gemeinsamen Position zu kommen. Es lagen zwei konkurrierende Anträge zur Abstimmung vor. Zum einen hatte die Verwaltung einen Beschlussvorschlag ausgearbeitet, in dem die Verbands-Gemeinde Kell am See darauf hingewiesen wurde, "bei der bauleitplanerischen Festsetzung dieser Konzentrationszonen auf die zwingend notwendige Einhaltung der nach den bundesimmissionsschutzrechtlichen Vorschriften einzuhaltenden Abstandsflächen zu den gemeindlichen Wohnflächen, den gemeindlichen Einrichtungen (Wild- und Wanderpark Weiskirchen ) sowie auch den Kurkliniken Weiskirchen " zu achten. Dieser Hinweis sollte sowohl mit Blick auf die Änderung des Flächennutzungsplanes als auch in Bezug auf den Bauantrag für den Windpark Zerfer Wald ergehen. Allerdings enthält der Vorschlag keine grundsätzliche Ablehnung der Pläne.

Deutlich schärfer formuliert war der Antrag, den die SPD-Fraktion im Gemeinderat zur Abstimmung stellte: Hier wird die Zustimmung zum Windpark im Zerfer Wald verwehrt (siehe separaten Text).

Die SPD griff in ihrem Antrag viele Kritikpunkte und Gegenargumente der Weiskircher Bürgerinitiative "Gegen Windkraftanlagen am Wildpark und im Wald" auf, die diese schon vor der Ratssitzung am 19. Mai artikuliert hatte.

Doch in der vorgeschalteten Sitzung des Bau- und Werksausschusses fanden weder der Beschlussvorschlag der Verwaltung noch die Vorlage der SPD eine Mehrheit. Die Abstimmungen endeten jeweils mit einem Patt, wodurch die Anträge als abgelehnt galten. Möglich wurde diese Pattsituation durch das Fehlen einiger Mitglieder in dem Gremium. Zwar gab es im Ausschuss letztlich eine Mehrheit für eine überarbeitete Fassung des Verwaltungsvorschlages.

Doch die SPD stellte in der anschließenden Gemeinderatssitzung ihren Antrag nochmals zur Abstimmung. Und wieder gab es ein Patt, womit keiner der beiden Vorschläge letztlich beschlossen wurde.

In einer Sondersitzung am heutigen Donnerstag tagt nun der Gemeinderat Weiskirchen erneut, um doch noch eine Stellungnahme seitens der Gemeinde zu beschließen.

Die Frist zur Einreichung dieser Stellungnahme wurde seitens der rheinland-pfälzischen Behörden bis Ende dieser Woche verlängert. Bei der Stellungnahme zur Flächennutzungsplan-Änderung forderte die SPD , das dort vorgesehene Vorranggebiet aufzugeben und allein den geplanten Standort am Teufelskopf auszuweisen. Das Einvernehmen zu dem konkreten Bauantrag für den Windpark im Zerfer Wald solle zudem verweigert werden.

Die SPD argumentierte in ihrem Antrag, dass der dort geplante Großwindpark massive Einschränkungen der Lebensqualität für die Anwohner von Rappweiler mit sich bringen werde. Neben gesundheitlichen Beeinträchtigungen durch die Betriebsgeräusche der Windräder sei ein Wertverlust von Immobilien zu befürchten. Auch die Landschaft sowie die dort vorhandene Tier- und Pflanzenwelt werde durch das Projekt in erheblichem Maße geschädigt. Der SPD-Antrag verweist darauf, dass sich beide geplanten Vorranggebiete in der Kernzone des Naturparks Saar-Hunsrück befinden. Diese sollen gemäß dem Koalitionsvertrag der neu gebildeten SPD-FDP-Grüne-Landesregierung in Rheinland-Pfalz von der Windkraftnutzung ausgeschlossen bleiben.

Auch die touristischen Interessen der Gemeinde Weiskirchen werden nach Überzeugung der SPD durch den Großwindpark beschädigt. Sowohl auf die Hochwaldkliniken wie auf den Wild- und Wanderpark, der nach SPD-Angaben nur etwa 250 Meter von dem künftigen Vorranggebiet liegen wird, würden die neun Windräder negative Auswirkungen haben. Die SPD verweist darauf, dass die Gemeinde Kell am See vor sechs Jahren, als in Weiskirchen der Bau von Windrädern am Wildpark diskutiert worden sei, eindringlich gefordert habe, von diesem Standort abzusehen.

Und nun plane die gleiche Kommune in direkter Nachbarschaft zu dem damals von ihr abgelehnten Areal einen Windpark von weitaus größeren Ausmaßen. Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Karsten Kiefer wies zudem darauf hin, dass sich bei einer Einwohnerbefragung in der Gemeinde Weiskirchen zum damals geplanten Windpark am Wildpark rund 60 Prozent der Bürger, die ihre Stimme abgegeben hatten, gegen diesen Standort ausgesprochen hatten.

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 Windrad-Idylle im Abendlicht. Foto: Marius Becker/dpa

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auf einen blick Manuel Hassler, Vorsitzender der FDP im Hochwald, hofft, dass der Koalitionsvertrag der neuen rheinland-pfälzischen Landesregierung, der noch in Gesetzesform gegossen werden müsse, die Planungen der Verbands-Gemeinde Kell am See für den Windpark Zerfer Wald noch stoppen kann. Darin werden "unter anderem die Kernzonen in Naturparks in Rheinland-Pfalz rechtlich von der Windkraftnutzung ausgeklammert", erläutert Gerrit Oestreich, der für die FDP im Weiskircher Gemeinderat sitzt. Allerdings könnte es eine Ausnahmegenehmigung geben, da auf Weiskircher Seite auf dem Schimmelkopf und damit in direkter Nähe zur Naturpark-Kernzone (die es im Saarland landesplanerisch in dieser Form nicht gibt) bereits vier Anlagen gebaut worden sind. Das Gebiet gelte somit als "vorbelastet". Die FDP fordere die Landesregierung auf, "endlich die Landesentwicklungsplanung unseres Nachbarbundeslandes zu respektieren und nicht durch weitere Vorbelastungen aufgrund von grenznahem Errichten von Windkraftanlagen an Naturpark-Kernzonen zu torpedieren". cbe

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