Mit Würfel und Rosenkranz

Wadrill · Über 200 Mitglieder hat die Wadriller Gehöferschaft. Viele von ihnen trafen sich nun wieder zum Aufteilen der Hecken, der Zuweisung des Brennholzes. Gehöferschaftsvorsteher Leo Clasen nahm die Teilung vor.

 Hausmarken und Zahlenwürfel wurden auf eine Schnur gezogen und bilden den Rosenkranz, der jedem Miteigentümer seinen Teil der zugewiesenen Hecken zur Nutzung angibt. Fotos: erich brücker

Hausmarken und Zahlenwürfel wurden auf eine Schnur gezogen und bilden den Rosenkranz, der jedem Miteigentümer seinen Teil der zugewiesenen Hecken zur Nutzung angibt. Fotos: erich brücker

Nach altem Brauch ging dieser Tage das Aufteilen der Hecken, die Brennholzzuteilung, in der Wadriller Gehöferschaft wieder über die Bühne. Die Gehöferschaft besteht aus den Großzinserben, Wittemhoferben, Forsthoferben und Huferben. Dem Gesetz nach stellt diese Gehöferschaft eine landwirtschaftliche Genossenschaft mit gemeinsam verwaltetem und bewirtschaftetem Grundbesitz dar. Mit Hausmarken und Würfeln werden die Hecken verteilt, am Ende der Zeremonie hat sich ein so genannter Rosenkranz gebildet. Die Heckenteilung vollzog sich am frühen Vormittag auf dem Stückel. An Ort und Stelle gab es zunächst den obligatorischen Schnaps zum Aufwärmen.

Gehöferschaftsvorsteher Leo Clasen zog zunächst aus einem Säckchen die Holzkugeln mit den eingeschnitzten Hausmarken und übergab sie dem entsprechenden Eigentümer. Folgende Hausmarken gibt es in Wadrill : Hahnenfuß, Hühnerfuß, Stern, Raute, Winkel, Weck, Mistgabel, Bäckerbrot, Felge, Heugräbchen, Kreuz, Wolfsangel, Schlumpfmesser und Hufnägelchen. Ein weiteres Unterscheidungsmerkmal ist der "Keft", der zur besseren Unterscheidung einer Hausmarke zusätzlich angebracht wurde. In einem anderen Säckchen befand sich die gleiche Anzahl nummerierter Holzwürfel. Hieraus entnahm jeder Gehöfer einen Würfel und bestimmte mit seiner Zahl, an wievielter Stelle ihm in der Reihenfolge der Zuteilungen sein Anteil zugemessen wurde.

Diese Zuteilung geschieht mit der fünf Meter langen Messlatte, der Rute. Der Gehöferschaftsvorsitzende reiht nun die Kugeln mit den Hausmarken zusammen mit den Würfeln auf eine Schnur. So entsteht für die verteilte Gemarkung ein gültiger Rosenkranz, der von allen Eigentümern respektiert wird und Nachweis der zugeteilten Brennholzanteile ist. Mit einem Lyoneressen in der Harteichhütte endete die Heckenteilung. In den nächsten Wochen, sofern es die Witterung zulässt, später aber dann im Frühjahr wird in den Wadriller Hecken wiederum reges Treiben herrschen, wenn die Gehöferschaftserben ihr Brennholz für ihre Öfen machen. Dabei ersetzen längst Motorsägen Axt und "Häb", die Werkzeuge aus früheren Tagen.

 Mit der Rute werden den Miteigentümern ihre Anteil abgemessen.

Mit der Rute werden den Miteigentümern ihre Anteil abgemessen.

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HINTERGRUNDDie Wadriller Gehöferschaft, auch "Aktiengesellschaft der kleinen Leute" genannt, ist der Zusammenschluss von über 200 Miteigentümern, die den gemeinschaftlichen Grundbesitz, der aus Lohhecken, Mittel- und Jungkulturen, brach liegenden Äckern sowie dem Anteil an der Jungviehalm besteht, verwalten, bewirtschaften und nutzen. Die Gesamtfläche beträgt etwa 280 Hektar. Vom Grundbesitz wird immer nur ein Teil in jeweils gleich bleibenden Abständen genutzt, wobei jeder Miteigentümer nur den Teil erhält, der seinem Anteil am Gesamtvermögen und Besitz entspricht. Gehöferschaften genießen heute mit Blick auf die gestiegenen Energiepreise und umweltbewusste Investitionen in erneuerbare Energien wieder mehr Ansehen. In Wadrill wird zudem Nostalgie gepflegt. eb

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