Stürmische Diskussion zum Thema Wind

Rathen · „Wir sind wohl gehörig hinters Licht geführt worden und fühlen uns über den Tisch gezogen“, so die nahezu einhellige Meinung der rund 120 Bürgern von Rathen und benachbarten Orten, die am Freitag zu einer Bürgerversammlung ins Schützenhaus der Hubertus-Schützen gekommen waren.

 Auf diesem Höhenzug, dem Wenzelstein, sollen sechs Windräder gebaut werden. Die Häuser (hinten) sind nur 830 Meter entfernt. Fotos: Erich Brücker

Auf diesem Höhenzug, dem Wenzelstein, sollen sechs Windräder gebaut werden. Die Häuser (hinten) sind nur 830 Meter entfernt. Fotos: Erich Brücker

Thema der Bürgerversammlung war die vorgesehene Konzentrationszone für Windenergieanlagen in dem Bereich Wenzelstein/Eulenkreuz, Waldgelände zwischen Lockweiler und Löstertal, im Eigentum des Staatsforstes. Grund des Unmutes war die erst in der vergangenen Woche anlässlich einer Info-Veranstaltung zum Thema Windenergieanlagen in der Stadt Wadern durch Bürgermeister Jochen Kuttler erhaltenen Informationen, dass auf der 204 Hektar großen Fläche sechs Windräder mit einem Abstand von 800 Metern zur Wohnbebauung errichtet werden sollen.

Warum so spät diese Mitteilung, war die wiederholt gestellte Frage, zumal Ortsvorsteher Josef Serwe von Lockweiler bereits im Januar 2016 in der ersten Ausgabe des Amtlichen Bekanntmachungsblattes für die Stadt Wadern eine Anfrage der Firma Abo-Wind für das Aufstellen von vier bis sechs Windkraftanlagen publik gemacht hatte. Aber nicht nur die Nähe der Räder wurde scharf kritisiert, sondern auch die Höhe wurde mit 230 Metern angegeben, die bis dahin höchsten im Saarland. Allgemein war man von einer Höhe von 130 Metern ausgegangen, da der bereits errichtete Messturm diese Höhe hat. "Die sich daraus ergebenen Auswirkungen sind für die Bürger von Rathen äußerst bedrohlich", betonte Günter Möcks, der die Versammlung mit Hilde Finkler einberufen hatte und mit Michael Wahl eine detaillierte Auflistung möglicher Auswirkungen entsprechend den Entfernungen zur Wohnbebauung und Höhe der Anlagen zum Einstieg in die Diskussionen präsentierte. Optische Bedrohung, Lärm, Schlagschatten, Infraschall, Eiswurf, Zerstörung der Landschaft werde man mit der Gesundheit bezahlen. Die Lebensqualität werde enorm gemindert. Auch Fauna und Flora hätten darunter zu leiden, auch im Hinblick auf Ausgleichsmaßnahmen in Bezug auf Abholzungen, pro Rad eine Fläche von Sportplatzgröße, sowie Bau und Befestigungen der Zufahrtsstraßen. "Es wurde ein guter Eindruck vermittelt, was alles Negative auf uns zukommen kann", so der Tenor. Ortsvorsteher Wolfgang Maring erläuterte nochmals die Verpflichtung der Stadt, Konzentrationsflächen für Windanlagen bereitzustellen zu müssen, bestätigte auch, dass beim Landesamt für Umwelt und Arbeitsschutz (LUA) ein Antrag der Abo-Wind vorliege. Auch eine Klage sei eingereicht worden, die aber erst endgültig verhandelt werden könne, wenn der Teilflächennutzungsplan durch den Stadtrat verabschiedet ist, voraussichtlich im November. Maring versprach, sich dafür einzusetzen, dass der Stadtrat die Abstandsflächen zur Wohnbebauung auf mindestens 1000 Meter erweitern und die Höhe der Räder auf höchstens 200 Meter festsetzen sollte. Das gelte aber dann für alle vorgesehenen Konzentrationszonen in der Stadt. "Wenn dies rechtlich machbar ist, dann werden wohl drei Windräder nicht gebaut werden können", so der Ortsvorsteher. Man sei aber jetzt im Stadium der Planung, in der Träger öffentlicher Belange ebenso Einwände erheben können wie Privatpersonen. "Bis zum 30. September wird die Frist hierzu verlängert", sagte der Ortsvorsteher, der eine eindeutige Antwort auf die Frage, warum er die Bächer Bürger nicht frühzeitiger informiert hatte, schuldig blieb.

"Früher wäre besser gewesen, aber jetzt ist es noch nicht zu spät, zu reagieren", bilanzierte Möcks. Seinem Vorschlag, Einwände gegen die Änderung des Teilflächennutzungsplanes für Windenergieanlagen im Bereich Wenzelstein, zu erheben, folgte die Versammlung. Einen Vordruck hatte er vorbereitet und an alle verteilt, den es nunmehr fristgerecht an die Stadtverwaltung abzusenden gilt. Hans Bajohr hatte sich für die Gründung einer Bürgerinitiative ausgesprochen, was eine wirksamere Möglichkeit gewesen wäre, Gegenmaßnahmen zu ergreifen. "Sobald da oben das erste Rad steht, sind unsere Häuser 30 000 Euro weniger wert", befürchtet Bajohr.Der Stadtrat Wadern hatte in der Ratssitzung vom Mai die Konzentrationszonen für Windenergieanlagen (Erste Änderung des sachlichen Teilflächennutzungsplanes Wind ) festgesetzt. Unter frühzeitiger Beteiligung der Behörden und sonstiger Träger öffentlicher Belange wurden deren Anregungen, Bedenken und Hinweisen Rechnung getragen und zunächst nachstehende Abstandsflächen festgelegt: 1200 Meter zum Krankenhaus, zu Altersheimen, 800 Meter zu Wohnbauflächen und zu Schulen, 650 Meter zu gemischten Bauflächen/Dorfgebieten, zu Wohnnutzungen im Außenbereich und zu Öffentlichen Verwaltungen (Bürgerhäuer, Rathaus, Gericht, Polizei ), 200 Meter Vorsorgeabstand zu Naturschutzgebieten und Natura 2000-Gebieten sowie 50 Meter zu gewerblichen Bauflächen und Einzelhandel. Mindestabstände zu Brutplätzen (Rotmilan: 1500 Meter, Schwarzstorch: 3000 Meter, Uhu, Wanderfalke, Graureiher jeweils 1000 Meter). Besonders war zu beachten, dass der früher gewählte Abstand von 1000 Metern zu Wohnbebauungen nicht haltbar ist, 800 Meter sind jetzt gefordert. Aufgrund dieser Vorgaben blieben für das Stadtgebiet folgende Konzentrationszonen übrig: Wadrill - Felsenberg (rund 89 Hektar); Wadrill - Hochwaldalm (rund 38 Hektar); Krettnich - Langheck (rund 4 Hektar); Lockweiler/Löstertal - Wenzelstein/Eulenkreuz (rund 204 Hektar). Zusätzlich wird ein Vorranggebiet für Windenergie in Nunkirchen als Sondergebiet für Windenergie dargestellt.

Damit ist die Stadt ihrer Verpflichtung nachgekommen, unter Berücksichtigung vieler Kriterien, gültiger Gesetze und aktueller Rechtsprechungen der Windkraftnutzung ausreichend Raum zu geben, auch in Waldgebieten, was mittlerweile möglich ist.

Planungsstand kein Geheimnis

"Das sicher nicht unumstrittene Thema der Windkraftnutzung soll bei uns offen und transparent behandelt werden", verspricht Bürgermeister Jochen Kuttler. Das Prozedere sieht weiterhin vor, dass sowohl die Träger öffentlicher Belange, das sind zum Beispiel die Nachbargemeinden, Stromversorger, Umweltschutzverbände, aber auch die Öffentlichkeit, also die Bürger , an der Planung beteiligt werden. Und da es ganz bewusst gewollt und verpflichtend ist, die Bevölkerung so früh wie möglich mit ins Boot zu nehmen, wurde vergangene Woche eine erste öffentliche Bürgerbeteiligung durchgeführt, in Form einer Informationsveranstaltung über den Stand der Planungen.

Die aktuellen Planunterlagen liegen im Rathaus öffentlich aus. Man wolle aus dem Planungsstand nämlich alles andere als ein Geheimnis machen. Jeder kann seine Bedenken äußern.

 Groß war das Interesse der Rathener Bürger an der Bürgerversammlung.

Groß war das Interesse der Rathener Bürger an der Bürgerversammlung.

Der Bürgermeister weist besonders darauf hin: Wer immer in Sachen Windkraftenergieanlagen auf den Flächen im Stadtgebiet etwas plant, muss dabei ein aufwändiges Genehmigungsverfahren durchlaufen. Er muss die Umweltverträglichkeit der Anlagen ebenso nachweisen wie den Schutz der Bevölkerung vor Lärmbelastung, Schattenflug und Ähnlichem. Das Genehmigungsverfahren ist beim Landesamt für Umwelt- und Arbeitsschutz angesiedelt. Aber auch hier gibt es großes Interesse daran, einen möglichst umfassenden Konsens herzustellen. "Es ist noch keine wichtige Entscheidung gefällt worden", beruhigt Bürgermeister Jochen Kuttler abschließend.

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