Hier kann man Milch tanken

Sinz · Sich jeden Tag frische Milch holen, quasi direkt von der Kuh – und das rund um die Uhr: eine Vorstellung, die so weit hergeholt gar nicht ist. Auf dem Waldhof von Winfried und Gertud Rock in Sinz ist dies schon seit über zwei Jahren möglich.

 Gertrud Rock präsentiert ihren Frischmilch-Automaten.

Gertrud Rock präsentiert ihren Frischmilch-Automaten.

Im Hofladen der Familie Rock gibt es eine "Milchtankstelle ", die es den Kunden ermöglicht, zu jeder Tages- und Nachtzeit frische Milch abzufüllen. Ideengeber hierzu war Bruder Alwin Rock , der schon länger die Idee zu einem Hofladen mit Selbstbedienung hatte.

Warum sollte so etwas nicht in Sinz funktionieren? "Der Hof liegt an der Durchgangsstraße nach Luxemburg. Jeden Tag passieren viele Autofahrer den Waldhof. Und ein Laden, in dem es Produkte direkt ab Hof zu kaufen gibt, ist in der Region immer ein Gewinn", erklärt Familie Rock den Entschluss.
Auflagen und Kontrollen

Bevor der Milchautomat angeschafft wurde, musste die Genehmigung beim Veterinäramt eingeholt werden, denn eine Milchtankstelle muss angemeldet werden. Verschiedene Auflagen müssen erfüllt sein, wie zum Beispiel der wichtige Satz: "Rohmilch - vor dem Verzehr abkochen". "Bei Kontrollen wird immer wieder genau darauf geachtet, ob der Zettel auch gut sichtbar angebracht ist. Den Kunden ist es selbst überlassen, ob sie das tun oder nicht", so die Bäuerin. Gertrud Rock betont, dass Milch eines der sichersten Lebensmittel überhaupt ist. Täglich wird die Milch untersucht. Alle zwei Tage wird sie von der Hochwald-Molkerei abgeholt. Dabei wird die Milch zum ersten Mal auf dem Hof geprüft. Sollten sich dort bereits unklare Werte wie zum Beispiel bei der Keimzahl ergeben, wird sie erneut in der Molkerei kontrolliert und im schlimmsten Fall erst gar nicht dort abgefüllt. Die Milch von Familie Rock ist von besonders guter Qualität, hat einen Fettgehalt von etwa vier Prozent. Der Eiweißgehalt liegt bei rund 3,5 Prozent. Wegen der guten Werte trägt die Milch das Prädikat "S-Klasse A" - die höchste Bewertung.

Die Pflege der Milchtankstelle ist bei allem Positiven allerdings nicht zu unterschätzen. Der Automat wird mit speziellen Milchkannen befüllt. Vor jedem Befüllen müssen Leitungen und Pumpe im Inneren gründlich gereinigt und desinfiziert werden. "In meinem Putzwagen sind verschiedene Reinigungsmittel. Es ist sehr wichtig, den Reinigungsablauf richtig einzuhalten. Das muss auch täglich dokumentiert werden", erläutert Gertrud Rock .

Ein Liter Milch kostet an der "Tankstelle" einen Euro. Die Kunden können Flaschen vor Ort kaufen oder ihre eigenen mitbringen. "Man öffnet das Edelstahltürchen, stellt die Flasche unter den Auslauf, wirft die Münzen ein, drückt auf Start und schon läuft die Milch", erklärt Gertrud Rock . In dem extra gebauten Häuschen, in dem sich die Milchtankstelle befindet, steht auch ein Automat, in dem es Freilandeier der Größe M und L gibt. Auch hier wirft man Münzen ein, um das gewünschte Produkt zu erhalten. Die Eier kommen ebenfalls direkt ab Hof.
Rund 240 Hühner

Winfried Rocks Bruder Alwin ist für die rund 240 Hühner zuständig, die im Hühnermobil direkt neben dem Waldhof leben. Das Hühnermobil hat einen zeitlich automatisch gesteuerten Auslauf. So geht etwa um 11 Uhr morgens die Klappe auf und die Hühner können bis abends frei auf der Wiese sein.

Im Hofladen gibt es auch frische Eiernudeln , die im Betrieb von Alwin Rock hergestellt werden. Ansonsten gibt es noch verschiedene hofeigene Milchprodukte wie Joghurt oder Pudding . "Der Hofladen ist für uns eine Verbesserung des Einkommens. Die Milchtankstelle wird sehr gut angenommen. Das liegt vor allem an der Selbstbedienung, die 24 Stunden am Tag möglich ist", sagt Gertrud Rock . Für einen Liter Milch bekommen die Rocks von der Molkerei 28,50 Cent (ohne Mehrwertsteuer). Sind die Inhaltsstoffe so gut wie auf dem Waldhof, können es auch ein paar Cent mehr sein.

Allerdings immer noch eine geringe Entlohnung, wenn man den Aufwand bei der Milchwirtschaft mit einbezieht. Seit Generationen gibt es in Sinz den landwirtschaftlichen Betrieb der Familie Rock . Winfried und Gertrud Rock haben den Hof 1981 von Winfrieds Eltern Robert und Josefa Rock übernommen.

Diese waren 1965 mit den Kindern aus dem Ort in den Aussiedlerhof gezogen. "Im Ort gab es keine Möglichkeit der Erweiterung und da in dieser Zeit eine Aufbruchstimmung bei den Bauern herrschte, entschloss man sich, auszusiedeln" erklärt Gertrud Rock .

Wie damals üblich bestand der Aussiedlerhof aus einem Wohnhaus und Stall, in dem Platz für 30 Kühe, 20 Sauen und eine Lagerhalle war. Sohn Winfried baute dann einen Kuhstall ohne Anbindung, einen Boxen-Laufstall und einen Melkstall mit acht Melkplätzen. Die Anzahl der Kühe war mittlerweile auf 60, die der Jungrinder auf rund 50 angestiegen.

Die Schweinezucht gab Familie Rock wegen des Preisverfalls bald auf und nutzte den Schweinestall ebenfalls für die Kühe. Fortan konzentrierte man sich auf die Milchwirtschaft , die auch der arbeitsintensivste Zweig auf dem Bauernhof ist.

Im Laufe der Jahre gab es wiederum Umbauten und Vergrößerungen. Mittlerweile ist der Milchkuhbestand auf rund 120 angestiegen. Der Melkstall ist jetzt als "Doppel-Neuner" ausgebaut. "Die Arbeit wird auf unserem Hof nicht weniger", sagt Gertrud Rock schmunzelnd.

Da ist es doch positiv, wenn die Nachfolge im landwirtschaftlichen Betrieb gesichert ist. Tochter Christine und ihr Lebensgefährte werden den Betrieb später übernehmen. In Arbeitsspitzen wie zum Beispiel bei Erntearbeiten hilft die gesamte Familie, zu der auch die Brüder Alwin und Robert Rock zählen, tatkräftig mit .

 In diesem Holzhäuschen ist die Sinzer Milch-Tankstelle untergebracht. Fotos: Ruth Solander

In diesem Holzhäuschen ist die Sinzer Milch-Tankstelle untergebracht. Fotos: Ruth Solander

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StichwortNicht nur im saarländischen Sinz gibt es eine Milchtankstelle - rund 750 Kilometer nördlich im schleswig-holsteinischem Nordfriesland kann man seit vergangenem Jahr ebenfalls gekühlte frische Landmilch rund um die Uhr am Automaten zapfen. Carsten und Anke Clausen, die den Bauernhof am Wattenmeer auf der Halbinsel Eiderstedt in dritter Generation führen, bewirtschaften 129 Hektar (Grünland, Futtermaisanbau, Ackerbau). rso www.bauernhof-am-wattenmeer.de

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