Traditionsbäckerei schließt

Perl · Seit 1943 bestand das Café Schampaul in Perl; nun geht eine Ära zu Ende. Konkurrenz durch Discounter, erschwerte Zufahrt durch geänderte Verkehrsführung – das war zu viel für das Familienunternehmen.

 Heute ist der letzte Tag für die Mannschaft im Café Schampaul. Foto: Rolf Ruppenthal

Heute ist der letzte Tag für die Mannschaft im Café Schampaul. Foto: Rolf Ruppenthal

Foto: Rolf Ruppenthal

Über Jahre hinweg hat sie die Nacht zum Tag gemacht. Während die Kunden noch selig in Morpheus Armen lagen, hat die Konditormeisterin mit ihrem Gesellen Sebastian Braunshausen und anderen Mitarbeitern Teig geknetet, gerührt, gebacken - frisch und knackig sollten Brot, Brötchen , Croissants, die Mama Rita und Schwester Esther Schampaul in der Perler Bahnhofstraße 8 verkauften, sein - ein Familienbetrieb. Cremige, fruchtige und sahnige Köstlichkeiten reihten sich in den Vitrinen der gemütlichen Bäckerei aneinander, fantasievolle Werke von Kerstin Schampaul. Doch das gehört der Vergangenheit an. Die Traditionsbäckerei an der Obermosel schließt zum 1. August.

Viele schlaflose Nächte hat diese Entscheidung die Familie gekostet - "ein schwerer Entschluss", wie die drei Frauen verraten. "Aber das Ganze hat sich nicht mehr rentiert" - eine Art Sterben auf Raten.

Elf Backstellen zählen sie mittlerweile in Perl . "In allen großen Einkaufszentren gibt es Brot, Brötchen und andere Backwaren", sagen sie. "Es ist größtenteils dem Zeitmangel geschuldet, dass sich die Leute bei ihrem Einkauf komplett eindecken, die fahren nicht noch einen großen Umweg zu uns", wie sie vermuten. Ab März 2014 wurde in der Hubertus-von-Nell-Straße die Verkehrsführung geändert: ein Teilbereich der Trierer Straße nur noch in eine Richtung befahrbar - für das Familienunternehmen eine weitere Schwierigkeit. "Dass die Straße ins Dorf nicht mehr passiert werden kann, hatte für uns ebenfalls fatale Auswirkungen", gestehen Mutter Rita und die Konditormeisterin.

Die Folge: Das Café samt Wintergarten, den Kerstin Schampaul vor zwei Jahren als schmucken Treff bei Kaffee und Kuchen hatte aufpeppen lassen, wurde geschlossen - wegen zu wenig Kundschaft. Mit drei Festangestellten und fünf Teilzeitkräften arbeitete die Familie weiter, hoffte auf bessere Zeiten, wie Rita Schampaul verrät. "Nach einem mauen Frühjahr habe ich auf den Herbst gesetzt, dann wieder aufs Frühjahr." Allen Unbilden zum Trotz: "Wir haben nie auf Aufbackwaren gesetzt, immer sollte alles frisch sein", sagt die 41-jährige Kerstin Schampaul, die den Betrieb vor ziemlich genau acht Jahren übernommen hat. So ließ man sich mit frischen Backwaren beliefern. Die süßen Köstlichkeiten entstanden in der eigenen Backstube - bis zu 60 Sorten an Kuchen , ohne die Torten und 20 Sorten an süßen Teilchen. Mit im Boot: Kerstins Ehemann Sascha Huber, ein Werkzeugmacher. Mit dem heutigen Freitag ist endgültig Schluss.

Damit eine Geschichte eines langjährigen Traditionsunternehmens seit 1943 zu Ende, die das Leben und Arbeiten von drei Generationen geprägt hat. Es war Handwerksmeister Emil Schampaul, die Bäckerei in Perl 1948 eröffnete, seit Ende der 1950er Jahre in dem heutigen großen Haus mit separatem Café. "Mein Vater Franz-Josef und meine Mutter Rita haben den Betrieb 1973 abgekauft", erzählt Kerstin Schampaul.

An eine ihrer ersten Amtshandlungen erinnert sich die Mama heute noch: den Verkauf von Sauerkirschenkuchen. Tochter Kerstin wurde Konditormeisterin. "Backen liegt mir im Blut. Mein Opa war Bäcker, betrieb eine Bäckerei in Wincheringen", sagt die Mutter einer zehnjährigen Tochter. Nach dem Tod des Bäckermeisters führten seine Ehefrau und die ältere Tochter Esther die Bäckerei weiter, bis Kerstin den Betrieb am 1. Juli 2008 übernahm.

Das Rezept der Schwarzwälder Kirschtorte hat sie von ihrem Papa übernommen, auch die der vielen anderen Kuchen und Torten . Diese Geheimnisse will sie hüten wie einen Augapfel: "Man weiß ja nie wofür." An ihren neuen Arbeitsrhythmus wird sie sich erst gewöhnen müssen - eine Frau, die viele Jahre lang die Nacht zum Tag gemacht hat.

Was sie freut: Geselle Sebastian Braunshausen, der bei ihrem Vater in die Lehre ging, braucht sich keine Sorgen um eine neue Stelle zu machen: "Bäcker werden gesucht."

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