Wiemann: SPD nicht im Geld-Rausch

Saarhölzbach · Haben Mettlacher Kommunalpolitiker beim Erwerb des ehemaligen Gasthauses „Auf Kappelt” Insiderwissen genutzt? – Ein Immobilienkauf in Saarhölzbach sorgt für viel Diskussionsstoff.

 Der Erwerb und die Vermietung der alten Schule sorgen für Diskussionen. Foto: Werner Krewer

Der Erwerb und die Vermietung der alten Schule sorgen für Diskussionen. Foto: Werner Krewer

Foto: Werner Krewer

Als einziger Bieter für das ehemalige Restaurant und Hotel "Auf Kappelt" hat er nach seinen Worten bei der Zwangsversteigerung am 16. Oktober geboten: Markus Rausch, SPD-Fraktionschef im Metlacher Gemeinde, erhielt für 210 000 Euro den Zuschlag für das leerstehende Gebäude mit Ferienwohnungen und Gästezimmer. Längst haben es die Grüne Kreis Immobilien (GKI) an die Gemeinde Mettlach vermietet - zur Unterbringung von Flüchtlingen. Bis zu 30 Personen können laut GKI untergebracht werden.

Die ersten Familien haben das Haus schon bezogen. Am heutigen Freitag sollen laut dem Mettlacher Bürgermeister Carsten Wiemann weitere folgen: zwei Ehepaare ohne Kinder, zwei Ehepaare mit jeweils einem Kind, ein Ehepaar mit zwei Kindern und neun Einzelpersonen.

Um das zuletzt leerstehende ehemalige Restaurant kaufen zu können, hatte Rausch in Berlin die GKI kurz vor dem Versteigerungstermin gegründet. Inwischen ist sein Parteifreund Hans-Georg Stritter, langjähriges Mitglied des Landtages und jetzt Mitglied im Verwaltungsrat der Sparkasse Merzig-Wadern, mit im Immobilien-Boot. "Es entzieht sich meiner Kenntnis, ob sie die einzigen Bieter bei der Versteigerung waren", sagte Mettlachs Bürgermeister Carsten Wiemann (SPD ) im Gespräch mit der SZ am Mittwoch. Dies hatten Stritter und Rausch der SZ so gesagt.

Wiemann: "Die meisten Mitbürger stehen auch in Saarhölzbach den Zuflucht suchenden Menschen offen gegenüber." Die Proteste, die gegen den Verkauf der alten Schule aufgeflammt sind, so hofft er, werden bald abflauen. "Wir sollten uns alle so schnell wie möglich wieder auf die eigentlichen Herausforderungen konzentrieren, die diese Flüchtlingswelle mit sich bringt, und natürlich auch auf die Aufgaben, denen wir uns tagtäglich zu stellen haben."

Kritik in der Gemeinde will er nicht abstreiten. Jedoch verwahrt er sich gegen die Aufschrift eines Protest-Plakates über dem Eingangsschild von Saarhölzbach . "Die SPD im Geld-Rausch" ist darauf zu lesen. "Die SPD ist nicht im Geld-Rausch."

Dass Rausch Insiderwissen genutzt hat, da die Unterbringung von Flüchtlingen in der alten Schule just zwei Tage vor Kauf Thema in einer nichtöffentlichen Sitzung des Hauptausschusses war, beantwortet er sehr diplomatisch: "Ich würde sagen: nein." Alle Mitglieder des Hauptausschusses, nicht nur Rausch, hätten diese Erkenntnis aus der Sitzung mitgenommen.

Er verweist darauf, dass bekannt ist, was an Leistungen laut Asylbewerber-Leistungsgesetz gezahlt wird. "In dem kommunalpolitischen Geschäft stellen sich immer in einem gewissen Umfang Interessenkonflikte, wenn ehrenamtliche Ratsmitglieder oder Bedienstete der Gemeinde in eigenen Angelegenheiten oder denen von nahen Angehörigen vorstellig werden oder durch Entscheidungen betroffen sind. Dafür gibt es Gesetze, wo die Grenzen der Mitwirkungsverbote an Entscheidungsprozessen oder zustimmungspflichtige Rechtsgeschäfte geregelt sind. Daran habe ich mich gehalten. Ich muss aber einräumen, dass immer in einem gewissen Umfang Interessenkonflikte unterhalb der gesetzlichen Grenzen übrig bleiben, die aber für die Verwaltungsverfahren irrelevant sind. So ist die Anmietung von Wohnraum für Flüchtlingsunterkünfte eine Auftragsangelegenheit, die alleine dem Bürgermeister obliegt."

Dass eine Mietsumme von 3900 Euro pro Monat vereinbart worden sei, will er nicht bestätigen. Nur so viel gibt er preis: "Die Zahl lässt sich anhand des Verkehrsgutachtens, das vom Kreis-Gutachterausschuss Basis für die Zwangsversteigerung ist und jedem zugänglich ist, ablesen." Auch sei bekannt, dass nach dem Asylbewerber-Leistungsgesetz bei der Unterbringung von Einzelpersonen ein Betrag von 200 bis 230 Euro gezahlt werde, bei der von Familien gebe es einen Zuschlag von 180, 190 Euro.

Zudem sei bekannt gewesen, dass die Gemeinde Wohnraum zur Unterbringung anmiete, nicht kaufe. Einen solchen Klotz wolle man sich nicht ans Bein binden, sagt Wiemann mit Blick auf die marode Haushaltslage der Gemeinde.

"Das ist Angelegenheit der Gemeinde"


Grundsätzlich hätte die Gemeinde das ehemalige Restaurant "Auf Kappelt" ersteigern können, um Flüchtlinge unterzubringen. Das betont das Innenministerium auf SZ-Anfrage (wir berichteten). "Es hätte auch einen Zuschuss gegeben. Allerdings verbleibt nach einer Förderung immer auch ein kommunaler Eigenanteil, den eine Gemeinde selbst zu tragen hat. Darüber hinaus muss die Gemeinde auch entscheiden, ob eine Maßnahme wirtschaftlich ist, wenn sie diese selbst durchführt. Unter Umständen kann es kostengünstiger sein, mit Privaten zusammenzuarbeiten. Da das angesprochene Objekt privat erworben wurde, lag seitens der Gemeinde hier keine Zuschussanfrage vor", ist in der Stellungnahme zu lesen.

Nicht bewerten will das Innenministerium den Kauf der alten Schule durch die Gesellschaft, die Markus Rausch, SPD-Fraktionschef im Mettlacher Gemeinderat, und Hans-Georg Stritter, langjähriger SPD-Abgeordneter im saarländischen Landtag und Mitglied des Verwaltungsrates der Sparkasse Merzig-Wadern, eigens dafür gegründet haben. Das Geldinstitut hatte das ehemalige Restaurant und Hotel unter den Hammer gebracht. "Dies ist eine Angelegenheit der Gemeinde Mettlach", heißt weiter. Ob Rausch Insiderwissen genutzt hat, wie Kritiker dem Rechtsanwalt unterstellen, oder nicht, will man im Haus von Klaus Boullion (CDU ) nicht beurteilen.

Fest steht für das Innenministerium: "Die Gemeinden sind zur Unterbringung der Flüchtlinge gesetzlich verpflichtet und setzen diese Aufgabe in eigener Verantwortung um. Wie und wo eine Gemeinde Flüchtlinge unterbringt, entscheidet die Kommune somit selbst", heißt es in der Stellungnahme weiter. Daher habe man auch keine Kenntnis darüber gehabt, ob das Gebäude auf Kappelt zu vermieten ist oder nicht.


Beigeordneter Schneider: "Mettlach hatte anmieten müssen"

Den Mietvertrag, der zwischen Grüner Kreis Immobilien und der Gemeinde Mettlach abgeschlossen worden ist, nennt Bernhard Schneider, CDU-Fraktionschef im Mettlacher Gemeinderat, nicht schlechter als andere Verträge, die zur Unterbringung von Flüchtlingen abgeschlossen wurden, sagt er der SZ.

"Das Gebäude auf Kappelt ist eines von 30 bis 40 Objekten, die die Gemeinde angemietet hat." Schließlich muss nach Schneiders Worten die staatliche Aufgabe der Flüchtlingsunterbringung erfüllt werden. "Wir können nicht ablehnen." Und noch eines steht für ihn fest: "Wir können nur einen Tod sterben: Entweder mieten wir Objekte an oder wir belegen Hallen", sagt Schneider, der in der Keramikgemeinde auch erster Beigeordneter ist. Er hatte für Mettlachs Bürgermeister Carsten Wiemann am 10. Dezember vergangenen Jahres seinen Namenszug unter den Mietvertrag gesetzt. Verwaltungschef Carsten Wiemann war da auf Dienstreise.

Dass Schneider für Wiemann unterzeichnete, nennen beide einen ganz normalen Vorgang. Im Vorfeld habe die Gemeinde ja bereits die Entscheidung gefällt, dass das Gebäude in Saarhölzbach als neues Heim für Asylsuchende geeignet sei und angemietet werden solle.

Schneider: "Wenn wir das Objekt nicht angemietet hätten, hätten dies die Merziger oder die Verantwortlichen anderer Kommunen getan, um Flüchtlinge unterzubringen." Zudem sei es möglich, kurzfristig aus dem Mietvertrag auszusteigen. Als maximale Dauer nannte er fünf Jahre. Als Grund, warum der Hauptausschuss in seiner Sitzung am 13. Oktober das Angebot des ehmaligen Besitzers abgelehnt hat, sagt er: "Wahrscheinlich konnte der Ausschuss nicht mit dem Angebot und den Konditionen des Alteigentümers leben."


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Auf eines legt der Beigeordnete großen Wert: Seine Frau, Chefsekretärin des Mettlacher Bürgermeisters, sei zum Zeitpunkt der Unterzeichnung des Mietvertrages nicht im Büro gewesen. "Sie hatte früher Feierabend gemacht." "So ein Zufall aber auch . . ."

"Es soll mir mal einer weiß machen, dass das nicht alles schon im Voraus so geplant war."

"Es gibt ein saarländisches Sprichwort, das passt dort wie die Faust aufs Auge: Frach men Broder in der Kisch, denn lieht gerade so wei isch."

"Die verarschen die Bevölkerung."

"Was sind eigentlich die Kriterien für Insidergeschäfte?"

"Von diesem Geschmäckle wird mir gewaltig übel."

"Das sind doch endlich Politiker, die für das Volk arbeiten. Selbstlos, bürgernah . . ."

"Sehr komische Geschichte . . ."

"Schämt Euch !!!!!!!!!!!"

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