Kauf und Vermietung der alten Schule stoßen in Saarhölzbach auf Kritik

Saarhölzbach · Die Ungereimtheiten in Sachen Flüchtlingsheim stinken etlichen Bürgern. Viele sind der Meinung, dass bei der Ersteigerung des ehemaligen Gasthauses „Auf Kappelt“ in Saarhölzbach Insiderwissen genutzt wurde.

 Was sich in Sachen Flüchtlingsheim abspielte, passt vielen Bürgern überhaupt nicht. Foto: W. Krewer

Was sich in Sachen Flüchtlingsheim abspielte, passt vielen Bürgern überhaupt nicht. Foto: W. Krewer

Foto: W. Krewer

Es ist das Geschäftsgebaren von Markus Rausch und seinem Parteifreund Hans-Georg Stritter, das viele Saarhölzbacher auf die Barrikaden treibt. Das haben SZ-Recherchen ergeben. Vielen Kritikern stinken die Vorgänge rund um den Ankauf des früheren Gasthauses "Auf Kappelt" in Saarhölzbach durch die Gesellschaft Grüne Kreis Immobilien, hinter der die zwei Mettlacher Kommunalpolitiker stehen. "Wurde Insiderwissen genutzt?", fragt ein Saarhölzbacher, der seinen Namen nicht nennen will. Viele Saarhölzbacher gehen auf Tauchstation, als die SZ die Stimmung in dem Mettlacher Ortsteil einfangen möchte. Es gibt Proteste im Ort, Flugblätter machten die Runde. Kurzzeitig hingen Schilder an den Ortseingängen.

Bei der Zwangsversteigerung am 16. Oktober hatten beide für 210 000 Euro den Zuschlag für das leerstehende Gebäude mit Ferienwohnungen und Gästezimmer erhalten. Längst haben es die Grüne Kreis Immobilien (GKI) an die Gemeinde Mettlach vermietet - zur Unterbringung von Flüchtlingen. Bis zu 30 Personen können laut GKI untergebracht werden. "Der Unmut bezieht sich vor allem auf Rausch", sagt der Saarhölzbacher Patrik Reif von den Freien Bürgern Mettlach (FBM). "Ich habe das Gefühl, dass eine große Aufregung herrscht. Es sind viele Ungemeintheiten im Spiel, die einer Aufklärung bedürfen."

Dass die ehemalige Schule vorübergehend zum Obdach von Flüchtlingen wird, dagegen hat Hans Michel, ehemaliger Ortsvorsteher von Saarhölzbach , nichts einzuwenden. Er nennt es einen Fehler, dass die Gemeinde das "ortsbildprägende Haus, das gut in Schuss ist" nicht ersteigert hat. Damit hätte sie die Oberhand über das Gebäude behalten. Nun, so fürchtet er, ist die alte Schule - sie war über Jahrzehnte hinweg für die Kommunalpolitik das Objekt für die Entwicklung des Ortes und des Tourismus - verloren. "Das saarländische Innenministerium hätte einen Zuschuss von 85 Prozent gegeben. Dann hätte es die Gemeinde höchstens 30 000 bis 40 000 Euro gekostet. Rechnet man noch die Mieten dazu, die für jeden Flüchtling gezahlt werden, hätten sich die Kosten ganz schnell amortisiert." Wenn die Flüchtlingswelle abgeebbt sei, hätte es wieder dem Tourismus zur Verfügung gestanden. Seit Jahrzehnten diente das Gebäude , in dem früher Kinder die Schulbank drückten, ausschließlich touristischen Zwecken - als Hotel für Gäste. "Sonst gibt es nichts in Saarhölzbach ." Wegen fehlender Übernachtungsmöglichkeiten befürchtet Michel, dass der Ort touristisch abgekoppelt werden könnte. Für den Tourismus hätten sich die Saarhölzbacher Ortsvorsteher wie auch die ehemaligen Mettlacher Bürgermeister Manfred Zimmer und Judith Thieser engagiert. "Wir haben immer darauf geachtet, dass weder das Dach der alten Schule, die über 100 Jahre alt ist, als auch die Fenster verändert wurden."

Der Verkaufsprozess mutet ihn seltsam an, "die Dementis aus der Verwaltung eine verneinende Bestätigung", sagt Hans Michel. Ob die Immobiliengesellschaft noch in einem halben Jahr besteht, bezweifelt er. "Das Ganze war kein Ruhmesblatt für die Gemeinde."
"Sehr zweifelhaft"

 Protest in Saarhölzbach. FoTO: OFF

Protest in Saarhölzbach. FoTO: OFF

Derweil steht für Werner Thieser aus Saarhölzbach fest: "Rechtlich mag das Ganze ja nicht angreifbar sein, moralisch ist es aber sehr zweifelhaft." Die Fragen, die ihn und viele Saarhölzbacher umtreiben: "Warum hat der CDU-Beigeordnete Bernhard Schneider den Mietvertrag unterschrieben? Hätte die Unterzeichnung nicht noch Zeit gehabt, da Bürgermeister Carsten Wiemann zu dem Termin auf Dienstreise war? Wollte der Verwaltungschef, der von der SPD ist, die Christdemokraten ins Boot holen?" Und noch eines will er wissen: "Warum wurde dem Vorbesitzer nicht die Chance gegeben, das Gebäude zu halten? Er hätte sich sanieren können. Der Mietpreis wäre verhandelbar gewesen."

Was Karl-Heinz Kiefer, ebenfalls aus Saarhölzbach , spanisch vorkommt: "Die Protestplakate waren sehr schnell abgehängt. Wer war denn da so superschnell und wollte eine außerparlamentarische Opposition verhindern?", fragt sich Kiefer. "Die SPD im Geld-Rausch" war auf einem zu lesen, auf einem weiteren "Korrupte Kommunalpolitiker ". "Ich bin vom Herzen her Sozialdemokrat. Der ehemalige Fraktionschef im Mettlacher Gemeinderat, Erich Disteldorf, hätte Rauch und Stritter wahrscheinlich aus dem SPD-Tempel mit der Peitsche getrieben", sagt Kiefer. "Eine Hauptausschusssitzung ist eine nichtöffentliche Sitzung, also eine geheime Sache." Er argwöhnt: "In dem Falle ist Insiderwissen benutzt worden." Ihn stört nach eigenen Angaben, dass sich die Opposition viel zu spät zu Wort gemeldet hat. Kiefer spricht sich für eine dezentrale Unterbringung der Flüchtlinge im Ort aus. "Das wäre besser für ihre Integration. So sind sie in dem Gebäude ,Auf Kappelt' gemeinsam untergebracht, was die Leute möglicherweise daran hindert, so schnell wie möglich Deutsch zu lernen." Anfang November habe er der Gemeinde Mettlach eine Topwohnung angeboten. Nach wochenlangen Versuchen und sechs Telefonaten habe ihm der Sachbearbeiter ein Angebot unterbreitet: 4,50 Euro Kaltmiete pro Quadratmeter (unmöbliert). Festmietdauer: ein Jahr. "Ich lehnte dankend ab. Scheinbar kein Interesse."

Derweil haben Leyla und Khamed, Kinder von Flüchtlingen, die in Saarhölzbach untergebracht sind, im Kindergarten St. Antonius Kontakte geknüpft. "Beide sind sehr nett", sagt Emil (fünf Jahre), den Papa Andreas Becker zum Kindergarten bringt. Dass in direkter Nähe der Schützlinge Flüchtlinge untergebracht sind, stört ihn nicht. "Es gibt allerdings Eltern, die sich darüber Sorgen machen", räumt er ein. Auf SZ-Anfrage wollte sich die Leiterin des Kindergartens, Marion Letsch, sich nicht äußern. Angesichts der fragwürdigen Umstände beim Kauf des Hotel-Restaurants "AufKappelt" in Saarhölzbach und der daraus resultierenden Anmietung der Gemeinde Mettlach als Flüchtlingsunterkunft hatte die FBM-Fraktion (Freie Bürger Mettlach) die Aufnahme eines entsprechenden Tagesordnungspunktes für die Sitzung des Hauptausschusses (HPA) der Gemeinde am 19. Januar beantragt (wir berichteten). Dieser Antrag wurde von Bürgermeister Wiemann abgelehnt, teilt die FBM gestern mit.

Die Unterbringung von Flüchtlingen und die damit verbundene Wohnraumbeschaffung sei eine "Auftragsangelegenheit" des Bürgermeisters und falle somit nicht in die Zuständigkeit des Gemeinderats, lautete das Argument für die Ablehnung. FBM-Sprecher Badelt: "Zum einen befasst der Bürgermeister im Oktober 2015 den Ausschuss aus eigenem Wollen heraus mit Fragen, die eigentlich Auftragsangelegenheiten sind. In der Sitzung war es um die Anmietung des Hotel-Restaurants ‚Auf Kappelt' gegangen. Zum anderen trifft er dann Entscheidungen, ohne die Beschlüsse dieses Gremiums zu beachten. Und diesmal lehnt er die Aufnahme des Tagesordnungspunktes ab, da es sich wieder mal um eine ‚Auftragsangelegenheit' handle."

Gleichzeitig will Wiemann die Thematik jedoch in einem eigenen Tagesordnungspunkt mit dem Thema "Anmietung von Flüchtlingsunterkünften in der Gemeinde Mettlach" behandeln, was Badelt für "sehr widersprüchlich" hält.

Außerdem hatte die FBM beantragt, dass die Mitglieder des Gemeinderats Akteneinsicht in alle für diese Angelegenheit maßgeblichen Unterlagen erhalten. Auch dies habe Wiemann abgelehnt: Es sei eine "Auftragsangelegenheit", die nicht im Zuständigkeitsbereich des Gemeinderates liege. Die FBM nennt dies "ein vorgeschobenes Argument, denn natürlich könnte der Bürgermeister Akteneinsicht zulassen". Es stelle sich die Frage, ob es etwas zu verbergen gebe, "etwas, was nicht einmal Gemeinderatsmitglieder wissen dürfen".

Im Vorgehen Wiemanns sehen die FBM eine Verletzung ihrer Rechte als Fraktion und haben die Kommunalaufsicht eingeschaltet.

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