„Kauf kaum schmackhaft gemacht“

Saarhölzbach · Zunächst waren es zwei Frauen, die bei der Gemeinde Mettlach eine zurückhaltende Reaktion auf ihr Ansinnen erfuhren, die alte Schule in Saarhölzbach zu erwerben. Von ähnlichen Erfahrungen mit der Sparkasse berichtet ein weiterer Interessent.

 Immer noch in der Diskussion: das ehemalige Gasthaus „Auf Kappelt“. Foto: Becker & Bredel

Immer noch in der Diskussion: das ehemalige Gasthaus „Auf Kappelt“. Foto: Becker & Bredel

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Wurden im Vorfeld der Zwangsversteigerung des früheren Gasthauses "Auf Kappelt" potenzielle Kaufinteressenten und Mitbieter gezielt ausgebootet? Diese Frage steht im Raum, seit gegenüber der SZ zwei Frauen, die Interesse am Erwerb des Gebäudes hatten, ihre Erfahrungen mit der Gemeinde Mettlach geschildert hatten: Eine Anfrage im Vorfeld der Zwangsversteigerung bei der Gemeinde, ob diese ein Interesse an einer Anmietung zur Nutzung als Flüchtlingsunterkunft habe, sei eher abschlägig beantwortet worden (wir berichteten). Die Gemeinde habe wenig Interesse an einer Anmietung erkennen lassen - obwohl sie dies kurz nach der Zwangsversteigerung mit dem neuen Eigentümer des Hauses, der Firma Grüner Kreis Immobilien (GKI) vereinbart habe.

Von einer ähnlichen Erfahrung berichtet Alexander Rabovski aus Saarhölzbach : Der 39-Jährige sollte sich im Auftrag seines Onkels Oleg Flieder nach den Konditionen für einen Erwerb des Gebäudes erkundigen (die SZ berichtete). Flieder lebt in Israel und war im Herbst zu Besuch in Deutschland, erzählt sein Neffe. Dabei besuchte er Saarhölzbach - und sei auf Anhieb begeistert gewesen von der Schönheit der Natur im Saartal. Als Flieder erfahren habe, dass das Hotel "Auf Kappelt" zumVerkauf stehe, habe er sich für eine gastronomische Nutzung des Komplexes interessiert. "Ihm schwebte vor, dort eine Art Gästehaus für Besucher aus Israel einzurichten und gezielt Besucher aus seiner Heimat hierher zu bringen", sagt Rabovski. Er habe sich im Auftrag seines Onkels Anfang Oktober an die Sparkasse Merzig-Wadern gewandt, die das unter Zwangsverwaltung stehende Gebäude im Auftrag des damaligen Eigentümers Sascha Jacobs über ihre Immobilienabteilung zu vermarkten suchte. Der zuständige Sachbearbeiter habe sich nach seinem Eindruck wenig Mühe gegeben, ihm das Gebäude schmackhaft zu machen. "Ich musste ihm die Dinge mühsam entlocken", gibt Rabovski seine Eindrücke wieder. Ihm sei gesagt worden, das Gebäude stehe kurz vor der Zwangsversteigerung. Dort müssten mindestens 230 000 Euro geboten werden. Zudem habe die Sparkasse erklärt, dass mit einem deutlich höheren Kaufpreis zu rechnen sei, da es eine ganze Reihe von Interessenten gebe. Eine ähnliche Aussage soll das Geldinstitut gegenüber dem früheren Eigentümer Sascha Jacobs kurz vor der Zwangsversteigerung getroffen haben. Dies hatte Jacobs der SZ gesagt. Tatsächlich gab es bei der Zwangsversteigerung am 16. Oktober nur einen Bieter, nämlich die vom SPD-Fraktionschef im Gemeinderat, Markus Rausch, gegründete GKI.

Verwundert hat Rabovski auch, dass die Besichtigung des Gebäudes, um die er ersucht hatte, nicht mehr vor der Zwangsversteigerung zustande gekommen sei. Zu bedenken ist hierbei, dass die Sparkasse keine Schlüsselgewalt hatte, sondern nur über die zuständige Zwangsverwaltung ein Zutritt in das Haus ermöglicht werden konnte, ergaben SZ-Recherchen. Auf Grund der eher zurückhaltenden Reaktionen seitens der Sparkasse habe sein Onkel das Interesse an einem Erwerb verloren. "Wenn ich nun im Nachhinein erfahre, was mit dem Haus tatsächlich gelaufen ist, tun sich mir so manche Fragen auf", findet Rabovski. Die Sparkasse Merzig-Wadern wollte sich mit Verweis auf das Bankgeheimnis weder zu den Aussagen von Jacobs noch zu denen von Rabovski äußern.

Ihn störe, dass die Informationen darüber, was tatsächlich mit dem ehemaligen Schulgebäude passieren solle, so dünn gewesen seien. "Es sind viele Gerüchte im Dorf kursiert, bis den Leuten offen gesagt wurde, dass dorthin Flüchtlinge kommen", sagt der Spätaussiedler, der aus Weißrussland nach Deutschland gekommen ist. Mit der jetzigen Nutzung als Sammelunterkunft für Flüchtlinge sind er und seine Frau Olga alles andere als einverstanden. Noch in dieser Woche soll der Rechnungsprüfungsausschuss des Gemeinderates Mettlach zu einer Dringlichkeitssitzung einberufen werden. Dies forderte die Fraktion der Freien Bürger Mettlach (FBM) am Montag. Dabei soll es vor allem um den Kauf des Hotel-Restaurants "Auf Kappelt" und dessen Anmietung als Flüchtlingsunterkunft durch die Gemeinde Mettlach gehen.

Der FBM-Fraktionsvorsitzender Joachim Badelt erklärte gestern: "Damit sich der Rechnungsprüfungsausschuss ein umfassendes Bild machen kann, beantragen wir, in alle maßgeblichen Unterlagen, insbesondere den Mietvertrag, die so genannte Absichtserklärung sowie die dazugehörige Korrespondenz und gegebenenfalls weitere Aufzeichnungen der Verwaltung einzusehen." Darüber hinaus fordere die FBM eine umfassende Information durch Bürgermeister und Verwaltung in dieser Angelegenheit. Es solle auch festgestellt werden, ob der Gemeinde Mettlach finanzieller Schaden entstanden sei. Über ein Abwahlverfahren gegen Bürgermeister Carsten Wiemann , SPD , denkt die Mettlacher CDU zumindest nach (wir berichteten). Die SZ hat bei Gisbert Schreiner, Vorsitzender des CDU-Gemeindeverbands, nachgefragt, wie er sich ein solches Verfahren vorstellen könnte. Grundsätzlich könne der Rat ein Abwahlverfahren in Gang setzen, erklärt Schreiner: "Das Verfahren muss mit den Unterschriften von der Hälfte der Ratsmitglieder auf den Weg gebracht werden. In dem Verfahren wird zwei Wochen später in einer Ratssitzung über die Abwahl abgestimmt. Stimmt der Rat mit einer Zweidrittelmehrheit zu, wird eine Abwahl ähnlich einer Wahl durchgeführt. Daran müssen mindesten 30 Prozent der Wahlberechtigten teilnehmen, die dann mit einfacher Mehrheit über die Abwahl entscheiden." Für die Mettlacher CDU , die lückenlose Aufklärung im Fall des Flüchtlingsheims Saarhölzbach fordert, steht nach den Worten Schreiners fest: "Wenn keine weiteren Schritte zu sehen sind, werden wir prüfen, inwieweit ein solcher Schritt unternommen wird." Die Christdemokraten wollen nicht zur Tagesodnung übergehen, sagen sie. "Ja, moralisch gesehen habe ich einen Fehler gemacht", räumte Mettlachs Bürgermeister Carsten Wiemann gegenüber der SZ am Sonntag ein. "Dafür habe ich die gelbe Karte erhalten", sagt der Verwaltungschef mit Blick auf die vorübergehende Beteiligung seiner Ehefrau an der Gesellschaft Grüner Kreis Immobilien (GKI). Die Firma war in die Kritik geraten, weil diese die alte Schule in Saarhölzbach gekauft und dann an die Gemeinde als Flüchtlingsunterkunft vermietet hatte. Auf einen möglichen Interessenskonflikt durch die Anmietung hatte Wiemann nach seinen Worten ein Mitarbeiter aufmerksam gemacht. Sofort danach sei seine Frau ausgeschieden, doch ein Termin bei einem Notar habe auf sich warten lassen. Den habe es erst am 4. Dezember gegeben. "Die Mitwirkung meiner Frau in der GKI habe ich zunächst falsch eingeschätzt", gesteht Wiemann ein. Juristisch sei womöglich alles korrekt, aber nicht moralisch. Er bitte seine Mitarbeiter in der Verwaltung, seine Parteifreunde sowie die Bürger der Gemeinde um Entschuldigung. Jetzt gelte es, verlorenes Vertrauen zurückzugewinnen. Dem wolle er sich stellen. Die GKI - ebenso wie seine Frau - wollten nach Wiemanns Worten der Gemeinde Gutes tun: leerstehende Gebäude aufkaufen, Wohnraum schaffen und sie unter anderem barrierefrei herrichten, so dass Bürger wie auch Gemeinde profitierten. "Das war auch die Hauptmotivation meiner Frau."

Die SPD-Kreisvorsitzende Anke Rehlinger stärkte Wiemann am Montag den Rücken: Er habe sich bei den SPD-Mitgliedern und den Bürgern entschuldigt. Rehlinger: "Die Mitgliederversammlung der SPD Mettlach hat die Entschuldigung von Carsten Wiemann angenommen und ihm darüber hinaus das Vertrauen ausgesprochen und auf die Notwendigkeit absoluter Transparenz hingewiesen." Hierzu zähle auch, die Kommunalaufsicht in ihrer Arbeit zu unterstützen, um verlorengegangenes Vertrauen wiederzuerlangen. "Wir können Markus Rausch nur nahe legen, sein Mandat abzugeben", sagt Mettlachs SPD-Gemeindeverbands-chef Hans-Josef Uder gestern. Am Samstag hatte Rausch schriftlich seinen Rücktritt als SPD-Fraktionschef im Mettlacher Gemeinderat erklärt. Laut einem Bericht des SR vom Montag will er seinen Sitz im Gemeinderat als SPD-Mitglied behalten und seine Aufgaben in der Partei weiter wahrnehmen. Gestern Abend beriet die SPD-Fraktion laut Uder, ob sie Rausch aus der Fraktion eventuell ausschließt. Viele offene Fragen hinterlässt die Stellungnahme der Sparkasse Merzig-Wadern nach ihrer Verwaltungsratssitzung am Donnerstag (wir berichteten) nach Ansicht von Klaus Borger, Stadtverbands-chef der Merziger Grünen. "Werden diese nicht beantworten, so hinterlässt dies einen bitteren Beigeschmack", sagt Borger. "Die Stellungnahme unserer Merziger Sparkasse zur Mettlacher SPD-Affäre mag zwar juristisch korrekt sein", befindet Borger. Doch sie sei zu allgemein gehalten. Kunden seien irritiert, "dass unsere Bank im Grünen Kreis Immobilien unter Wert veräußert". Die Öffentlichkeit habe ein berechtigtes Interesse zu erfahren, welche Rolle die Bank im Vorfeld und während der Veräußerung der Immobilie gespielt hat. Borger: "Es geht nicht um Dinge, die dem Bankgeheimnis unterliegen, es geht um Informationen, die dem öffentlichen Informationsinteresse unterliegen." Wegen der Beschwerden von Kaufinteressenten, die nicht zum Zuge gekommen seien, müsse die Sparkasse darlegen, ob bei potenziellen Interessenten mit zweierlei Maß gemessen worden sei. Er nennt es nach wie vor ein Rätsel, "warum eine viel teurer bewertete Immobilie deutlich unter Preis" verkauft worden sei. Inwieweit und wann der Verwaltungsrat des Geldinstituts, in dem auch der ehemalige SPD-MdL Hans-Georg Stritter sitzt, über den Verkauf informiert war, sei ebenfalls von öffentlichem Interesse. "All diese Antworten unterliegen nicht dem Bankgeheimnis , und zu all diesen Dingen hat sich die Sparkasse Merzig-Wadern bedauerlicherweise noch nicht erklärt", sagt Borger.

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