Das Aus kam gegen 11.30 Uhr

Nohn · „Ruzica“ ist nicht das erste Sturmtief, das den Narren die gute Stimmung vermieste. Fred Kiefer erinnert sich an den 28. Februar, als Sturmtief „Wiebke“ über das Saarland brauste und große Schäden anrichtete.

Der Prunkwagen der Fratzenmacher rollte gestern durch Wadrill. Foto: Erich Brücker

Der Prunkwagen der Fratzenmacher rollte gestern durch Wadrill. Foto: Erich Brücker

Foto: Erich Brücker

Der Schlachtruf "Fös geckig" dürfte dem Chef der Nuhner Rutzen-Buhnen gestern kurz vor Mittag im Hals stecken geblieben sein: "Ruzica" hat den traditionellen Rosenmontagumzug weggeweht. Rot sah Sascha Maas beim Blick auf die Karte des Deutschen Wetterdienstes. Knallrot haben die Meteorologen das Saarland markiert - eine Warnung vor starkem Unwetter.

Loch in der Kasse

Ein Loch in die Vereinskasse hat das Sturmtief, das mit starkem Regen und Windböen über den Grünen Kreis hinweggefegt ist, außerdem gerissen. Auf rund 6000 Euro sitzen zu bleiben, dürfte für den passionierten Fastnachter eher ein Gefühl wie Aschermittwoch sein. Ist an diesem Tag für einen Narren endgültig alles vorbei, so war an Rosenmontag zwar noch Gaudi im Bürgerhaus angesagt, doch der Höhepunkt, der Rosenmontagsumzug, der Jahr für Jahr viele Gäste aus nah und fern in den Mettlacher Ortsteil lockt, fiel aus.

Umzug zum Jubiläum

Dabei hatten die Leute vom Nohner Carnevalsverein für ihren Gaudiwurm anlässlich ihres 44. Geburtstags alles so wunderbar vorbereitet: Musikgruppen bestellt, die für die Tour durchs Dorf für den richtigen Ton sorgen sollten. Bonbons, Schokolade und alles, was ein Narrenherz so begehrt, hatten sie für die Wagen und Fußgruppen geordert. "Wir stellen die Dinge unseren Gästen zur Verfügung", erzählt Maas. Was nach der Absage des Rosenmontagsumzuges mit dem "Wurfmaterial" machen? Aufheben bis zum nächsten Jahr? "Unmöglich", sagt Maas. Auch die vielen Würstchen, die sie bestellt haben, kriegen sie nach Worten von Maas sicherlich nicht verkauft. "Jetzt müssen wir versuchen, so viele Gäste wie möglich in das Bürgerhaus zu kriegen." Doch dies sei kein Ersatz für den ausgefallenen Rosenmontagsumzug.

Warnung aus dem Rathaus

Hoheit Sally bedankt sich bei den Einsatzkräften. Foto: Werner Krewer

Hoheit Sally bedankt sich bei den Einsatzkräften. Foto: Werner Krewer

Foto: Werner Krewer

Gegen 11.30 Uhr hatten sich die Nohner entschlossen, den Gaudiwurm endgültig abzusagen - auf Druck der Ortspolizeibehörde im Mettlacher Rathaus, wie Maas verrät. Das Risiko sei einfach zu groß, dass wegen des angekündigten Sturmes etwas passieren könnte, habe die Warnung aus dem Rathaus gelautet. "Wir hätten lieber noch etwas länger gewartet und dann kurzfristig entschieden", sagt der Vorsitzende des NCV. Traditionell startet der Zug um 14.11 Uhr. "Es hat schon oft Sturmwarnungen gegeben, und nichts ist passiert." Großer Schreck für Prinzessin Sally, ihr Gefolge aus Britten sowie weitere Autofahrer: Die Tollität und ihre Untertanen waren gestern Nachmittag vom Rosenmontagsumzug in Greimerath nach Hause unterwegs, als Sturm "Ruzica" eine Fichte, die am Straßenrand der B 268 stand, entwurzelte.

Der Baum stürzte nahe der Landesgrenze auf die Straße und blockierte sie. Feuerwehrleute des Löschbezirks Britten mussten ausrücken, um die Fichte zu beseitigen und die Fahrbahn frei zu machen. Das Dankeschön an die Einsatzkräfte folgte prompt: Sally überreichte ihnen auf offener Straße Karnevalsorden - vor kleingeschnittenem Baum. Dem Druck des kräftigen Windes hielt auch Baum nahe des Pflegeheimes in Krettnich nicht Stand und stürzte gestern Nachmittag um. Die Feuerwehr musste ausrücken und ihn beseitigen. Das meldete die Waderner Polizei .

Derweil registrierte die Merziger Polizei im Verlauf des Nachmittags mehrere umgestürzte Zäune - eine Folge des Sturmtiefs , das über den Grünen Kreis hinwegzog. Bis zum Redaktionsschluss wurden keine weiteren Schäden mehr gemeldet. "Ruzica" hat den Fastnachtern gestern die Rosenmontagsumzüge gründlich vermiest - nicht das erste Sturmtief, das den Narren einen Strich durch die Rechnung gemacht hat, wie SZ-Mitarbeiter Fred Kiefer weiß. Er erinnert sich an den 28. Februar 1990, als Sturmtief "Wiebke" über das Saarland brauste und große Schäden anrichtete.

"An diesem Tag sollte ich für die Merziger Lokalredaktion über den ,Wahlener Lausat' berichten. Als ich mich gegen 17 Uhr in meinem Wohnort Eiweiler ins Auto setzte, um nach Wahlen zu fahren, heulte der Sturm schon um die Häuser. Aus dem Schornstein eines Gebäudes schlugen Flammen, weil durch den starken Wind ein Sog entstanden war, wie mir Feuerwehrleute später erklärten. Der Wintersturm nahm rasant zu. Böen rissen am Auto. Bis nach Lebach verlief die Fahrt auf der Bundesstraße 268 ohne weitere Zwischenfälle. In Höhe der Abzweigung zum Stadtteil Hahn riss Wiebke Äste von Bäumen, die entlang der Fahrbahn standen, und schleuderte sie auf die Straße. Gas geben und weiter, bevor ein Baum auf die Straße stürzt. Als ich in Höhe der Ausflugsgaststätte nach rechts in Richtung Schmelz abbog, sah ich, wie der Sturm Fichten entwurzelte, die auf die Straße fielen. Ich fuhr im Schritttempo weiter und ließ die Bäume nicht aus den Augen. Mein Glück: Kaum hatte ich die Stelle passiert, krachten mehrere Fichten der Länge nach auf die Fahrbahn. In Richtung Schmelz das gleiche Spiel: Unter der Wucht von Wiebke knickten die Bäume um wie Streichhölzer. Ich steuerte mein Auto an eine Stelle am Fahrbahnrand, an der es weniger Bäume gab - in der Hoffnung, dass sich der Sturm etwas legt. Nach gut zehn Minuten nahte aus Schmelz die Rettung - Feuerwehrleute . Meine Angst war wie weggeblasen, als mir die Einsatzkräfte eine Gasse auf der Straße freimachten.

Den ,Wahlener Lausat' hatte ich längst vergessen. Wieder zu Hause in Eiweiler angekommen, schnappte ich mir einen Schutzhelm und fuhr über die Autobahn Richtung Merzig, um Fotos von den Schäden zu machen, wo ,Wiebke' besonders gehaust hatte." Fred Kiefer

"Wadriller Faasend - mir stehn wie'ne Eins", so das Motto der Fratzenmacher für die Session. Feiern und Party machen ist ihr liebstes Ding, komme was da wolle. Und die Unbilden des Wetters am gestrigen Rosenmontag konnten sie erst recht nicht vom Feiern abhalten. Der große Rosenmontagsumzug der drei städtischen Vereine in Lockweiler war morgens abgesagt worden. Für die Fratzenmacher aber noch lange kein Grund, Trübsal zu blasen oder zu jammern. Von wegen, großer Prinzenwagen umsonst gebaut! Der toll geschmückte Prunkwagen wurde kurzerhand aus der Scheune geholt. Närrischer Thronadel, Prinzessin Sandra I. und Prinz Thorsten I. sowie das Kinderprinzenpaar Victoria I. und Moritz I., und der Elferrat ließen sich nicht lange bitten, stiegen ein, und pünktlich ab 14.11 Uhr rollte der Prinzenwagen mit musikalischem Begleitfahrzeug bei herrlichem Sonnenschein durch nahezu alle Straßen des Hochwaldortes. Das hatte sich schnell rundgesprochen, im Schlepptau zogen zahlreiche vornehmlich junge Faasebooken mit. Das übrige Narrenvolk kam aus den Häusern, huldigte den närrischen Regenten mit viel Alleh Hopp und Helau. Und es regnete - jedoch Gutzjer in Strömen. Doch schon eine Stunde später war der herrliche Spuk vorbei, Petrus gab sich wieder als Miesepeter und Spielverderber. Kurzfristig entscheiden werden die Verantwortlichen in den Orten, in denen die Narren am heutigen Fastnachtdienstag die Straßen erobern sollen. "Wie es im Moment aussieht, wird der Umzug durch Honzrath ziehen", sagte Ortsvorsteher Joachim Gratz gestern kurz vor 17 Uhr mit Blick zum Himmel. Eine endgültige Entscheidung soll laut Gratz heute um die Mittagszeit fallen. "Auf jeden Fall findet das Fastnachtstreiben in der Mehrzweckhalle und in den Gasthäusern statt."

Bis heute Morgen Zeit lassen sich auch die Mitlosheimer, ob der Umzug startet. Das sagte Ortsvorsteher Tobias Gastauer auf SZ-Anfrage. Was auf jeden Fall laut Gastauer über die Bühne geht, ist das traditionelle Eierschmierenessen im Maschinenschuppen.

Auch die Bethinger wollen laut Ortsvorsteher Bernd Kettenhofen die Entwicklung des Wetters abwarten und dann entscheiden. "Das bunte Treiben im Festzelt und im Bürgerhaus wird es auf jeden Fall geben", so der Ortsvorsteher.

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