Unermüdlicher Kämpfer für Versöhnung

Mettlach · Die Aussöhnung mit Juden und den übrigen Opfern des nationalsozialistischen Regimes ist seit vielen Jahrzehnten ein Anliegen, dem sich Georg Hasenmüller aus Mettlach in besonderer Weise verschrieben hat. An diesem Sonntag hat er Geburtstag. Ein Anlass, der es erlaubt, einen näheren Blick auf ein außergewöhnliches Leben zu werfen.

 Georg Hasenmüller setzt sich für ein friedliches Miteinander ein. Foto: Sylvie Rauch

Georg Hasenmüller setzt sich für ein friedliches Miteinander ein. Foto: Sylvie Rauch

Foto: Sylvie Rauch

Der 1934 in Dinkelsbühl geborene Georg Hasenmüller erlebte das Nazi-Regime als Kind. Zwar konnte er die Zusammenhänge und das Ausmaß der Taten nicht erfassen. Wohl aber nahm er bewusst wahr, dass von einem Tag auf den anderen die jüdischen Kinder nicht mehr in den Kindergarten kamen. Was mit ihnen passierte, konnte er damals noch nicht verstehen. Aber schon in frühester Jugend wurde ihm klar, dass sowohl das nationalsozialistische Regime unter Hitler als auch der Krieg für alle davon betroffenen Menschen katastrophal und falsch war.

"Die eigene Geschichte prägt einen. Das bringt einem ein anderes Denken bei", sagt Georg Hasenmüller. Deshalb setzte er sich schon als Jugendlicher für die Versöhnung ein, beispielsweise zwischen Deutschland und Frankreich. Das war der Anfang von inzwischen nahezu 60 Jahren unermüdlichen Einsatzes für die Aussöhnung. 1964 reiste er selbst zum ersten Mal nach Israel , seit 1970 organisierte er gemeinsam mit anderen den Austausch von Lehrern, Studenten, Schülern und jungen Politikern aus Israel . Auch Maler aus Israel kamen über eine lange Zeit immer wieder ins Saarland, um ihre Bilder auszustellen und Malkurse zu geben. Seit 1986 reisen ehemalige KZ-Häftlinge aus Israel , Polen, Russland, Tschechien sowie der Slowakei und der Ukraine ins Saarland - inzwischen läuft dies in Zusammenarbeit mit dem Maximilian-Kolbe-Werk aus Freiburg.

Die Nähe der Menschen zueinander war Hasenmüller dabei ein wichtiges Anliegen. "Wir haben von Anfang an die jüdischen Besucher in Gastfamilien untergebracht. Denn nur so konnten die Menschen in einen intensiven Austausch oder auch in die Auseinandersetzung kommen und sich besser verstehen", betont Georg Hasenmüller.

Aus diesen Anfängen ist über die Jahre eine große Bewegung entstanden, durch die sowohl jüdische Gäste nach Deutschland kommen als auch Juden aus Deutschland ins Ausland reisen. Mehrere tausend Menschen haben so über die Jahre bereits einen aktiven Austausch erlebt. Viele halten den Kontakt auch über die Besuche hinaus.

"Es ist entscheidend für ein friedliches Miteinander, dass die Menschen sich besser verstehen. Ich glaube heute noch, dass wir diesbezüglich den richtigen Weg gegangen sind", sagt Georg Hasenmüller. Möglich war und ist dies nur durch das ehrenamtliche Engagement vieler Freiwilliger, die die Idee mitgetragen haben und heute noch tragen. Sie haben sich auf verschiedene Weise eingesetzt und die Reisen und Aufenthalte und somit die Verständigung und Aussöhnung realisiert. In diesem Zusammenhang entstand auch die Idee, KZ- und Ghetto-Überlebende mit Schülern zusammenzubringen.

Er prägte CEB und KEB

 Professor Herbert Jochum (links) gratulierte Georg Hasenmüller (Mitte) und Hans Eckert aus Saarbrücken 1998 zur Friedrich-Schlomo-Rülf-Medaille. Beide haben sich um die Verständigung zwischen Juden und Christen verdient gemacht. FOTO: T. BRENNER

Professor Herbert Jochum (links) gratulierte Georg Hasenmüller (Mitte) und Hans Eckert aus Saarbrücken 1998 zur Friedrich-Schlomo-Rülf-Medaille. Beide haben sich um die Verständigung zwischen Juden und Christen verdient gemacht. FOTO: T. BRENNER



Was Georg Hasenmüller mit den Zeitzeugen in Schulen erlebte, hat ihn immer wieder tief berührt. Denn die Überlebenden schildern ihre Geschichte oft auf so packende und reale Weise, dass die jungen Leute am Ende einer solchen Stunde mit großer Ehrfurcht, Anteilnahme und Respekt auf die jüdischen Gäste zugehen. Von vielen eigenen Reisen und Begegnungen hat Hasenmüller gewaltige Eindrücke, Erfahrungen, Geschichten und Erlebnisse mitgebracht.

Ein weiterer großer Teil seines Lebens war lange Zeit die Erwachsenenbildung. Seit 1972 hat Georg Hasenmüller die CEB Hilbringen und die KEB Dillingen als hauptamtlicher pädagogischer Leiter geführt und kontinuierlich weiter entwickelt. Er hat über Jahre ein breites Angebot an Kursen, Seminaren, Reisen und Bildungsmöglichkeiten geschaffen, das er stets an der sich wandelnden Gesellschaft orientiert hat. So kamen zu den üblichen Kursen auch Fahrten zu Konzerten und Ausstellungen sowie sehr gut ausgearbeitete Bildungs- und Städtereisen, auch in damals noch exotische Länder wie China, Sibirien, Mexiko oder Zentralasien. Als in den 1980er Jahren die Jugendarbeitslosigkeit ein bestimmendes Thema wurde, legte Hasenmüller den Schwerpunkt auf die Bekämpfung dieses Problems und entwickelte neue Ideen, wie dies im Verbund mit anderen Stellen und Institutionen funktionieren kann.

Kunst und Völkeraustausch verband Georg Hasenmüller mit Kulturveranstaltungen der CEB, im Rahmen derer beispielsweise israelische Künstler regelmäßig im Saarland zu Gast waren, um ihre Bilder auszustellen. Egal, ob Erwachsenenbildung, der Einsatz gegen die Jugendarbeitslosigkeit oder die Aussöhnung zwischen Juden und Deutschen: Es brauchte viel Stehvermögen, Durchsetzungskraft und vor allem das Vertrauen von Menschen in die Sache und die Akteure.

Das kann Georg Hasenmüller heute mit Gewissheit sagen. Es war immer sein Ansatz, den Benachteiligten zur Seite zu stehen. Wichtig sei aber auch, den Mut zu haben, immer wieder etwas Neues zu probieren. Das könne durchaus auch schief gehen. Aber wenn man es nicht probiert, könne man auch nichts gewinnen, betont Hasenmüller.

Für seine besonderen Verdienste um die Aussöhnung und Verständigung zwischen Juden und Deutschen wurde Georg Hasenmüller mit der Friedrich-Schlomo-Rülf-Medaille der Christlich-Jüdischen Arbeitsgemeinschaft Saarland ausgezeichnet. Für sein großes persönliches bürgerliches Engagement erhielt er die Bürgermedaille der Stadt Merzig.

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