Geflüchteter hilft der Feuerwehr

Mettlach · Flüchtlinge können helfen, ein Problem der Freiwilligen Feuerwehr zu lösen: den Nachwuchsmangel. In einer Gemeinde im Saarland ist jetzt ein Syrer im Team. Nidal Almatar war schon bei drei Einsätzen dabei.

 Nidal Almatar hat bei der Feuerwehr eine „zweite Familie“ gefunden. Foto: dpa/Oliver Dietze

Nidal Almatar hat bei der Feuerwehr eine „zweite Familie“ gefunden. Foto: dpa/Oliver Dietze

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Nidal Almatar hat seinen Brandmeldeempfänger immer bei sich. Und er ist stolz auf seinen Spind: Darin sind Schutzkleidung , Helm und Stiefel untergebracht. "Ich habe schon drei Einsätze mitgemacht", sagt der 36-jährige Syrer, der seit wenigen Wochen Mitglied der Freiwilligen Feuerwehr Mettlach im Löschbezirk Orscholz ist. Und er fügt hinzu: "Ich bin sehr glücklich darüber. Ich kann jetzt auch anderen Leuten helfen - so wie die deutschen Leute den syrischen Leuten helfen." Vor gut anderthalb Jahren ist Almatar aus seiner Heimat in Syrien geflohen.

Die Feuerwehrleute freuen sich über ihren ersten Flüchtling im Team. "Er ist immer da, wenn man ihn braucht", sagt Löschbezirksführer Dirk Schulze. Er sei engagiert, könne auch schon gut Deutsch und habe sich integriert. "Es macht Spaß mit ihm." Außerdem helfe er der Feuerwehr, die an vielen Orten in Deutschland unter Nachwuchsmangel leidet.

Noch zählen die Orscholzer 43 Aktive: "Das große Problem ist aber die schwache Tagesverfügbarkeit", sagt Schulze. Die meisten arbeiteten außerhalb des Ortes und seien am Tag nicht abrufbar. "Wenn es gut läuft, habe ich tagsüber sieben oder acht Leute, wenn es schlecht läuft, vier oder fünf." Das sei zu wenig. Bei Einsätzen müssten daher oft Wehren aus der Nachbarschaft angefordert werden.

"Wir bräuchten mehr von der Sorte Nidal Almatar, auch in anderen Löschbezirken und Feuerwehren", sagt der Vorsitzende des Kreisfeuerwehrverbandes Merzig-Wadern, Georg Flesch. Flüchtlinge wie Almatar könnten helfen, "dass wir den hohen Stand, den wir bei der Feuerwehr haben, noch möglichst lange aufrecht erhalten können". Nach Kenntnis von Flesch ist Almatar als einer der ersten Flüchtlinge Feuerwehrmann-Anwärter im Saarland.

Bundesweit sind nach Angaben des Deutschen Feuerwehrverbandes bereits rund 150 Flüchtlinge bekannt, die "in irgendeiner Form" bei einer Feuerwehr dabei sind. Bei insgesamt gut einer Million Feuerwehrleuten seien sie zwar noch eine Ausnahme, aber: "Es ist ein guter Anfang", sagt Verbandssprecherin Silvia Darmstädter in Berlin. "Unser Ansatz ist: Wenn Ihr kommt, kommt Ihr in der Mitte der Gesellschaft an." In den vergangenen 15 Jahren sei die Zahl der Einsatzkräfte an den rund 30 000 Feuerwehr-Standorten Deutschlands im Schnitt um jeweils zwei Personen gesunken.

Für den Mangel an Feuerwehrleuten gebe es zwei Gründe, sagt Flesch. Zum einen der Geburtenrückgang : "Die starken Nachkriegsjahrgänge der Feuerwehren gehen nach und nach in die Alterswehren. Und die, die aus der Jugendfeuerwehr nachrücken, werden diese Lücke nicht füllen können." Zweitens gebe es heute eine große Vielfalt an Vereinen, aus der junge Leute auswählten. "Da wird es in den nächsten Jahren ein Hauen und Stechen um den Nachwuchs geben", sagt der 59-Jährige.

Almatar musste nicht umworben werden. Er kam von alleine. "Mein Hobby ist helfen", sagt der Mann, der sich die deutsche Sprache ohne Kurs beigebracht hat und später einmal Koch oder Flugzeugmechaniker werden will. Alle zwei Wochen kommt er zu Übungen ins Feuerwehrhaus. Hinzu kommen Einsätze: Mal sind es Autounfälle , mal muss eine Haustür geöffnet werden, weil jemand kollabiert ist.

Außerdem hilft er beim Organisieren von Festen und Umzügen. "Die Feuerwehr hat ja nicht nur eine Aufgabe im Rettungswesen. Es gibt auch kulturelle Dinge, die sie das ganze Jahr über macht", sagt Flesch. Wie das Aufstellen des Maibaums oder Hilfe bei der Fronleichnams-Prozession. "Viele wissen gar nicht, was alles mit der Feuerwehr zusammenhängt. Sie werden es erst erfahren, wenn sie nicht mehr da ist", meint Flesch.

Almatar, der in Orscholz in der Küche eines Hotel aushilft, war zunächst alleine nach Deutschland gekommen. Frau und Kinder holte er später nach. Seit Anfang des Jahres leben sie alle in Orscholz. Er sei dankbar für die deutsche Gastfreundschaft, sagt er. In Mettlach organisierte er mit anderen Syrern ein "Danke, Deutschland"-Fest. Und die Feuerwehr ist für ihn mehr als ein Job. "Ich bin sehr froh und sehr glücklich, hier zu sein. Das ist meine neue, zweite Familie."

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