Bei der Eiersuche könnte es kühl werden

Merzig-Wadern · Zu Ostern 2008 hat es im Saarland kräftig geschneit, das dürfte diesmal nicht der Fall sein, aber angenehm warm wird's auch nicht

Ostern ist ein Fest, das christliche, heidnische und alttestamentarische Bräuche in sich vereint: Ein Hase, der Eier bringt, ein Engel in einem schneeweißen Gewand und eine frohe Botschaft. In den vergangenen 30 Jahren ist noch das Flugticket auf die Kanarischen Inseln zum Ritual hinzugekommen.

Doch am wichtigsten ist die Frage: Wie wird das Wetter an Ostern? Jedes Jahr liegt diese bange Befürchtung über der ganzen Feiertags-Planung, denn sie bedeutet: Sucht man die Eier im Garten (schön!) oder in Haus (langweilig!)? Kann man das neue Kostüm, den schicken Mantel oder die modische "Kombination" anziehen - oder sollte man lieber doch die wattierte Winterjacke aus dem Schrank holen, weil man sonst riskiert, die Feiertage mit einer Erkältung zu krönen?

Soweit man der Wettervorhersage trauen kann, bleiben wir auch in den nächsten Tagen unter dem Einfluss nördlicher Kaltluft, die für Temperaturen sorgt, die kaum über 17 Grad liegen dürften. Ein bisschen Regen soll sich auch noch dazu gesellen. Bevor man sich beklagt, lohnt es sich, das Archiv der Saarbrücker Zeitung zu bemühen. So erfährt man, dass Ende März 2008, pünktlich zum Osterfest, der Winter mit aller Macht zuschlug: Das Saarland erlebte ein schneeweißes Osterfest, obendrein das kälteste seit 1970. Mit Temperaturen von minus fünf bis plus drei Grad wurde es so eisig, dass der Osterspaziergang vielerorts in einen winterlichen Schlittenausflug umgewandelt wurde. Am Ensheimer Flughafen standen die Maschinen im Schnee, die eigentlich die Oster-Urlauber nach Teneriffa oder Mallorca hätten bringen sollen, Autofahrer, die ihre Winterreifen bereits abmontiert hatten, rutschten den Höcherberg hinunter.

So schlimm wird es diesmal nicht werden, zumal der Winter ohnehin nicht zurückkommen kann, da er kaum da war. Kaum ein anderes Fest lässt so viele verschiedene Interpretationen zu wie Ostern. Man kann das feierliche Hochamt besuchen, man kann ausschlafen und dann mit den Kindern Eier suchen, man kann seine Frühjahrsmode beim Spaziergang ausführen und man darf sogar ein großes Feuer machen, sofern die Feuerwehr die Aufsicht führt. Heidnische, weltliche und kirchliche Bräuche gehen Hand in Hand und bringen seltsame Verbindungen hervor: Ein Hase, der Eier anschleppt, die Auferstehung Jesu und die symbolische Verbrennung des Winters.

Das Ei war schon immer ein Symbol für Fruchtbarkeit, eine Übernahme dieses heidnischen Symbols für das Fest der Auferweckung Christi an Ostern lag für die Christen deshalb nahe. Zumal Eierspeisen während der Fastenzeit nicht erlaubt waren, so dass man sie am Ostermorgen um so eifriger verzehrte. Verbreitet ist außerdem der Osterlamm-Kuchen, ursprünglich eine Erinnerung an den Opfertod Christi.

Das Osterlamm hat schon im Alten Testament eine besondere Bedeutung. Nachdem sich die Ägypter weigerten, die Hebräer ziehen zu lassen, kündet Gott ihnen die Tötung der Erstgeborenen von Mensch und Tier an. Um verschont zu bleiben, sollte jede israelitische Familie abends ein männliches, einjähriges fehlerloses Jungtier von Schaf oder Ziege schlachten, mit dessen Blut die Türpfosten bestreichen und es dann braten und gemeinsam vollständig verzehren. An den so markierten Häusern werde der Todesengel vorübergehen, während Gott die Strafaktion an den Ägyptern vollstrecke. Eine sehr düstere Geschichte.

Weniger düster ist die deutsche Bildungstradition, als man noch den Osterspaziergang aus Goethes Faust auswendig lernen musste und am Ostermorgen die schönen Verse "Vom Eise befreit sind Strom und Bäche durch des Frühlings holden, belebenden Blick, im Tale grünet Hoffnungsglück; der alte Winter, in seiner Schwäche, zog sich in rauhe Berge zurück" zitieren konnte. So war der Ostermorgen auch irgendwie ein deutsches Kulturgut und der dazugehörige Spaziergang ein alljährlich wiederkehrendes Ritual.

Obwohl es heute längst nicht mehr so ist, dass die Menschen bis Ostern warten mussten, um aus ihren "niedrigen Häusern und dumpfen Gemächern" herauszukommen. Zumal das Herauskommen nicht mehr darin besteht, vor die quietschende Haustür zu treten, sondern das Flugticket nach Gran Canaria bereitzuhalten und auf die Boarding-Zeit zu achten. So haben sich die Zeiten geändert.

Wichtig ist, dass man sich während der Feiertage keinen Stress macht - das raten alle Metzgereien in der Region, die schon vor Wochen Handzettel mit ihren Spezial-Angeboten fürs Fest verteilt haben.

Gut ist, was lange im Topf schmoren kann, ohne Schaden zu nehmen. Das schont die Nerven und sorgt für ein gelungenes Fest, betont Ulrike Roth von der gleichnamigen Homburger Metzgerei.

Das gilt auch für das beliebte Osterlamm, das meist nicht allzu hohe Anforderungen an die Kochkunst stellt. Und was nach dem Ostermenü das schlechte Gewissen betrifft: Man kann ab heute ja schon mal anfangen, sich mit Äpfeln und Gemüsebrühe zu ernähren, denn bald schon fordern die einschlägigen Frauenzeitschriften mit jährlicher Regelmäßigkeit dazu auf, sich um die "Bikinifigur" zu kümmern.

Zum Thema:

In dem Buch "Panter,Tiger und andere" gibt der bekannte deutsche Autor und Journalist Kurt Tucholsky (1890-1935) ein Rezept weiter, das er in einem Notizkalender vorgefunden hat, vermutlich direkt aus dem Französischen ins Deutsche übersetzt: "Der am Bratspieß geröstete Lamm" heißt das Rezept. ,,Nimmt ein ein Viertel Lamm (man beachte die Subtilität der Gewichtsangabe!), laßt ihm einige Stunden lang mit Öhl, Pfeffer, Salz oder einem Tropfen Essig ausruhen. Durchbohrt ihm da und dort mit einer Messerspitze. Zieht ihm auf den Brandspieß mit einem Ästchen Rosmarin und schmiert ihm öfters mit der obgenannten Flüssigkeit, bis er gekocht ist. Bevor ihn zu servieren nimmt das Ästchen Rosmarin weg." Es sei sicherlich die tierfreundlichste Art, ein Lamm zu braten, denn noch nie habe ein Koch daran gedacht, ein Lamm bei solcher Prozedur ausruhen zu lassen, bemerkt Tucholsky.

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