Nachrichten dienten Propagandazwecken

Merzig · Im Herbst 1914 trat immer deutlicher zutage, dass das Kernstück des deutschen Kriegsplanes im Westen, das heißt die rasche Umfassung und Vernichtung der französischen Truppen, gescheitert war. Umgekehrt waren aber auch die Durchbruchversuche der Franzosen und Engländer durch die sich festigende deutsche Front im Anschluss an die Marneschlacht erfolglos geblieben. Leichte Vorteile konnten die deutschen Truppen dann in den Kämpfen bei Verdun im Zeitraum vom 22. bis 25. September erzielen. In Belgien nahmen sie Antwerpen, Gent, Brügge und Ostende ein. Mitte Oktober befand sich Belgien fast vollständig in deutscher Hand und wurde unter Militärverwaltung gestellt. Bei dem sich anschließenden "Wettlauf zum Meer" war es den deutschen Truppen dann aber nicht gelungen, die wichtigen Kanalhäfen an der französischen Küste zu erobern. Den deutschen Vormarsch hatte heftige Gegenwehr von Engländern und Franzosen am Yserkanal und vor Ypern zum Stehen gebracht. Doch auch den Alliierten gelang hier weder eine Umfassungsbewegung noch ein entscheidender Durchbruch. Im Westen erstarrte der Krieg daraufhin zum Stellungskrieg. Die gegnerischen Armeen gruben sich auf beiden Seiten ein und ein Labyrinth von Schützengräben, die zu starken Defensivbollwerken ausgebaut wurden, durchzog die Landschaften von der Nordsee bis zur Schweizer Grenze auf einer Länge von rund 700 Kilometern. Nur von oben zu sehen



Im Herbst 1914 trat immer deutlicher zutage, dass das Kernstück des deutschen Kriegsplanes im Westen, das heißt die rasche Umfassung und Vernichtung der französischen Truppen, gescheitert war. Umgekehrt waren aber auch die Durchbruchversuche der Franzosen und Engländer durch die sich festigende deutsche Front im Anschluss an die Marneschlacht erfolglos geblieben. Leichte Vorteile konnten die deutschen Truppen dann in den Kämpfen bei Verdun im Zeitraum vom 22. bis 25. September erzielen. In Belgien nahmen sie Antwerpen, Gent, Brügge und Ostende ein. Mitte Oktober befand sich Belgien fast vollständig in deutscher Hand und wurde unter Militärverwaltung gestellt.

Bei dem sich anschließenden "Wettlauf zum Meer" war es den deutschen Truppen dann aber nicht gelungen, die wichtigen Kanalhäfen an der französischen Küste zu erobern. Den deutschen Vormarsch hatte heftige Gegenwehr von Engländern und Franzosen am Yserkanal und vor Ypern zum Stehen gebracht. Doch auch den Alliierten gelang hier weder eine Umfassungsbewegung noch ein entscheidender Durchbruch. Im Westen erstarrte der Krieg daraufhin zum Stellungskrieg. Die gegnerischen Armeen gruben sich auf beiden Seiten ein und ein Labyrinth von Schützengräben, die zu starken Defensivbollwerken ausgebaut wurden, durchzog die Landschaften von der Nordsee bis zur Schweizer Grenze auf einer Länge von rund 700 Kilometern.
Nur von oben zu sehen

Als Erste hatten sich die Deutschen nach ihrem Rückzug von der Marne im September 1914 eingegraben und die Schützengräben mit davor errichteten Stacheldrahtverhauen bewehrt. Auch Franzosen und Briten taten es ihnen gleich. Das potenzielle Schlachtfeld zwischen den gegnerischen Grabensystemen jedoch war leer; nur wer es aus der Vogelperspektive betrachtete, konnte die Schützengräben, die Grabenbesatzungen, die bereit gestellten Reserven und die Artilleriestellungen erkennen. Das Erstürmen dieser verschanzten Bollwerke war nahezu unmöglich.
Zum moralischen Sieg erklärt

So hatte beispielsweise überaus heftiges Maschinengewehrfeuer der alliierten Verteidiger in einem Gefecht am 10. November 1914 Hunderte von jungen deutschen Kriegsfreiwilligen beim Versuch der Erstürmung einer Anhöhe niedergemäht. Der deutsche Heeresbericht verlegte diesen Sturmangriff in die unweit der belgischen Stadt Ypern gelegene Ortschaft Langemarck. Obwohl dieser Durchbruchversuch einiger vermutlich nur unzureichend ausgebildeter und überwiegend aus Kriegsfreiwilligen zusammengesetzter Regimenter fehlgeschlagen und äußerst verlustreich war, wurde er in der von der Obersten Heeresleitung heraus gegebenen Mitteilung zu einem moralischen Sieg erklärt. Denn in der Meldung, die von den meisten deutschen Zeitungen in den folgenden Tagen auf der Titelseite abgedruckt wurde, hieß es: "Westlich Langemarck brachen junge Regimenter unter dem Gesange "Deutschland, Deutschland über alles" gegen die erste Linie der feindlichen Stellungen vor und nahmen sie."

An dieser Meldung stimmte so gut wie nichts. Selbst die Erwähnung des wegen seines markigen Klanges gewählten Ortes Langemarck war eine Irreführung; in Wahrheit fand dieser Angriff am 10. November nämlich zwischen den flandrischen Dörfern Bixschote und Noordschote statt. Diese von der Heeresleitung abgesetzte Meldung verdeutlicht auf anschauliche Weise, dass viele Nachrichten über Kriegsereignisse einzig und allein aus Propagandazwecken verfasst wurden.

Dies belegt gerade der Wortlaut der von der Merziger Zeitung in diesem Zusammenhang am 12. November 1914 veröffentlichten Meldung. Dort wurde nämlich nicht nur der Name des Ortes, an dem der Angriff stattgefunden haben sollte, fälschlicherweise als "Langeneck" wiedergegeben, vielmehr wurden sogar noch "2.000 Mann französischer Linien-Infanterie gefangen genommen und 6 Maschinengewehre erbeutet". Die Nationalsozialisten machten diesen Angriff, der in der Form, wie er im Kriegsbericht beschrieben wurde, überhaupt nicht stattgefunden hatte, später in den 30er Jahren sogar zu einem regelrechten Mythos.

Wer an den ersten Weltkrieg denkt, hat in der Regel und in erster Linie die Schützengräben und Materialschlachten an der Westfront im Sinn. Die andere Front, d.h. die im Osten, ist dagegen in der Erinnerung der Menschen bei weitem nicht so präsent. Im Osten war auch nach dem Sieg der deutschen Truppen am 31. August 1914 bei Tannenberg in Ostpreußen die Bedrohung durch die russischen Armeen immer noch gegeben. Der Sieg der 8. deutschen Armee unter der Führung Hindenburgs und Ludendorffs über die 2. russische Armee war zwar grandios. Etwa 40.000 russische Soldaten waren in der Schlacht gefallen, weitere 92.000 in Gefangenschaft geraten. Die "Schlacht von Tannenberg" war der spektakulärste deutsche Sieg während des gesamten Weltkriegs. Zugleich begründete er den nunmehr legendären Ruf Hindenburgs als "Retter Ostpreußens" und "Heros der Deutschen".
45 000 Gefangene gemacht

Aber der Sieg bei Tannenberg hatte die russische Streitmacht noch nicht gebrochen und daher auch keine kriegsentscheidende Bedeutung. Die deutschen Einheiten hatten zwar auch die 1. russische Armee aus Ostpreußen herausgedrängt. Aber hier war die Umfassung fehlgeschlagen. Es gelang dem russischen Befehlshaber General von Rennenkampff in der Schlacht an den masurischen Seen am 9. und 10. September 1914, der zweiten großen Schlacht in Ostpreußen , seine Truppen zurückzuziehen und vor der Vernichtung zu bewahren, wenngleich unter schweren Verlusten. Obgleich die Deutschen auch hier 45.000 Gefangene machten und ihnen 150 Geschütze in die Hände fielen, blieb die russische 1. Armee dennoch im Kern erhalten und konnte im Verbund mit der neu aufgestellten 10. Armee im Herbst 1914 wieder angreifen und abermals auf ostpreußisches Gebiet vordringen. Das wurde auch dadurch möglich, dass die Oberste Heeresleitung nach dem ersten Erfolg gegen Rennenkampff inzwischen starke deutsche Verbände nach Schlesien verlegt hatte, um dort einen weiteren russischen Angriff abzuwehren und dem bedrängten Österreich-Ungarn im Südabschnitt der Ostfront zu Hilfe zu kommen.
Rückzug aus Belgrad

Während die Deutschen in Ostpreußen durchaus erfolgreich agierten, tat sich der österreichisch-ungarische Bundesgenosse gegen die russischen Truppen in Polen und in Galizien dagegen sehr schwer. Ebenso trifft das auch für die Kämpfe gegen Serbien zu. Spätestens als im Dezember 1914 auch die dritte Offensive Österreich-Ungarns gegen Serbien gescheitert war und sich die k.u.k.-Verbände aus dem kurzzeitig besetzten Belgrad zurückziehen mussten, zeigte sich, dass der Großmachtanspruch der Doppelmonarchie durch ihre militärischen Fähigkeiten nicht länger gedeckt war.
Österreicher waren enttäuscht

Die Armeen des Habsburger Reiches befanden sich an der österreichisch-ungarischen Nordfront in einer verzweifelten Lage, zumal nicht erkennbar war, wie sie aus eigener Kraft eine Wende zum Besseren herbeiführen konnten. Sie ersuchten daher immer dringlicher um deutsche Unterstützung, hatten damit aber nur wenig Erfolg. Die Österreicher fühlten sich hierdurch von den Deutschen im Stich gelassen: Sie, die Deutschen, hätten sich nur um die Verteidigung Ostpreußens gekümmert, klagte der österreichische Generalstabschef, aber nach der Schlacht bei Tannenberg hätten die Deutschen keinen Entlastungsangriff nach Süden unternommen und auch keine Truppen an die galizische Front entsandt. Dem gegenüber hätte die k.u.k.-Armee dem deutschen Heer unter größten eigenen Verlusten den Rücken frei gehalten, damit die Deutschen Frankreich niederwerfen konnten.

Die deutsche Militärführung hatte aber ohnehin keine andere Möglichkeit als dem Verbündeten am südlichen Abschnitt der Ostfront beizustehen: Aufgrund der österreichischen Niederlagen stand den Russen nämlich der Weg in die Industriereviere Schlesiens und sogar nach Berlin offen. Daher war es Zeit zu handeln. Aus Teilen der 8. Armee und aus Divisionen, die aus dem Westen herangeführt wurden, stellte man unter dem Kommando Hindenburgs und Ludendorffs die 9. Armee auf. Sie sollte zu einer Entlastungsoffensive antreten. So marschierten die deutsche 9. Armee und die k.u.k. 1. Armee Ende September/Anfang Oktober 1914 frontal von Westen und Südwesten auf Warschau zu.
Mangelnde Kampfkraft beklagt

Einmal mehr zeigte sich hier, dass die deutschen Truppen den Russen zwar taktisch überlegen waren und ihnen eine Reihe von Niederlagen beibringen sowie viele Gefangene machen konnten. Kräftemäßig blieben sie aber zu schwach, um die gewonnenen Positionen zu behaupten. Nachdem die Russen ihre Kräfte umgruppiert und im Raum Warschau konzentriert hatten, mussten sich die Truppen der Mittelmächte Mitte Oktober wieder zurückziehen. Es ist nicht klar, ob hierfür die unzulänglichen Leistungen der k.u.k.-Truppen verantwortlich waren, spätestens jetzt war jedoch die Klage über die mangelnde Kampfkraft der österreichisch-ungarischen Truppen zu einem feststehenden Thema der deutschen Stäbe an der Ostfront geworden. Immerhin führte die Offensive gegen Warschau dazu, dass die russische Militärführung Einheiten von der Galizienfront abziehen musste, so dass die k.u.k.-Verbände dort wieder zum Angriff übergehen und das von den Russen eingeschlossene Przemyl, eine riesige Festung der Österreicher am Fluss San, entsetzen konnten.
Streit um Befehlsstruktur

Dieser Erfolg währte jedoch nur kurze Zeit; dann bildeten die Russen erneut einen Ring um diese Festung, woraufhin dort nun gleich drei k.u.k. Armeekorps festsaßen. Diese mussten sich von eingelagerten Beständen ernähren, die für viel weniger Soldaten ausgelegt waren, so dass die Versorgung nun deutlich schlechter war als bei der ersten Belagerung. Dennoch hielt die Festung den Russen mehrere Monate Stand.

Anfang November 1914 hatte der russische Vorstoß Krakau erreicht und war Schlesien somit bedrohlich nahe gekommen. Deutsche und Österreicher hatten im Vorfeld der Herbstoffensive über eine gemeinsame Befehlsstruktur gestritten. Recht unverblümt hatte jeder der beiden Verbündeten für sich den Oberbefehl über die Truppen des jeweils anderen eingefordert. Doch weil sich keine der beiden Seiten diese Blöße geben wollte, verlief das Projekt einer einheitlichen Militärführung vorerst im Sande. Die deutsche Seite bildete daraufhin das Oberkommando Ost (OberOst) unter Hindenburg und Ludendorff, denen nun alle deutschen Verbände an der Ostfront unterstellt wurden. Die Führung der 9. Armee übertrugen sie Generalleutnant August von Mackensen, der in den folgenden Monaten und Jahren zu einem der wichtigsten militärischen Führer im Osten aufsteigen sollte.
Sieg in der Schlacht bei Lodz

Mitte November 1914 traf die 9. Deutsche Armee auf die russische 1. und 2. Armee, die zusammen die Nordflanke der gegen Österreich-Ungarn gerichteten Front bildete. Die Deutschen stellten die Russen im Raum Lodz , vernichteten die 1. Armee und warfen die 2. Armee mehr als 100 km in Richtung Warschau zurück. Nach Tannenberg war die Schlacht bei Lodz der zweite große Sieg der Deutschen. Diese Schlacht wurde zum Muster für die Erfolge, die im kommenden Jahr im Osten erzielt werden sollten. < Wird fortgesetzt.

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