Bunte Zeichen für Offenheit

Merzig · Die Schüler des Berufsbildungszentrums in Merzig haben sich mehrere Wochen lang mit Projekten zum Thema Toleranz befasst. Zu der Vorstellung der Ergebnisse kam unter anderem der saarländische Bildungsminister Ulrich Commerçon.

 Zum Abschluss des Aktionstages ließen die BBZ-Schüler Luftballons mit Botschaften steigen. Fotos: Rolf Ruppenthal

Zum Abschluss des Aktionstages ließen die BBZ-Schüler Luftballons mit Botschaften steigen. Fotos: Rolf Ruppenthal

 Die Hände zum Himmel: Bürgermeister Marcus Hoffeld, Minister Ulrich Commerçon, Schulleiter Andreas Heinrich.

Die Hände zum Himmel: Bürgermeister Marcus Hoffeld, Minister Ulrich Commerçon, Schulleiter Andreas Heinrich.

Gelbe, blaue und violette Punkte sammeln sich am Himmel, und werden immer kleiner. An den vielen bunten Luftballons hängen Zettel mit Botschaften. "Wer an Toleranz spart, ist geistig pleite" steht auf einem. "Sag Nein zu Rassismus " auf einem anderen. Auf dem Schulhof des Berufsbildungszentrums (BBZ) Merzig in der Hochwaldstraße sehen Schüler, Lehrer und Politiker den Luftballons nach. Sie bilden den letzten Programmpunkt des Toleranz-Tages, den die Schule am Freitag organisiert hat. Alle Klassen, die nicht aktuell in Abschlussprüfungen stecken, haben dafür Beiträge entwickelt.

Der saarländische Bildungsminister Ulrich Commerçon beschrieb Toleranz in einer kleinen Ansprache als Respekt, Akzeptanz und Anerkennung anderer Kulturen. "Das Verschiedensein der Menschen macht den Reichtum und die Vielfalt des menschlichen Daseins aus", sagte Commerçon und erntete dafür Applaus. Wie viele anwesende Schüler, Lehrer und Politiker auch trug Commerçon ein blaues Armband mit dem Schriftzug "Toleranz statt Ignoranz".

Einige Klassen hatten Bilder und Plakate gestaltet, andere Videos zum Thema Toleranz gedreht, die aufgeführt wurden. In einem Beitrag etwa sitzen einige Schüler in ihrer Klasse, getrennt in zwei Bereiche. Links sitzen Jugendliche mit einem Schild vor sich, auf dem "Deutschland" steht. Auf den Schildern der rechts sitzenden Schüler stehen ihre Herkunftsorte, beispielsweise Polen und Italien. Doch dann stehen die deutschen Schüler auf und mischen sich unter die anderen. Alle drehen ihre Schilder um, auf denen jetzt nur noch ihre Vornamen stehen, und unterhalten sich angeregt. Andere Beiträge befassen sich mit einem Alphabet zu Toleranz oder dokumentieren die Teilnahme an einer Demo, die sich für Vielfalt in der Gesellschaft einsetzt.

Auch musikalisch haben die Jugendlichen das Thema Toleranz aufgegriffen. Gemeinsam mit Musiklehrer Klaus Dewald haben mehr als 150 Schüler und Lehrer das Lied "Neue Brücken" von Pur gesungen und in einem Video festgehalten. "Doch bei dem Beitrag fehlen noch zwei Teile", sagte Dewald und bezog für einen Teil sogleich das gesamte Publikum mit ein. Alle Anwesenden, darunter auch Bürgermeister Marcus Hoffeld (CDU ) und Schulleiter Andreas Heinrich, standen von ihren Stühlen auf und wiegten ihre Arme im Takt. Der letzte fehlende Teil wird bei der Veranstaltung "BBZ in Concert" am 15. Juli gedreht.

Anstoß für den Toleranztag bildeten zwei Ereignisse. Schüler und Lehrer wollen sich verstärkt mit Migration und Integration auseinandersetzen, seit 15 unbegleitete Flüchtlinge aus Syrien, Eritrea und anderen Ländern am BBZ lernen. Darüber hinaus strebt das BBZ den Titel "Schule ohne Rassismus - Schule mit Courage" an.

Die letzten Luftballons sind mittlerweile aus dem Sichtfeld verschwunden. Es bleibt abzuwarten, ob ihre Botschaften auch außerhalb des Schulgebäudes Früchte tragen. Herr Minister Commerçon, wir feiern heute an unserem BBZ in Merzig den Toleranztag. Beschreiben Sie bitte, wie Sie persönlich mit Vorurteilen umgehen, die an Sie herangetragen werden, beziehungsweise die in unserer momentanen Gesellschaft vorherrschen.

Commerçon: Ein Problem ist, dass so etwas oft gar nicht zu mir kommt, sondern abgefiltert wird. Grundsätzlich muss man genau aufspüren, wo die Vorurteile stecken. Oft wachsen sie aus Ängsten, mit denen man sich beschäftigen muss. Ich denke, Vorurteile haben viel mit Unkenntnis zu tun.

Sie sind nicht nur Politiker, sondern auch die Privatperson Ulrich Commerçon . Welche Maßnahmen ergreifen Sie in Ihrem Alltag für einen toleranteren Umgang miteinander?

Commerçon: Ich bemühe mich in meiner Freizeit, Menschen zusammenzubringen, die sich sonst nicht so stark begegnen. Ich engagiere mich auch in der Kirche. Es ist wichtig, dass wir offen sind für andere Menschen und die Geschichten anderer Menschen.

Sie selbst sind auch Vater von zwei Kindern. Wie vermitteln Sie ihren Kindern einen toleranten Umgang mit anderen?

Commerçon: Meine Kindern vermittelt viel mehr mir Toleranz. Ich denke, dass Kinder von Anfang an tolerant sind und Intoleranz erst anerzogen bekommen. Die Frage ist also eher umgekehrt, wie meine Kinder mir Toleranz beibringen.

Wie reagieren Sie in Ihrem persönlichen Umfeld auf Flüchtlinge und wie sehen Sie die Zukunft der Flüchtlinge , die nach Deutschland kommen?

Commerçon: Wir müssen Flüchtlingen deutlich machen, dass wir einen hohen Respekt vor ihrem Schicksal haben und dass sie willkommen sind. Wir müssen dafür werben, dass Flüchtlinge uns mit ihren Erfahrungen bereichern können. Gerade in unserer Grenzregion gab es in der Vergangenheit viele Kriege. Unsere Vorfahren mussten fliehen und brauchten Unterstützung. Es ist eine Verpflichtung, dass wir uns um Flüchtlinge kümmern. Wir wissen nicht, ob es uns auch einmal so ergehen kann.

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