Giftanschlag in Merzig?

Merzig · Der Inhalt eines Briefumschlages löste am Freitagmorgen einen ABC-Alarm im Merziger Rathaus aus. Wie schon am Tag zuvor im Neunkircher Rathaus rief weißes Pulver Spezialisten auf den Plan.

 Im Innenhof des Rathauses wurde ein Dekontaminationszelt aufgestellt. Fotos: Rolf Ruppenthal

Im Innenhof des Rathauses wurde ein Dekontaminationszelt aufgestellt. Fotos: Rolf Ruppenthal

 Bereit zum Einsatz – geschützt mit Overalls und Gasmaske.

Bereit zum Einsatz – geschützt mit Overalls und Gasmaske.

Vor dem Rathaus in Merzig erinnerte am Freitagvormittag alles an die Geschehnisse in Neunkirchen am Tag zuvor. Denn das Rathaus Merzig wurde das zweite Ziel eines vermeintlichen Giftanschlags im Saarland innerhalb von 24 Stunden.

Eine Mitarbeiterin hatte am Morgen einen an Bürgermeister Marcus Hoffeld adressierten Brief geöffnet, in dem sich ein weißes Pulver befand. Die Frau, die den Brief geöffnet hatte, wurde nach dem Notruf und dem Eintreffen der Rettungskräfte sofort ärztlich untersucht. "Es geht ihr soweit gut", erklärte Bürgermeister Hoffeld am Nachmittag.

Nur wenige wenige Stunden zuvor blockierten zahlreiche Einsatzwagen der Feuerwehr Merzig , Einsatzkräfte für Gefährliche Stoffe und Güter (GSG) und der Polizei die rechte Spur der Hochwaldstraße vor dem Rathaus. Die Eingänge waren kurz darauf gesperrt. Am Hintereingang stand eine Stunde nach dem ersten Notruf bereits das Dekontaminierungszelt für die Einsatzkräfte des GSG-Trupps bereit. Vorsorglich wurde das Dienstzimmer der Mitarbeiterin von GSG-Einsatzkräften der Feuerwehr dekontaminiert. Insgesamt waren 21 Einsatzkräfte vor Ort.

Parallelen zu den Vorfällen in Neunkirchen liegen auf der Hand. Bürgermeister Hoffeld und Neunkirchens Oberbürgermeister Jürgen Fried wollen sich am Montag treffen.

"Wir wissen nur, dass es ein weißes Pulver ist", sagte Einsatzleiter Ralf Bernardy, "aber das kann alles sein." Ein endgültiges Ergebnis der Untersuchung der Substanz würde etwa eine Woche dauern. Deshalb wollte gestern niemand Entwarnung geben. "Selbst wenn es nur Mehl ist, weiß man nicht, ob das nicht verseucht ist", sagte Heinz Dewald vom Gesundheitsamt Merzig-Wadern.

Die Polizei ermittelt nun wegen "Störung des öffentlichen Friedens unter Androhung von Straftaten mit möglichen chemischen oder biologischen Substanzen", sagte Georg Himbert , Sprecher des Landespolizeipräsidiums in Saarbrücken: "Es liegt nahe, dass es Zusammenhänge mit dem Fall in Neunkirchen gibt." Möglich sei auch ein Trittbrettfahrer. Die dafür notwendige Analyse beider Briefe laufe derzeit noch.Das dreimalige Klopfen ist das vereinbarte Signal: Fachkräfte des ABC-Zuges des Landkreises in Schutzanzügen und mit Gasmasken haben ihre Arbeit im Dienstzimmer des Merziger Rathauses erledigt. Begleitet von zwei Kollegen, ebenfalls in knallorangenen Schutzoveralls und mit Gasmasken vor dem Gesicht, machen sie sich auf den Weg zum Rathausinnenhof, wo ein Team die Einsatzkräfte erwartet - vor einem Dekontaminationszelt.

Am Freitagmorgen kurz vor halb elf war der Gift-Alarm im Merziger Rathaus ausgelöst worden. Eine Mitarbeiterin hatte einen Brief, adressiert an Bürgermeister Marcus Hoffeld geöffnet. Der Inhalt: weißes Pulver - ebenso wie am Tag zuvor im Neunkircher Rathaus. Polizisten eilen ins Amt, Mitglieder der Merziger Feuerwehr und Einsatzkräfte des ABC-Zuges des Landkreises, eine Spezialeinheit der Feuerwehr. Während sich vier Spezialkräfte für ihren Einsatz rüsten und - unterstützt von ihren Kameraden - in die orangefarbenen Schutzanzüge steigen, sorgt sich Hausherr Hoffeld um den Gesundheitszustand der Mitarbeiterin, die mit dem weißen Pulver in Berührung gekommen war. Sie wird ärztlich untersucht. Gegen Nachmittag endlich Entwarnung: "Der Frau geht es gut", freut er sich über diese Botschaft.

Das Dienstzimmer, in dem der Brief geöffnet wurde, darf an diesem Morgen erst einmal nicht betreten werden - nur von den Spezialkräften des ABC-Zuges. "Wenn die Einsatzkräfte rauskommen, darf niemand ohne Schutzanzug in der Nähe sein", gibt Christian Thul, ebenfalls Mitglied der Einheit, die Losung aus. Man will sicher gehen. "Es wurde weißes Pulver entdeckt. Das kann biologische Giftstoffe ebenso enthalten wie chemische oder nur eine Attrappe sein", begründet Thul die Vorkehrungen, während Polizisten und Feuerwehrleute den Weg, den die Männer in den Schutzanzügen nehmen, mit rot-weißen Bändern absperren und das Rathaus evakuieren. "Die Einsatzkräfte reinigen das Büro und entsorgen mögliche kontaminierte Gegenstände", sagt Kreisbrandinspekteur Siegbert Bauer. Trotz aller Hektik: Einsatzleiter Ralf Bernardy, Merzigs Stadtwehrführer, Joachim Maxheim, Chef des Merziger Löschbezirks, und Andreas Brausch, Mitglied des ABC-Zuges, lassen sich nicht aus der Ruhe bringen.

Gegen 13 Uhr ertönt das Signal - dreimal klopfen die Männer an die Bürotür. Ihre Arbeit ist beendet. "Der Zuch kütt", kündigt Siegbert Bauer ihre Ankunft vor dem Dekontaminationszelt an. Kameraden in silbergrauen Schutzanzügen greifen zu den Schläuchen, während ihre Kollegen in den orangefarbenen Overalls in zwei Kübel steigen. Mit einer Art Ameisensäure, wie Brausch verrät, werden ihre Anzüge abgespritzt und gereinigt, bevor sie sich aus den Overalls schälen. Auch die beiden Eimer erhalten eine kräftige Dusche, bevor sie - in blauen Säcken gehüllt - von der Polizei abtransportiert werden.

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