Pützwiesenstraße zweigeteilt

Brotdorf · Für die Brotdorfer ist die Sperrung des Weges über die Bahngleise eine Unverschämtheit. Der Bahnübergang wurde auf Verlangen der Landeseisenbahnaufsicht dichtgemacht. Die SZ Fragte nach.

 Ein massiver Zaun versperrt in Brotdorf in der Pützwiesenstraße den Bahnübergang. Foto: Lars Reusch

Ein massiver Zaun versperrt in Brotdorf in der Pützwiesenstraße den Bahnübergang. Foto: Lars Reusch

Foto: Lars Reusch

Es herrscht helle Aufregung in der Brotdorfer Pützwiesenstraße. Rund 30 Personen finden sich spontan zu einem kleinen Treffen zusammen, um sich gemeinsam zu empören. Sie schimpfen und gestikulieren, reden laut und alle durcheinander, sind wütend. Sie fühlen sich in ihrer Freiheit beschnitten. Die Pützwiesenstraße ist seit kurzem nämlich zweigeteilt. Wo es früher einen Bahnübergang gab, der Fußgänger jahrzehntelang über die Gleise der Strecke Merzig-Ost/ Dellborner Mühle, die an insgesamt 13 Tagen im Jahr von einer Museums-Eisenbahn befahren wird, führte, versperrt jetzt ein schwerer Zaun den Weg. Für die Brotdorfer ist die Sperrung eine Unverschämtheit. "Deutschland feiert 25 Jahre Mauerfall und Brotdorf zieht einen Zaun hoch", ruft eine Anwohnerin.

Der Bahnübergang wurde auf Verlangen der Landeseisenbahnaufsicht dichtgemacht. Hintergrund ist der Rewe-Supermarkt, der im Sommer 2013 um die Ecke gebaut wurde. Der Markt bekam auf Wunsch des Investors einen Zugang zur Provinzialstraße, der Hauptverkehrsader, und zu diesem Zugang gehört auch ein Übergang über die Gleise. Dies wäre der dritte Übergang auf einer Strecke von knapp 300 Metern gewesen (inklusive des Übergangs in der Hausbacher Straße), was laut Landesverkehrsministerium "zu erheblichen Sicherheitsrisiken bei der Aufstellung von Zügen geführt" hätte. "Insbesondere am Übergang Pützwiesenstraße wäre das der Fall gewesen. Man hätte möglicherweise Streckenposten aufstellen müssen, um Risiken auszuschließen", wie das Ministerium auf SZ-Anfrage mitteilt. Den Umweg, den die Anwohner nun gehen müssen, schätzten die Behörden als zumutbar ein.

Die Anwohner selbst sehen das natürlich anders. Kinder müssen nun, um zum Spielplatz oder zur Schule zu kommen, erst an der vielbefahrenen Provinzialstraße entlang und dann über den Rewe-Parkplatz laufen. "Ich will meine Kinder gar nicht mehr alleine gehen lassen", klagt eine Mutter. Eine 87 Jahre alte Dame wohnt direkt vor dem neu errichteten Zaun, ihre Verwandtschaft gleich dahinter. War ein Familienbesuch früher trotz ihres Rollators kein großes Problem, stellt er jetzt eine Herausforderung dar. Dass die Bahnstrecke nur ein paar Mal im Jahr befahren und der Zaun entsprechend selten gebraucht wird, verstärkt den Zorn der Anwohner freilich noch.

Nicht glücklich mit Situation

Auch die Stadt Merzig ist nicht eben glücklich mit der Situation. Einfluss auf die Schließung hatte sie nicht, wurde darüber auch nur vom Betreiber der Bahnstrecke, das ist die Gemeinde Losheim am See , informiert. Die wiederum verweist auf die Landeseisenbahnaufsicht, die klar gesagt habe, dass der Übergang geschlossen werden müsse. Gegenüber der SZ teilt die Stadt Merzig mit, sich für die Öffnung des Bahnübergangs einzusetzen: "Wir werden mit allen Verantwortlichen Gespräche führen und nach Lösungsmöglichkeiten suchen." Beim Bürgermeister von Losheim am See , das die Bahnstrecke betreibt, stößt sie dabei auf offene Ohren. "Uns muss man nicht überzeugen", sagt Lothar Christ.

Realistisch scheint das jedoch nicht. "Den Bahnübergang Pützwiesenstraße jetzt einfach wieder zu öffnen, ist für die Aufsichtsbehörden keine Option", so das Ministerium. Das Eisenbahnrecht sei da eindeutig. Schließlich sei auch die Museums-Eisenbahn länger als der Abstand zwischen dem neuen Übergang und dem in der Pützwiesenstraße, woraus sich "eine erhebliche Gefahrenstelle" ergebe. Es sieht also so aus, als bliebe die Pützwiesenstraße vorerst zweigeteilt.

Meinung:

Wie wär's mit flexibler Lösung?

Von SZ-Redaktionsmitglied Lars Reusch

Der ehemalige Bahnübergang in der Pützwiesenstraße ist jetzt auf jeden Fall sicher. Andreaskreuz und metallene Barrieren reichten dazu offenbar nicht aus. Ein massiver Metallzaun musste her: Vollsperrung. Und das an einer Strecke, die an 352 Tagen im Jahr einsam und verlassen ist und an den restlichen 13 von einigen Hobby-Eisenbahnern befahren wird. Absurd. Dass die Behörden peinlich genau die Sicherheitsvorschriften beachten, ist ja nachvollziehbar. Der Fall zeigt aber, dass die Einhaltung der Vorschriften gelegentlich mit der Realität kollidiert. Das Saarland gilt doch als das Land der kurzen Wege. Vielleicht findet sich da noch eine flexible Lösung, wie der Übergang an 13 Tagen gesichert werden kann, damit er während des restlichen Jahres geöffnet bleiben kann. Ein Streckenposten wäre so eine flexible Lösung. Bei der Museumsbahn sind sowieso Streckenposten dabei, die mit dem Auto vorfahren und jeden Bahnübergang sichern. Das müsste doch ausreichen. Sollte man meinen.

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